Die wichtigsten Aktienindizes haben sich seit dem Schock des „Befreiungstages“ Anfang April deutlich erholt: Der Stoxx Europe 600 legte um +16% und der S&P 500 um +23% in Euro zu.* In Europa wurde die Rallye durch die Ergebnisse bestimmter Sektoren (Luftfahrt, Schienenverkehr, Banken, Versicherungen, Telekommunikation, Versorger) und durch die Verbesserung des wirtschaftlichen und finanziellen Umfelds (Zinssenkungen durch die EZB, Erwartung fiskalischer Impulse in Deutschland) beflügelt. Weitere positive Faktoren sind die Hoffnung auf eine Konfliktlösung in der Ukraine sowie Aktienrückkäufe und hohe Dividenden. In den USA wird der Markt weiterhin von den „Magnificent 7“ (Apple, Nvidia, Microsoft, Alphabet, Meta, Tesla, Amazon) und der weiterhin sehr hohen Nachfrage im Bereich KI und Cloud getrieben. Dies stützt das Gewinnwachstum (+11% für den S&P 500 im Jahr 2025 erwartet).
Auf geo- und handelspolitischer Ebene trägt das im Sommer unterzeichnete EU-US-Abkommen dazu bei, die Transparenz zu erhöhen und 30%ige Strafzölle auf europäische Exporte zu vermeiden. Welche Auswirkungen das auf Wachstum und Inflation in den nächsten Quartalen haben könnte, muss jedoch aufmerksam beobachten werden.
Wir behalten auch die Unsicherheiten im Zusammenhang mit den politischen Spannungen in Frankreich weiterhin im Auge. Derzeit konzentrieren sich die Auswirkungen noch auf französische Aktien und den Spread zwischen OAT und Bund, bei denen wir seit einigen Monaten vorsichtig sind. Sollte die derzeitige Regierung nicht das Vertrauen des Parlaments erhalten, dürfte Macron unserer Einschätzung nach einen neuen Premierminister ernennen, der einen überarbeiteten Haushaltsplan vorlegen wird. Damit wären die Risiken für die Finanzmärkte begrenzt.
Vor diesem Hintergrund scheint das Potenzial für weitere kurzfristige Kursgewinne bei Aktien eher begrenzt zu sein. Unserer Ansicht nach wäre eine erneute Volatilität eine Gelegenheit, in Aktienmärkte zu investieren. Das makroökonomische Umfeld ist nach wie vor günstig für risikoreiche Anlagen. Der fallende US-Dollar und die sinkenden Energiepreise hatten zusammen mit Haushalts- und Steuererhöhungen positive Auswirkungen auf den Konjunkturzyklus. Das Gewinnwachstum ist in den USA derzeit robuster, wird jedoch durch eine „Trump-Risikoprämie” ausgeglichen. Ein Friedensabkommen zwischen Russland und der Ukraine würde das Wachstum in der Eurozone ebenfalls stärken. Nicht zuletzt stützt die erwartete „Kehrtwende“ der Fed die Aktienmärkte erheblich, auch wenn diese Erwartungen in den kommenden Monaten durch einen möglichen erneuten Anstieg der US-Inflation unter Druck geraten könnten.
An den Anleihemärkten haben diese Prognosen (zwei Zinssenkungen bis zum Jahresende) zu einem Rückgang der kurz- und langfristigen Zinsen in den USA geführt. Dennoch besteht in den USA aufgrund des Handelskriegs weiterhin ein Inflationsrisiko. Das zusätzliche Abwärtspotenzial der US-Zinsen ist daher begrenzt. Deshalb bevorzugen wir eine Positionierung in Zinsen der Eurozone – mit begrenztem Inflationsrisiko. Die EZB hat nach ihrer Zinssenkung von 4% auf 2% eine Pause eingelegt. Wir halten die von den Märkten erwartete längere Pause für angemessen. Auf der Kreditseite sind die Bewertungen von Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen nach einer Phase technischer Kompression im Sommer nun im Vergleich zum historischen Durchschnitt hoch. Der Carry ist hingegen weiterhin attraktiv und bietet Schutz.
Insgesamt nehmen wir nach der jüngsten guten Performance eine neutralere Haltung gegenüber unserem Aktienexposure ein. In einem für risikoreiche Anlagen nach wie vor günstigen wirtschaftlichen Umfeld werden wir etwaige Marktkorrekturen nutzen, um unser Aktienexposure zu erhöhen.
Bei Anleihen bevorzugen wir die Duration von Euro-Zinsen und behalten unser Exposure gegenüber Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen bei, bleiben dabei jedoch vorsichtig.
Zur Diversifizierung unseres Portfolios bleiben wir weiterhin optimistisch in Bezug auf Gold. Seine Performance korreliert nicht mit der von risikoreichen Anlagen und dürfte von dem anhaltenden Rückgang der Realzinsen in den USA profitieren.
Von Jean-Louis DELHAY, CIO, Crédit Mutuel Asset Management
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Quelle: Crédit Mutuel Asset Management, Stand: 29.08.2025
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