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Inflation und Geldpolitik haben dieses Jahr viele enttäuscht. Wir sehen aber nur einen vorübergehenden Rückschlag – und neue Chancen an vielen Märkten. Neuberger Berman | 03.07.2024 09:33 Uhr
Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Brad Tank, Chief Investment Officer – Fixed Income, Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

2024 ist halb vorbei. Das große Thema der ersten Jahreshälfte war die hartnäckige Inflation. Anders als von vielen erhofft oder erwartet, wurden die Leitzinsen daher noch immer nicht gesenkt.

Um dieses Thema ging es auch in der Diskussion der Chief Investment Officer, dem ersten Tagesordnungspunkt des Investment Leaders’ Summit von Neuberger Berman vergangenen Mittwoch. Was bedeuten die höheren Zinsen für Anleihen, Aktien und Private Capital? Und wie sehr hat es die Märkte irritiert, dass die Zinsen überraschenderweise noch immer nicht gesenkt wurden?

Wir waren uns einig, dass bei den Zinsen die Richtung zählt und weniger der Weg. Auch hielten wir die Anpassung an das neue Umfeld bislang für recht geordnet und sahen viele neue Anlagechancen. Dennoch war es nicht so einfach wie erwartet.

Potenzial

Ich sprach als Erstes und beschrieb die Sicht des Anleihenmanagements.

Trotz der enttäuschend hohen Inflation wurde dieses Jahr weniger über die Geldpolitik diskutiert als zur Zeit der Zinserhöhungen, und erstaunlicherweise war auch die Volatilität jetzt niedriger. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil einige Notenbanken die Zinsen zwar gesenkt haben – etwa die EZB und die Notenbanken Kanadas, der Schweiz und Schwedens –, aber unklar ist, wie es weitergeht.

Das ist wichtiger, als viele glauben: Wenn die Zinsen steigen, weiß niemand, wie lange. Das ist beunruhigend. Wenn sie aber fallen, steht trotz allem Hin und Her eines fest: Am Ende werden die Leitzinsen irgendwo zwischen ihrem aktuellen Wert und null liegen.

Das hat unsere Anlagestrategie dieses Jahr maßgeblich bestimmt. So bevorzugen wir Anleihen mit kurzer und mittlerer Laufzeit. Weil deren Renditen vor allem von den Leitzinserwartungen abhängen, halten sich die Verlustrisiken beim Zinsmaximum in Grenzen. Der laufende Ertrag ist ungewöhnlich hoch, und Kursgewinne sind recht wahrscheinlich – auch wenn man darauf länger warten muss und die Volatilität höher ist.

Die laufenden Erträge länger laufender Titel sind nicht höher oder sogar niedriger. Hinzu kommen viele andere Faktoren – Zweifel an der finanziellen Nachhaltigkeit und der Konjunktur etwa, oder unsichere Laufzeitprämien. Das erhöht die Verlustrisiken bei ähnlichen Gewinnchancen.

Bei Credits sind die Spreads sicherlich eng, und der Markt ist insgesamt nicht unterbewertet. Die anhaltend hohen Zinsen machen manchen hoch verschuldeten Emittenten und Sektoren Probleme – und ermöglichen aktiven Managern die Chance auf Alpha.

Streuung

Unser Aktien-CIO Joe Amato fuhr damit fort, dass Qualität angesichts der dieses Jahr oft starken Streuung der Aktienerträge wichtig sei – und stellte einen Bezug zu den zurzeit hohen Zinsen her.

Unternehmen mit hohem freiem Cashflow, die nur wenig oder gar nicht verschuldet sind und in der Niedrigzinsphase oft lang laufende Anleihen begeben haben, waren von den steigenden Zinsen kaum betroffen. Manche haben mit ihren Geldmarktanlagen im letzten Jahr sogar mehr verdient, als sie für den Schuldendienst zahlen mussten.

Das hat letztes Jahr auch dazu beigetragen, dass sich Large Caps und Small Caps auseinanderentwickelt haben. Viele niedrigkapitalisierte Emittenten sind eher schwach, und selbst die stabilen Small und Mid Caps sind meist höher verschuldet als vergleichbare Large Caps und müssen häufiger neue Anleihen begeben. Wenn die Leitzinsen fallen, dürften es zumindest die stärkeren Unternehmen jetzt leichter haben. Wir rechnen daher mit einer gewissen Konvergenz zu Large Caps.

