Der Juni 2022 war ebenso wie die bereits ausgesprochen schwierigen Monate April und Mai ein herausfordernder Börsenmonat. Das erste Halbjahr 2022 bedeutete für den amerikanischen S&P 500 mit einem Kursverlust von 20,6% in US-Dollar das schlechteste seit 1970. Und die amerikanische Technologiebörse NASDAQ verzeichnete im zweiten Jahresviertel 2022 mit einer Einbuße von 22,5% in US-Dollar das schlechteste Quartal seit 2008.
Noch defensivere Aufstellung und erneut erhöhte Cash-Quoten
Das konjunkturelle Marktumfeld dürfte auch in den kommenden Monaten äußerst anspruchsvoll bleiben: Bei den fundamentalen und den monetären Indikatoren ist kurzfristig keine Besserung in Sicht, und auch die geopolitische Lage dürfte schwierig bleiben. Wir haben daher beschlossen, uns noch defensiver aufzustellen und die Cash-Quoten weiter zu erhöhen.
Sollte Russland bzw. der staatliche russische Energiekonzern Gazprom nach der jährlichen Wartung von Nord Stream 1 (10. bis 20. Juli 2022) kein Gas mehr liefern, könnten die Börsen in Deutschland und Europa abermals unter Druck kommen. Wir werden daher die Gewichtungen von Deutschland und Europa erneut reduzieren. Das bessere Chance-Risiko-Verhältnis bietet derzeit der US-Markt.
Ausgewählte Anleihen bieten aus unserer Sicht weiterhin Chancen: Man findet wieder US-Dollar-Bonds mit Renditen von über 5% und Euro-Anleihen mit gut 4% Rendite – bei noch überschaubarer Laufzeit.
• Produktionssektor in Deutschland und Europa mit Verlustpotenzial
• Defensive Aktien weiterhin im Fokus
• Ausgewählte Anleihen wieder chancenreich
Wir werden die Aktienquoten weiter senken: Bei Mischfonds halten wir einen Abbau um weitere 5% für sinnvoll, und bei reinen Aktienfonds werden wir uns eher am unteren Rand der erlaubten Quoten bewegen. Deutsche und europäische Aktien des energiesensiblen Produktionssektors wären bei ausbleibenden Gaslieferungen besonders gefährdet. Dagegen könnten Aktien von Unternehmen vielversprechend sein, die von einer massiven Beeinträchtigung der deutschen Industrie profitieren könnten.
Einzelne Anlagechancen sehen wir auch bei festverzinslichen Wertpapieren mit derzeit hohen Renditeniveaus.
• Gasverknappung belastet Produktion
• Inflations- und Zinserwartungen nehmen weiter ab
• Gelockerte Fed-Politik könnte der Börse helfen
Seit Mitte Juni hat der russische Energiekonzern Gazprom seine Erdgaslieferungen via Nord Stream 1 um rund 60% reduziert. Begründung aus Moskau: Eine Turbine zur Gasverdichtung von Siemens Energy, die zur Wartung nach Kanada geschickt worden war, hängt wegen der Sanktionen nun dort fest. Die Folge: ein erneuter massiver Anstieg der Energiekosten in Deutschland und Europa. Sollte es nach dem Abschluss der Wartung von Nord Stream 1 (geplant nach dem 21. Juli) zu einem Stopp der Gaslieferungen kommen, dürfte das vor allem Deutschland und hier vor allem die Industrieproduktion gravierend belasten.
Die mittelfristigen Inflations- und Zinserwartungen nehmen weiter ab. Die US-Notenbank Fed dürfte den angekündigten Zinserhöhungs- bzw. Liquiditätsabschöpfungszyklus nicht durchhalten können. Sollte die Fed im Lauf des ersten Halbjahres 2023 von ihrem aktuellen Kurs abrücken, könnte sich das Börsenumfeld verbessern.
• Reduzierung vor allem im Sektor Industrie/Produktion
• Telekommunikation und Versicherungen bieten Chancen
• Preissetzungsmacht und Profitabilität entscheidend
Deutsche und europäische Aktien des energiesensiblen Industriesektors können aus unserer Sicht noch weitere Kursverluste erleiden. Daher konzentrieren wir uns darauf, Unternehmen zu reduzieren, deren Schwerpunkt auf der Produktion liegt oder die stark vom Konsum in Deutschland abhängig sind. Auf der anderen Seite halten wir Aktien aus dem Telekommunikationssektor mit hohem Auslandsanteil und aus der Versicherungsbranche für aussichtsreich. Dabei setzen wir weiterhin auf Kriterien wie die Preissetzungsmacht von Unternehmen und eine starke Marktposition beziehungsweise die Fähigkeit, die Margen zu halten.
• Konjunktureller Gegenwind in Europa
• Keine US-Dollar-Absicherungen
Der konjunkturelle Gegenwind ist in Europa stärker und die Unsicherheit höher als in den USA. US-Dollar-Absicherungen sind daher nicht notwendig.
Stefan Breintner, Head of Research & Portfoliomanagement bei der DJE Kapital AG