Obwohl das Jahr gerade erst begonnen hat, gab es bereits erhebliche Überraschungen bei den Zinssätzen, die nicht vollständig eingepreist waren. Die Zinsstrukturkurven in den USA, Großbritannien und Deutschland waren volatil, mit besonders starken Schwankungen bei 10-jährigen britischen Gilts und US-Treasuries. Beide näherten sich Mitte Januar kurzzeitig der 5%-Marke, die zuletzt im September 2008 (Großbritannien) und im November 2023 (USA) erreicht wurde. Konkret starteten und endeten die 10-jährigen britischen Gilts im Januar 2025 bei 4,5% und erreichten am 14. Januar einen Höchststand von 4,89%. Die US-Treasuries schwankten am selben Tag zwischen 4,5% und einem Höchststand von 4,79%.1
Eine mögliche Überraschung könnte aus den USA kommen, mit Zöllen weit über dem üblichen Rahmen. Auch wenn eine genaue Vorhersage schwierig ist, wäre es denkbar, dass die Inflationsbekämpfung oberste Priorität erhält und zu niedrigeren Zöllen führt. Dies dürfte die Inflationserwartungen dämpfen und der Fed eine akkomodierendere Geldpolitik ermöglichen. Die Zölle könnten jedoch auch deutlich steigen, was Inflationsdruck und negative Auswirkungen auf das globale Wachstum zur Folge hätte. Letztendlich sind wir jedoch der Ansicht, dass die derzeitige Preisgestaltung (4% Endzins in den USA) asymmetrisch ist, was für mittelfristige Long-Positionen spricht – insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit hohen Wachstumserwartungen in den USA.2
Wir rechnen auch künftig mit hoher Volatilität – in erster Linie aufgrund der politischen Unsicherheiten auf beiden Seiten des Atlantiks. Zudem bleiben „Schwarze Schwäne“ – per Definition unvorhersehbare Ereignisse – ein allgegenwärtiges Risiko. Auch wenn sie nicht Teil unseres Basisszenarios sind, sind derartige Schocks derzeit nicht in den Zinssätzen eingepreist und könnten zu weiteren Marktverwerfungen führen.
Fixed Income – Attraktive Chancen in Europa und den USA
Ein Pauschalurteil über Fixed Income (FI) insgesamt ist schwierig, da sowohl in den USA als auch in Europa attraktive Chancen bestehen. Allerdings unterscheidet sich das makroökonomische Umfeld auf beiden Seiten des Atlantiks erheblich, insbesondere was die Geldpolitik betrifft. Derzeit rechnet der Markt in diesem Jahr mit einem Endzinsniveau von 3,98% für die Fed und 1,86% für die EZB, was auf einen aggressiveren Zinssenkungszyklus in Europa hindeutet.3
Ein genauer Blick auf die Wirtschaftsindikatoren verdeutlicht diese Divergenz: Der Composite PMI für Januar 2025 lag in den USA bei 52,9 und in der Eurozone bei 50,2 – beide gestützt durch einen starken Dienstleistungssektor. Die Prognosen für das reale BIP-Wachstum 2025 liegen bei 2,2% in den USA und 1,0% in der Eurozone. Gleichzeitig wird eine Arbeitslosenquote von 4,3% in den USA und 6,5% in Europa erwartet.4
Aus europäischer Anlegerperspektive relativieren die derzeitigen Währungsabsicherungskosten (1,85%) einen Teil des offensichtlichen Renditevorteils von US-Anlagen, so dass die Entscheidung eher von der jeweiligen Transaktion als von einer allgemeinen regionalen Präferenz abhängt. Anleger, die US-Zinsen in Betracht ziehen – die in absoluten Zahlen historisch attraktiv sind – müssen zudem abwägen, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um ohne Absicherung zu investieren und das damit verbundene Währungsrisiko zu akzeptieren.5
Letztlich bieten beide Regionen attraktive Chancen, abhängig von der gewählten Strategie: Anleger können entweder einen Carry-Ansatz mit geringer Duration verfolgen oder sich für eine höhere Duration positionieren, um von den erwarteten Zinssenkungen zu profitieren – sollten dabei jedoch die potenzielle Volatilität im Blick behalten. In beiden Fällen bleibt Selektivität essenziell, da sich Credit Spreads, Fundamentaldaten und Risikoprämien weiterhin stark unterscheiden.
