Klimagerechtigkeit: Soziale Kosten – der blinde Fleck des Klimawandels

La Française Systematic Asset Management | 20.02.2025 10:05 Uhr
Céline Zanella, Sustainable Investment Research Analyst, Crédit Mutuel Asset Management / © e-fundresearch.com / Crédit Mutuel Asset Management
Céline Zanella, Sustainable Investment Research Analyst, Crédit Mutuel Asset Management / © e-fundresearch.com / Crédit Mutuel Asset Management

Ein direkter Zusammenhang zwischen Naturkatastrophen (Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen, Stürmen usw.) und dem Klimawandel lässt sich zwar nur schwer herstellen, doch ist wissenschaftlich erwiesen, dass mit steigenden globalen Temperaturen die Wahrscheinlichkeit, die Häufigkeit (die sich seit den 1980er Jahren verfünffacht hat1) und die Schwere bestimmter extremer Ereignisse zunehmen. Und die Uhr tickt eindeutig: 2024 wird das erste Jahr sein, in dem die Durchschnittstemperatur um 1,5°C über der vorindustriellen Zeit liegt.

Parallel dazu steigen auch die volkswirtschaftlichen Kosten stärker an (fast achtmalso schnell wie in den 1980er Jahren): also sämtliche finanziellen Verluste, die direkt auf ein Großereignis zurückzuführen sind, und die Verluste durch unterbrochene Geschäftstätigkeiten, die direkt auf Sachschäden zurückzuführen sind. Nach ersten Schätzungen des Versicherers Swiss Re vom Dezember 20242 dürften die volkswirtschaftlichen Kosten im Jahr 2024 310 Mrd. US-Dollar betragen, ein Anstieg um 6% gegenüber 2023.

Diese Zahl könnte jedoch zu niedrig angesetzt sein. Die Bewertung der Schäden durch diese Klimaereignisse ist in Ländern mit niedrigem Einkommen besonders schwierig, vor allem bei allmählich eintretenden Katastrophen wie Dürren und Hitzewellen. Darüber hinaus sind indirekte Kosten, wie z. B. soziale Kosten, in dieser Schätzung nicht enthalten.

Diese Ereignisse verursachen beträchtliche soziale Kosten, zu denen der Verlust und das Leiden von Menschen (physische und psychische Gesundheitsprobleme), die Vertreibung von Menschen, der Verlust des kulturellen Erbes und die Zerstörung von Lebensgrundlagen zählen. Außerdem treiben die wetterbedingten Ereignisse die Versicherungs- und Gesundheitskosten in die Höhe. Sie verschärfen die bestehenden Ungleichheiten, insbesondere unter den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen, innerhalb und zwischen den Ländern.

Diese Ungleichheiten verdeutlichen einerseits die Dringlichkeit der Klimaanpassung und andererseits die Bedeutung der Klimagerechtigkeit. Dieses Prinzip bezieht sich nämlich auf die unproportionalen Auswirkungen des Klimawandels auf die Bevölkerung, die über die ökologischen oder physischen Auswirkungen hinausgehen.

In absoluten Zahlen sind die wirtschaftlichen Auswirkungen in Ländern mit hohem Einkommen meist größer, da der wirtschaftliche Wert von Infrastruktur und Wohnraum tendenziell höher ist. In diesen Ländern ist es auch wahrscheinlicher, dass die Schäden versichert sind. Daher sind die finanziellen Auswirkungen leichter zu quantifizieren. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die Waldbrände in Los Angeles im Januar 2025 wirtschaftliche Schäden in Höhe von über 250 Milliarden US-Dollar3 verursacht haben könnten – das entspricht etwa 6% des für 2024 prognostizierten BIP von Kalifornien.

Im Gegensatz dazu sind die sozialen Folgen in Ländern mit niedrigem Einkommen in den meisten Fällen größer, aber weniger quantifizierbar. Diese Bevölkerungsgruppen verfügen über weniger Vermögen, einen geringeren Versicherungsschutz und haben insgesamt einen begrenzten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Der Taifun Yagi, der im September 2024 Südostasien (Vietnam, Philippinen, Laos, Myanmar, Thailand) heimsuchte, verursachte Berichten zufolge wirtschaftliche Verluste in Höhe von 12,6 Mrd. US-Dollar4 in der gesamten Region – etwa 4% des durchschnittlichen BIP der Region im Jahr 2023. Außerdem forderte der Sturm mehr als 800 Menschenleben, beschädigte Tausende von Schulen und Gesundheitszentren und hatte erhebliche Auswirkungen auf den Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, den Erntezustand und den Zugang zu Bildung...

