CIO Weekly | Anleihen: Was bringt das neue Jahr?

Warum wir glauben, dass 2025 ein gutes Anleihenjahr werden kann – wenn auch wohl mit mehr Volatilität. Neuberger Berman | 07.01.2025 13:37 Uhr
Ashok Bhatia, Deputy Chief Investment Officer – Fixed Income bei Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman
Ashok Bhatia, Deputy Chief Investment Officer – Fixed Income bei Neuberger Berman / © e-fundresearch.com / Neuberger Berman

Vor fünf Jahren, Anfang 2020, wurde Corona zur Pandemie. Seitdem lagen die Marktbeobachter mit ihren Jahresausblicken selten richtig.

2020 waren die Prognosen wegen Corona selbst schon bald obsolet. 2021 war die Inflation wesentlich hartnäckiger als generell prognostiziert. 2022 wurde oft unterschätzt, wie massiv die Fed gegen die Teuerung vorgehen würde. 2023 und 2024 riefen viele Beobachter wegen der höheren Zinsen eine Rezession aus, die aber nie kam. Zugleich wurde die Hartnäckigkeit der US-Inflation unterschätzt.

Auch im neuen Jahr scheint vieles unsicher, nicht zuletzt wegen des bevorstehenden Regierungswechsels in den USA. Dennoch haben wir in unserem Ausblick Solving for 2025 zwei recht mutige Prognosen für Anleiheninvestoren gewagt.

Erstens prognostizieren wir, dass der neuen US-Regierung ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum gelingt und sich die Inflation dabei in Grenzen hält. Zweitens glauben wir, dass Anleiheninvestoren deshalb jetzt weniger auf Inflation und Geldpolitik und mehr auf Wachstum und Fiskalpolitik achten.

Komplexere Wechselwirkungen zwischen Fiskalpolitik und Wachstum

Wir sind uns sehr sicher, was das für die Kurzfristrenditen bedeutet. Da man am Markt jetzt mit gerade einmal zwei Zinssenkungen der Fed in diesem Jahr rechnet, dürfte selbst eine einjährige Wartezeit auf den nächsten Zinsschritt die Märkte nur wenig irritieren. Eine US-Zweijahresrendite von sehr viel mehr als 4,5% sehen wir nicht.

Allerdings rechnen wir auch damit, dass die Schwankungen der Kurzfristrenditen in den letzten zwei Jahren jetzt auf die längerfristigen Renditen übergreifen – denn die Wechselwirkungen zwischen Fiskalpolitik und Wachstum werden komplexer.

Eine US-Zehnjahresrendite von etwa 4,5% scheint uns fair, da wir für die Inflation einen neuen Langfristdurchschnitt von etwa 2,25% bis 2,50% und ein reales BIP-Wachstum von 2,50% bis 2,75% erwarten. Letztes Jahr ist die Zehnjahresrendite gestiegen, weil die Anleger allmählich von einer strukturell höheren Inflation ausgingen.

Aber was passiert, wenn die Fed darin ein größeres Problem sieht als der Markt? Wird sie die Zinsen erhöhen, damit das Inflationsziel sicher erreicht wird, zumal die Wirtschaft vielleicht überdurchschnittlich wächst? Das ist nicht unser Hauptszenario. Aber selbst wenn es so kommt, dürften Investoren dann eher mit weniger Wachstum rechnen als mit mehr Inflation. Für länger laufende Anleihen wäre das gut.

Sorgen macht man sich am Anleihenmarkt vor allem wegen der anhaltenden Diskussion darüber, dass Trumps wirtschaftspolitische Pläne das US-Haushaltsdefizit weiter steigen lassen könnten. Auch wenn das aus unserer Sicht vor allem ein Thema für 2026 sein wird, könnte es schon dieses Jahr wichtiger werden.

Vielleicht müssen Anleger wegen des ungewöhnlich unsicheren Konjunktur- und Haushaltsausblicks mit widersprüchlichen Signalen zurechtkommen. Wir rechnen zwar damit, dass die Zehnjahresrendite Ende 2025 etwa so hoch sein wird wie jetzt, nämlich 4,5%, schließen zwischenzeitliche heftige Schwankungen aber nicht aus.

Gute Einstiegszeitpunkte durch Volatilität

Credit-Investoren stehen vor einem Dilemma: Die Renditen sind attraktiv, aber die Spreads sind eng wie selten.

Ein Grund für die engen Spreads ist die hohe Nachfrage nach höher verzinslichen Titeln. Das ändert aber nichts an den noch immer guten Unternehmensfinanzen. Vor allem Investmentgrade-Emittenten haben sich bei Zinsen nahe null viel Geld geliehen.

Selbst am High-Yield-Markt sind die Spreads teilweise zurückgegangen, obwohl die Unternehmensgewinne nicht mehr so stark wachsen. Die Fundamentaldaten selbst sind durchaus in Ordnung, aber in Verbindung mit den engeren Spreads halten wir die Bewertungen hier für weniger attraktiv.

Daher sollten Investoren unserer Ansicht nach bei einer weitgehend neutralen Credit-Allokation bleiben (wegen der anhaltend hohen technischen Nachfrage nach Rendite) und dabei auf Qualitätsemittenten setzen. Dabei scheint uns – wegen der engen Spreads – eine unterdurchschnittliche Spreadduration weiterhin sinnvoll. Interessant könnten aber auch einige weniger liquide Marktsegmente sein, deren Spreads nicht zu eng sind.

Alles in allem bleibt das Umfeld für Anleiheninvestoren 2025 gut. Die Märkte haben auf die strukturell höhere Inflation bereits reagiert. Die hohe technische Nachfrage nach Rendite dürfte im neuen Jahr anhalten, und eine generelle oder starke Verschlechterung der Kreditqualität halten wir für unwahrscheinlich. Lang laufende Anleihen könnten volatil bleiben, doch sind solche Schwankungen wohl nur von kurzer Dauer. Vorübergehende Schwächephasen könnten interessante Einstiegszeitpunkte für Staatsanleihen und Credits sein, vor allem bei Qualitätstiteln.

Von Ashok Bhatia, Deputy Chief Investment Officer – Fixed Income bei Neuberger Berman

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