Im Januar dieses Jahres waren High-Yield-Anleihen nicht besonders verlockend. Der optionsbereinigte Spread des ICE BofA U.S. High Yield Index war mit 258 Basispunkten so eng wie nur selten in den letzten 20 Jahren.
Zehn Wochen später, nach Trumps Zollankündigungen vom 2. April, hatte sich der Spread fast verdoppelt, auf 461 Basispunkte. Die Spreads eurodenominierter und internationaler High-Yield-Anleihen weiteten sich ähnlich stark aus. Seitdem sind sie zwar wieder etwas zurückgegangen, aber die Gesamtrenditen betragen noch immer etwa 8%.
Das klingt sehr viel interessanter – doch die Welt scheint sich grundlegend verändert zu haben. Sind die derzeitigen Spreads ein genügender Ausgleich für die gestiegenen Außenhandels- und Konjunkturrisiken?
Auswirkungen auf Ausfallschätzungen?
Kurz gesagt: Ja, davon sind wir überzeugt.
Einmal im Quartal schätzen unsere Analysten für spekulative Titel die Ausfallwahrscheinlichkeit jedes einzelnen Emittenten in den High-Yield- und Loan-Indizes. Für unsere jüngsten Prognosen haben wir die Wachstumserwartungen für das US-BIP auf 0% bis 1% und die für das europäische BIP auf 1% bis 0% gesenkt. Berücksichtigt haben wir auch die Folgen des neuen Zollregimes. Dadurch stieg unsere Schätzung der kumulierten High-Yield-Ausfallquote für 2025 und 2026 auf 3,75% bis 4,75%, etwa 100 Basispunkte mehr als zu Jahresbeginn.
Obwohl wir mit weniger Wachstum und höheren Zöllen rechnen, läge sie dann immer noch unter dem Langfristdurchschnitt. Grund dafür ist die generelle Verbesserung der Kreditqualität der Indizes in den letzten 15 Jahren: Mehr Emittenten haben ein BB-Rating, und die Duration hat sich verkürzt. Immer mehr Neuemissionen dienen der Refinanzierung von Altanleihen statt der Finanzierung von Übernahmen, sodass der Verschuldungsgrad nicht steigt. Für die USA halten wir daher High-Yield-Spreads von etwa 350 Basispunkten oder weniger für angemessen –und nicht von 400 und mehr.
Im Negativszenario könnte die kumulierte Ausfallquote in den nächsten zwei Jahren auf bis zu 9,5% steigen. Auf den ersten Blick scheint das viel, entspräche aber etwa dem, was wir aus den Jahren 2019/20 kennen. Es wäre deutlich weniger als die gut 18% von 2008/09 bzw. 2001/02. Da wir auch im Negativszenario von niedrigeren Ausfallquoten ausgehen als damals, können wir uns High-Yield-Spreads von dauerhaft über 600 Basispunkten nur schwer vorstellen. Die aktuellen etwa 400 Basispunkte wären daher interessant für einen Einstieg.
Risiken messen
Angesichts des massiven Schocks für den Welthandel und der Aktien-, Staatsanleihen- und Währungsvolatilität scheinen solche Schätzungen überraschend niedrig. Aber wir halten sie für plausibel, denn Zölle dürften die Ausfallquoten kaum direkt oder nennenswert steigen lassen.
Ein Grund dafür ist, dass die davon und von anderen Handelshemmnissen am stärksten betroffenen Sektoren – Automobile, Einzelhandel und Konsumgüter – weniger als 10% des ICE BofA U.S. High Yield Index ausmachen. Außerdem hat das Ausfallrisiko zurzeit vor allem mit grundlegenden strukturellen Herausforderungen zu tun, die es schon lange vor den Zollturbulenzen gab.
So sind Telekommunikations- und Medienunternehmen zwar nur wenig von den Zöllen betroffen, leiden aber unter einem konjunkturbedingten Rückgang der Werbebuchungen, veränderter Mediennutzung und härterem Wettbewerb. Emittenten aus dem Gesundheitssektor müssen sich auf steigende Arbeitskosten, diverse politische Unsicherheitsfaktoren und niedrigere Staatsausgaben einstellen. Auch in den Loan-Indizes finden sich mehr Titel mit einzelwert- und emittentenspezifischen Problemen, vor allem aufgrund der oft stark gehebelten Leveraged Buyouts von Technologieunternehmen in der Coronazeit.
Und auch in den von den Zöllen grundsätzlich betroffenen Sektoren Einzelhandel und Konsumgüter sehen wir strukturelle Schwächen. Hier müssen sich die oft risikoreicheren Emittenten daran gewöhnen, dass die Verbraucher nach der höheren Inflation ihren Gürtel enger schnallen – nachdem sie in der Coronazeit deutlich mehr gekauft hatten. Manche Unternehmen haben sich in guten Zeiten übermäßig verschuldet (und dabei oft auch noch operative Fehler gemacht).
Qualität
Natürlich helfen hohe Zölle und ein unsicherer Konjunkturausblick auch High-Yield-Emittenten nicht. Weil die Zölle für sie aber eine eher kleinere Rolle spielen, rechnen wir nicht mit hohen Ausfällen. Die wichtigsten Herausforderungen für die Handvoll gefährdeter Emittenten sind heute die gleichen wie vor vier Monaten: übermäßige Verschuldung, hartnäckig hohe Zinsen, operative Fehler und strukturelle Probleme. Deshalb scheint unser Ausfallquotenausblick nicht zu den oft pessimistischen Schlagzeilen zu passen.
Die größten Folgen dürften Zölle für High-Yield-Emittenten deshalb haben, weil sie der Wirtschaft generell schaden. Viele Jahre lang haben die Emittenten das neu eingeworbene Fremdkapital konservativ eingesetzt – und sehr viel mehr haben jetzt ein BB-Rating. Wir halten die Zölle daher für handhabbar. Die Emittenten stehen so gut da, dass sie die Volumina der 2025 und 2026 fälligen Anleihen letztes Jahr um 70% bis 80% verringern konnten – auch wenn sie durch die Refinanzierung jetzt höhere Zinsen zahlen müssen.1
Die meisten Emittenten sind finanziell stabil. Wir sehen daher vielfältige Anlagechancen mit attraktiven Renditen und Spreads, auch wenn wir mit Nullwachstum rechnen.
Von Ashok Bhatia, Deputy Chief Investment Officer – Fixed Income bei Neuberger Berman
1 Endfälligkeit für Emittenten im ICE BofA U.S. High Yield Index und Morningstar/LSTA U.S. Leveraged Loan Index, Stand 31. März 2025.