Ein anderer Weg diese Ungleichheiten zu beziffern, ist die genauere Betrachtung der Versicherungsschutzproblematik. 2024 waren nur 44% der Schäden durch Naturkatastrophen durch Versicherungen gedeckt. Die zunehmende Häufigkeit und Intensität dieser Ereignisse haben jedoch in den letzten Jahren zu zwei wichtigen Phänomenen geführt: dem Rückzug einiger Versicherer aus Hochrisikogebieten und dem Anstieg der Versicherungsprämien in diesen Regionen. Nach den jüngsten Waldbränden in Los Angeles beantragte beispielsweise State Farm, der größte Versicherer Kaliforniens, bei den Aufsichtsbehörden die Genehmigung, die Versicherungsprämien um durchschnittlich 22%5 zu erhöhen. Auch wenn das Ziel darin bestand, das Unternehmen solvent zu halten, werden diese Maßnahmen häufig ergriffen, um die Bevölkerung und Unternehmen davon abzuhalten, sich in diesen gefährdeten Gebieten niederzulassen. Dadurch werden jedoch vor allem die schwächsten Bevölkerungsgruppen benachteiligt, die sich weder eine Versicherung noch eine Umsiedlung leisten können. Der fehlende Versicherungsschutz untergräbt auch das Bonitätsprofil von Kreditnehmern, einschließlich Unternehmen und erschwert somit die Wiederaufbauphase. Außerdem werden dadurch Ungleichheiten zwischen den Ländern deutlich.

Nach den von Swiss Re6 über zehn Jahre (2014 bis 2023) erhobenen Daten (siehe unten) ist die „Schutzlücke“ bei Naturkatastrophen, d. h. die Differenz zwischen versicherten und nicht versicherten Schäden, in Asien (85%) und Lateinamerika (80%) viel größer als in Nordamerika (43%). Die Lücke ist auch in der EMEA-Region (70%) beträchtlich, wo sie in den Emerging Markets größer ist als in den Industrieländern: ein Defizit von 48 Mrd. US-Dollar im Jahr 2023 (+20% im Vergleich zu 2013) gegenüber 26 Mrd. US-Dollar (+13%). Tatsächlich haben einige Regionen der Schwellenländer so gut wie keinen Versicherungsschutz gegen Naturkatastrophenrisiken.

Quelle: Swiss Re – Wie groß ist die Schutzlücke vor Naturkatastrophen bei Ihnen vor Ort?

Häufig intervenieren Regierungen als letzte Möglichkeit, um die Kosten für nicht versicherte Schäden zu decken. So hat beispielsweise die spanische Regierung nach den Überschwemmungen in Valencia im Oktober 2024 mehr als 10 Mrd. Euro7 für den Wiederaufbau bereitgestellt. Sie räumte auch ein, dass ein langfristiger Plan zur Umgestaltung des Gebiets und zur Anpassung an die Herausforderungen des Klimanotstands im Mittelmeerraum umgesetzt werden muss.

Um sich auf künftige Herausforderungen vorzubereiten, müssen die Regierungen proaktive Maßnahmen zur Bewertung der Anfälligkeiten ergreifen. Gemeinsam mit Unternehmen und Investoren müssen sie in Anpassung und Resilienz (Qualität der Infrastruktur, Erhaltung lebenswichtiger Ressourcen usw.) investieren – ein Bereich, auf den nach Angaben der Vereinten Nationen nur 21% der internationalen Klimafinanzierung entfallen8.

Regierungen können Ungleichheiten auch durch die Bereitstellung finanzieller Unterstützung für gefährdete Bevölkerungsgruppen bekämpfen. Sie sollten Maßnahmen ergreifen, indem sie den Versicherungsschutz und die Einrichtung von Mikroversicherungssystemen fördern, die die Folgen von Schocks für die öffentlichen Finanzen verringern würden. Und für Unternehmen geht es um die Anpassung ihrer Arbeitsweisen zur Verringerung ihrer Umweltauswirkungen bei gleichzeitiger Einbeziehung des vorgelagerten Teils der Wertschöpfungskette, der Arbeitnehmer und der lokalen Gemeinschaften, um einen gerechten Übergang zu gewährleisten.

Von Céline Zanella, Sustainable Investment Research Analyst, Crédit Mutuel Asset Management

1 Barclays, Sustainable Investing Research – Winter-Update 2024: Was ist mit dem extremen Wetter los?

2 Wirbelstürme, schwere Gewitter und Überschwemmungen treiben Versicherungsschäden im fünften Jahr in Folge auf über 100 Milliarden US-Dollar, sagt Swiss Re Institute | Swiss Re (Dezember 2024)

3 Los Angeles Times: Geschätzte Kosten für Brandschäden steigen auf mehr als 250 Milliarden US-Dollar

4 Die Kosten zählen 2024, ein Jahr des Klimazusammenbruchs, Christian Aid (Dezember 2024)

5 Los Angeles Times: State Farm strebt nach den Bränden in L.A. eine Notfall-Tariferhöhung von durchschnittlich 22% an

6 Swiss Re, Sigma Resilience Index 2024

7 Les Echos: In Spanien gibt die Regierung 10 Milliarden Euro für die Flutopfer frei

8 Vereinte Nationen, Schnelle Fakten zum Klimaschutz

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