Wie von den Finanzmärkten erwartet, dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Einlagensatz um 25 Basispunkte (Bp) auf 2,5% senken und damit die fünfte Zinssenkung in Folge und die sechste seit Juni 2024 vornehmen, um die Wirtschaft zu stützen. Gleichzeitig dürfte die EZB ihre Inflationsprognosen bestätigen und die jährliche Inflationsrate im Euroraum bis zum Jahresende auf das Ziel von 2,0% zusteuern. In dieser Sitzung wird für den EZB-Rat die Herausforderung bestehen, die Frage zu klären, inwieweit er seine Geldpolitik als restriktiv betrachtet.
Unsere Erwartungen:
- Der EZB-Rat wird seine Leitzinsen um jeweils 25 Basispunkte senken – bei ausgewogenen Inflationsrisiken. Damit wird der Einlagensatz auf 2,50%, der Refinanzierungssatz auf 2,65% und der Spitzenrefinanzierungssatz auf 2,9% gesenkt.
- Da sich der Einlagensatz (der wichtigste Referenzsatz der Zentralbank) dem neutralen Satz1 nähert (zwischen 1,75% und 2,25% laut Analyse der EZB vom 7. Februar), wird der Rat unserer Meinung nach seine Formulierung anpassen und die Finanzierungsbedingungen als „mäßig“ oder „etwas“ restriktiv beschreiben. Wir denken, dass die EZB die Ergebnisse ihrer vierteljährlichen Umfrage zur Kreditvergabe im Euroraum abwarten wird, bevor sie ihre Wortwahl deutlicher ändert. Diese werden am 15. April, zwei Tage vor ihrer nächsten Sitzung im April, veröffentlicht.
- Daher dürfte die EZB ihre Zinssenkungen vorsichtig fortsetzen – abhängig von den eingehenden Daten und unter Berücksichtigung der US-Geldpolitik. Die Zurückhaltung der EZB bei der Ausrichtung ihrer Geldpolitik über diese Sitzung hinaus könnte auf eine Pause im April hindeuten. Wir glauben jedoch, dass die EZB wenig Grund hat, eine weitere geldpolitische Lockerung hinauszuzögern (insbesondere aufgrund des schwachen Wachstums in der Region). Aller Voraussicht nach hat die EZB ein Zwischenziel von 2%.
- Im Vergleich zu den makroökonomischen Projektionen vom Dezember 2024 dürfte die EZB ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr leicht nach unten korrigieren (von 1,1% auf 0,9% - 1,0%; Quelle: Bloomberg.) Dies ist auf die schwächere Inlandsnachfrage und die Risiken im Zusammenhang mit der US-Handelspolitik zurückzuführen, die jedoch teilweise durch einen möglichen Frieden in der Ukraine ausgeglichen werden könnten. Was die Preisentwicklung anbelangt, so dürfte die EZB ihre Inflationsprognose im Einklang mit ihrem mittelfristigen Ziel von 2% unverändert beibehalten (Kern-VPI ohne Energie und Nahrungsmittel: 2025: 2,3%, 2026: 1,9%, 2027: 1,9%) (Quelle: Bloomberg).
Insgesamt erwarten wir von der EZB im März keine größeren Veränderungen. Der EZB-Rat wird die Zinsen wahrscheinlich einstimmig senken und seine Wirtschaftsaussichten geringfügig anpassen. Die Reaktionen der Finanzmärkte dürften sich in Grenzen halten. Vorausgesetzt, es kommt nicht zu einer drastischen Veränderung in der Kommunikation der EZB, die darauf hindeutet, dass sie ihre Geldpolitik nicht mehr als restriktiv bewertet. Davon gehen wir jedoch nicht aus.
Von François Rimeu, Senior Strategist, Crédit Mutuel Asset Management
1 Neutraler Zinssatz: Ein Zinssatz, der die Wirtschaft bei Vollbeschäftigung und stabiler Inflation hält, der aber nicht unmittelbar gemessen werden kann.