Geringes Durationsrisiko und hohe Stabilität mit Floating Rate Notes
Variabel verzinsliche Anleihen (Floating Rate Notes, FRN) kombinieren geringe Volatilität, attraktiven Carry und eine höhere Seniorität im High-Yield-Segment.
Ihre nahezu nicht vorhandene Laufzeit macht sie besonders in Phasen erhöhter Marktunsicherheit zu einer naheliegenden Wahl. Die geringe Volatilität von FRNs ist nicht nur strukturell bedingt, sondern auch darauf zurückzuführen, dass es keinen börsengehandelten Fonds für diese Anleihen gibt und sie nicht oft in großen Indizes vertreten sind. Darüber hinaus wird die Nachfrage überwiegend von „Buy-and-hold“-Investoren wie CLOs und Geldmarktfonds getragen, was die Anlageklasse weiter stabilisiert. Zum Vergleich: Die Fünfjahresvolatilität von US-Investment-Grade-FRNs liegt bei 1,47% und ist somit mehr als 80% niedriger ist als die ihrer Fixed-Income-Pendants mit einer Volatilität von 9,27%.6
Trotz der geldpolitischen Lockerung dürften FRN weiterhin von hohen Kurzfristzinsen profitieren, insbesondere von denen in US-Dollar, da die Fed voraussichtlich einen weniger aggressiven Zinssenkungskurs verfolgen wird als die EZB.
Zusätzlich bieten FRN eine höhere Seniorität im High-Yield-Segment. Trotz typischerweise niedrigerer Credit Ratings als bei FI-Anleihen bieten FRN tendenziell eine bessere Seniorität innerhalb der Kapitalstruktur. So sind beispielsweise im Euro-HY-Segment 93% der FRN besichert, verglichen mit 33% der FI-Anleihen.7
Aufgrund dieser Eigenschaften können FRN eine attraktive Wahl für Anleger sein, die ihr Durationsrisiko minimieren und gleichzeitig ihr Credit Exposure beibehalten möchten. Dies gilt auch für Anleger, die das Durationsrisiko nicht durch andere Instrumente, wie z. B. Swaps, anpassen können.
Anlagealternativen im High-Yield-Bereich
Bei HY bevorzugen wir europäische Papiere, da wir einen attraktiven relativen Wert sehen und die Ausfallraten bei 2-3% bleiben. Dadurch können Anleger potenziell vom Carry des Segments profitieren.
In diesem Quartal sind wir etwas defensiver und sind bereit, etwas offensiver vorzugehen, sobald sich die Spreads ausreichend ausweiten. Wie immer liegt der Schlüssel in dieser Anlageklasse in der Auswahl der Anleihen und der umfassenden Kenntnis der Emittenten, um die Rising Stars von morgen zu identifizieren.
Darüber hinaus sehen wir auch Potenzial bei Wandelanleihen, da die implizite Volatilität weiterhin niedrig bleibt. Das Anlageuniversum ist weniger von zyklischen Werten, wie etwa aus der Automobilbranche, abhängig und bietet ein geringeres Länderrisiko, da es in diesem Segment keine Banken gibt.
Von David Montoya, Fixed Income Client Portfolio Manager, La Française
1 Quelle: Bloomberg, 31.01.2025
2 Quelle: Bloomberg, 11.02.2025
3 Quelle: Bloomberg, 11.02.2025
4 Quellen: Markit, Bloomberg, 31.02.2025
5 Quelle: Bloomberg, 11.02.2025
6 Quelle: Bloomberg Barclays Indizes, 31.01.2025
7 Quelle: Bloomberg Barclays Indices, 31.01.2025).