- Zügige Handelszölle wahrscheinlich: Mögliche Umsetzung bereits am ersten Regierungstag, mit entsprechenden Folgen für Devisenmärkte
- Handelspolitische Unsicherheiten: Höhere Konzentration auf Bottom-up-Ansätze, ermöglicht von relativen Entwicklungen bei EM-Währungen zu profitieren
- Bessere Ausgangslage bei EMD-Anleihen im Vergleich zu Trumps erster Amtszeit: Niedrigste Nettoverschuldung bei Unternehmen in Emerging Markets seit Finanzkrise
Bisher hat sich EMD seit der US-Wahl am 5. November gut behauptet. Ganz im Kontrast zu 2016: Damals war der JPMorgan EMBI Global Diversified Index für Staatsanleihen allein in der Woche nach der Trumps Wahl um 4 Prozent gesunken. Ein Grund für diese stärkere Performance dürfte gewesen sein, dass ein Sieg Trumps wahrscheinlicher und damit schon teilweise eingepreist war: Die Währungen der Schwellenländer waren bereits im Oktober leicht gesunken, als sich die Wahrscheinlichkeiten zugunsten der Republikaner drehten und die Erwartungen für höhere US-Zinsen und einen stärkeren Dollar stiegen. Allerdings haben Anleger diesmal auch bessere Informationen darüber, was sie von der neuen Trump-Regierung erwarten können, als 2016. Gleichzeitig zeigen sich die Fundamentaldaten der Schwellenländer diesmal stärker.
Nach dem Wahlergebnis von 2016 erholte sich Emerging Market Debt schnell, da die Aussichten auf Steuersenkungen und Deregulierung positive Impulse für das globale Wachstum lieferten. EMD-Portfolios verzeichneten damals Rekordzuflüsse. Die Anlageklasse geriet erst 2018 in Turbulenzen, als sich der Handelskrieg zwischen den USA und China zuspitzte. Die verschärften Kriterien bei der Finanzierung lösten Krisen in der Türkei und in Argentinien aus. Nach diesen Turbulenzen kam es jedoch zu einer weiteren Erholung. Die nachlassenden Handelsspannungen, neugewonnene Sicherheit aufgrund von Handelsabkommen und die Mitte 2019 eingeleitete Lockerung der Geldpolitik der US-Notenbank (Fed) lieferten hier positive Impulse. Bevor Covid-19 im Jahr 2020 zuschlug, erzielte EMD in den ersten drei Amtsjahren von Trump Gesamtrenditen zwischen 15 und 20 Prozent.
Schnelle US-Zollerhöhungen absehbar
Es stellt sich nun also die Frage, was wir für die kommenden Monate erwarten sollten – ein erneutes Aufflammen von Handelsstreitigkeiten und geldpolitische Straffung wie in 2018 oder ein Anknüpfen an die Politik von 2019, was neuen Schwung in die Märkte bringen würde?
Das wahrscheinlichste Szenario ist ein schnelleres Handeln mit Blick auf die politische Agenda. Immerhin dürfte das Trump-Lager besser vorbereitet sein als 2016. Dies könnte einen früheren Beginn von Zollerhöhungen bedeuten. Nach den jüngsten Ankündigungen könnten diese bereits am ersten Tag auf US-Handelspartner zukommen – mit möglichen Auswirkungen auf die Devisenmärkte. Aufgrund dieses Risikos haben wir uns bei Neuberger Berman bereits vor den Wahlen vorsichtiger in Bezug auf Schwellenländerwährungen positioniert, insbesondere in Bezug auf Währungen mit niedrigeren Renditen offenerer asiatischer Volkswirtschaften wie etwa China und Malaysia.
Nach der Korrektur gegenüber dem Dollar im Oktober und November erscheinen uns die Risiken für Schwellenländerwährungen ausgewogener. Die Bewertungskennzahlen sind nicht so teuer und die Anlegerpositionierung scheint sehr niedrig zu sein. Mit Blick auf mögliche Rückschläge aufgrund anstehender handelspolitischer Entscheidungen bleibt eine vorsichtigere Positionierung jedoch angebracht. Stattdessen ist eine höhere Konzentration auf Bottom-up-Ansätze sinnvoll, um die relative Entwicklung von Währungen zu nutzen, die den politischen Unsicherheiten weniger ausgesetzt sind – etwa der brasilianische Real, die türkische Lira und ausgewählte Währungen von Grenzmärkten.