Transaktionen

Jonathan Shofet, unser Global Head of Private Investment Portfolios and Co-Investments, äußerte sich zu Private Capital. Er sprach vom generellen Mangel an Fremdkapital. Zusammen mit den höheren Kosten für Fremdfinanzierungen hat das aus seiner Sicht zu einem deutlichen Rückgang an Private-Equity-Finanzierungen geführt. Die Auswirkungen der höheren Zinsen auf die Bewertungskennzahlen haben auch Exits noch uninteressanter gemacht. Das Exit-Volumen erreichte letztes Jahr nur etwa die Hälfte des Langfristdurchschnitts.

Die General Partners (GPs) halten also länger an ihren Anlagen fest. Zugleich müssen sie Kapital an die Limited Partners (LPs) zurückzahlen. Für Anleger, die den GPs die erforderliche Liquidität zur Verfügung stellen wollen, ist das eine große Chance. Interessant sind zurzeit klassische, aber auch „GP led“-Sekundärmarktanlagen und nicht zuletzt die immer beliebteren Mid-life Co-Investments. Jonathan sagte, dass der Anteil von Mid-life-Transaktionen von etwa einem Drittel unseres Co-Investment-Geschäfts vor einem Jahr auf mehr als die Hälfte gestiegen ist.

Da die Zinsen fallen, erholen sich die Bewertungen. Der Druck, Aktiva zu verkaufen, nimmt zu. Daher glauben wir, dass sich der Buy-out-Markt irgendwann in den nächsten sechs bis zwölf Monaten erholt. Jonathan wies aber auch darauf hin, dass das Geschäft nach dem Ende der Nullzinspolitik jetzt anders sei. Die GPs müssen mit ihren Portfoliounternehmen jetzt echten Mehrwert schaffen. Sie können sich nicht mehr darauf verlassen, dass ein höherer Leverage schon reicht.

Abschläge

Eine Assetklasse, der die neue Zeit bislang weniger gut bekommen ist, sind Immobilien. 2022 und 2023 war der Preisverfall so heftig, dass der Green Street Commercial Property Price Index heute kaum höher notiert als vor zehn Jahren. Doch laut Matt Kaplan, dem Leiter unseres Almanac-Immobilienteams, ist daher gerade jetzt ein guter Einstiegszeitpunkt.

Wegen der aus seiner Sicht zurzeit hohen Unsicherheit durch Homeoffice und Künstliche Intelligenz warnte er zwar vor Büroobjekten, sah aber in anderen Marktsegmenten reichlich Chancen.

Die Bewertungen sind heute etwa so hoch wie vor zehn Jahren, aber die Baukosten sind um 52% gestiegen. Vorhandene Objekte sind daher mit etwa 20% bis 30% Abschlag auf die aktuellen Baukosten zu haben. Wegen dieser hohen Kosten wird zurzeit nur wenig gebaut. Die Nachfrage ist angesichts der stabilen Konjunktur aber hoch, wie der Mietpreisanstieg zeigt.

Chancen

Das generelle Fazit aus unserer Diskussion war – Überraschung –, dass der schnelle Wechsel von Nullzinsen zu 5% Zinsen eine Herausforderung ist. Wirtschaft und Finanzmärkte sind aber trotzdem stabil. Außerdem bringt der Zinsanstieg viele neue Chancen, wenn die Leitzinsen wieder gesenkt werden und die Richtung klarer wird.

Anleihen bieten laufenden Ertrag und erstmals seit Jahren die Aussicht auf ordentliche Kursgewinne. Bewertung und Performance von Aktien streuen stark, was für Alphachancen sorgt. Bei Private Capital ist der Liquiditätsbedarf groß. GPs können jetzt zeigen, was sie können, und im Immobiliensektor sind Qualitätsobjekte so günstig zu haben wie selten.

Von Brad Tank, Co-Chief Investment Officer – Fixed Income bei Neuberger Berman

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