Darüber hinaus könnte sich ein Blick auf lokale Zinsmärkte lohnen, in denen eine niedrigere Inflation geldpolitische Lockerungen rechtfertigen – oder in denen die Realzinsen hoch sind, etwa in der Tschechischen Republik, auf den Philippinen und in Südafrika. Bei EMD in Hartwährung ist gerade bei längerfristigen Investment-Grade-Anleihen Vorsicht geboten da, die Spreads bereits relativ eng sind und die Märkte Fragen nach der Länge und Dauer des Zinssenkungszyklus in den USA aufwerfen.
Fundamentaldaten auf gutem Niveau und Potenzial nach oben
Emittenten von Hochzinsanleihen mit unmittelbarem Kapitalbedarf und begrenzten Alternativen dürften ebenfalls gefährdet sein, wenn die US-Zinsen am Ende höher ausfallen als derzeit erwartet. Allerdings sehen wir Chancen bei Hochzinsanleihen mit BB-Rating. Diese dürften gegenüber diesen Risiken widerstandsfähiger sein – etwa die Elfenbeinküste, Kolumbien und Südafrika. Optimistisch lässt sich zudem auf Emittenten mit niedrigerem Rating und sich verbessernden Fundamentaldaten blicken. Beispiele hierfür wären Argentinien, El Salvador, Ghana und Sri Lanka. Insgesamt sind die Spreads von EMD-Hochzinsanleihen immer noch mehr als 100 Basispunkte höher als die des US-Hochzinsmarkts, wo die Spreads fast so eng sind wie nie zuvor.
Insgesamt lässt sich sagen, dass der Großteil der EMD-Anleihen mit einer starken Ausgangsposition in die Ära Trump 2.0 startet. Nach der Durstphase aufgrund der Pandemie sowie dem darauffolgenden Anstieg von Inflation und Zinsen, sowie dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zwischen 2020 und 2022 hat sich die Lage gewendet. Viele Regierungen haben mit einer Reduzierung der Haushaltsdefizite, der Umsetzung grundlegender Reformen und der Suche nach Unterstützung etwa durch den IWF reagiert. Daher ist in 2025 bei staatlichen Emittenten nur ein recht begrenztes Risiko für größere Kreditausfälle zu erwarten. Bei den Unternehmensemittenten in den Schwellenländern liegt die Nettoverschuldung auf einem der niedrigsten Niveaus seit der globalen Finanzkrise, während sich die Margen vor dem Hintergrund einer nachlassenden Inflation und einem robusten Wachstum erholen. Die Ausfallraten für hochverzinsliche Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sind von zweistelligen Werten im Jahr 2022 auf das Vor-Pandemie-Niveau von etwa 3% zurückgekehrt. Diese Verbesserungen spiegeln sich in einem Aufwärtstrend bei den Rating-Upgrades wider, die nun sowohl bei Staats- als auch bei Unternehmensanleihen auf einem Zehnjahreshoch liegen.
Risiken bleiben beherrschbar
Mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus sind Risiken für EMD verbunden. Höhere und umfassendere Zölle könnten den Handel stören, auf dem der Wohlstand vieler Schwellenländer beruht und auf den sich viele Unternehmen in den Schwellenländern verlassen. Das Inflationspotenzial einiger der politischen Vorschläge der Trump-Regierung könnte den Zinssenkungszyklus der Fed verlangsamen oder sogar stoppen, was den bereits starken US-Dollar zusätzlich in die Höhe treiben, die Währungen der Schwellenländer belasten und die Rückzahlungskosten für auf Dollar lautende Schulden erhöhen würde. Diese Risiken werden jedoch durch ein potenziell höheres Wachstum in den USA ausgeglichen, das auch die Wachstumsaussichten in anderen Regionen verbessern und die Risikobereitschaft der Anleger erhöhen dürfte. Die starken und sich weiter verbessernden Fundamentaldaten der meisten EMD-Emittenten ermöglichen es, diesem Gegenwind etwas entgegenzusetzen. Gleichzeitig können aktive Manager nach Anlagen suchen, die weniger anfällig für Zoll-, Inflations- und starke Dollarrisiken sind, was im kommenden Jahr reichlich Potenzial für eine Outperformance bietet.
Von Gorky Urquieta, Senior Portfolio Manager und Global Co-Head of Emerging Markets Debt, Neuberger Berman