Im 25. Oktober 1983 erschien die erste Windows-Version von Microsoft Word zur Textverarbeitung, die seitdem zu einem integralen Bestandteil des Arbeitslebens und der Kommunikation auf der ganzen Welt geworden ist. Die Einführung von Microsoft Word revolutionierte die Art und Weise, wie Menschen Texte erstellen, bearbeiten und formatieren.
KI – die nächste Revolution?
Mit den jüngsten Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz stehen wir wohl wieder vor einer Revolution. So wie damals die Software Word könnte künstliche Intelligenz Bürojobs für immer verändern. Anders als vor 40 Jahren erscheint es jedoch, als ob vor allem bereits etablierte Tech-Firmen profitieren werden.
Denn um von diesen Technologien zu profitieren, brauchen Unternehmen eine gewisse Größe. Schließlich muss erst in diese Entwicklungen investiert werden, und eine geringere Finanzkraft ist hier klar ein Handicap. Es ist auch anfangs nicht immer klar, wie die Monetarisierung genau funktionieren wird und in welchem Ausmaß damit Profite generiert werden können. Hier sind etablierte Player klar im Vorteil.
Tech gleich Growth?
Für das Unternehmen Microsoft führten die Entwicklung von Microsoft Word sowie weitere Innovationen wie zum Beispiel das Betriebssystem Windows zu starkem Wachstum. In den Neunzigern stieg Microsoft zur wertvollsten Firma der Welt auf (basierend auf Marktkapitalisierung). Damit fiel die Microsoft Aktie lange in die Kategorie “Growth”.
Anleger, die auf sogenannte Growth-Aktien setzen, fokussieren sich auf die Wachstumsaussichten ganzer Branchen oder einzelner Unternehmen. Man sucht dabei zukunftsfähige und wachstumsdynamische Geschäftsmodelle und achtet dabei besonders auf stark steigende Umsatzzahlen oder auf besonders gute Wachstumsaussichten.
Während der Niedrigzinsphase galt die Aufmerksamkeit an den Börsen vor allem Unternehmen aus zukunftsträchtigen Branchen, wo starkes Wachstum erwartet wurde - und diese waren oft in der Technologiebranche zu finden. Das war auch dann der Fall, wenn diese Unternehmen teilweise wenig solide finanzielle Kennzahlen vorwiesen und zum Beispiel gar keine Profite erwirtschafteten. Solange die Umsätze stark wuchsen, hoffte man auf steigende Aktienkurse und oftmals trat das auch ein. Die niedrigen Zinsen belohnten risikofreudige Unternehmen und befeuerten Investitionen, auch wenn diese, aus heutiger Sicht, nicht immer erfolgreich waren.
Zinswende: Gegenwind für Growth
Seit der Zinswende hat sich die Situation grundlegend verändert. Steigende Zinsen drücken auf die Bewertung von Growth-Aktien, da Gewinne erst in der (fernen) Zukunft erwartet werden. Zudem ist es wesentlich teurer und schwieriger geworden existierende Schulden zu refinanzieren. Die Aufmerksamkeit gilt somit wieder vermehrt Value-Titeln: Value-Titel sind Aktien, die an der Börse unterbewertet sind, aber eine stabile Gewinnentwicklung und eine gute Marktposition haben. Auch wenn viele Technologieaktien in der Vergangenheit meist eher der Growth-Kategorie zugeordnet wurden, verschwimmt die Grenze zunehmend. Seit dem steilen Aufstieg von Microsoft in den Neunzigern kann der Konzern inzwischen in die Kategorie Value eingeordnet werden, denn das Unternehmen erwirtschaftet gute Cashflows und profitiert inzwischen durch die gestiegenen Zinsen auch von dem hohen Kassestand in der Bilanz.
Tech-Unternehmen: Aktie oder Anleihe?
Auch wenn Anleger bei Tech-Titeln oft primär an Aktien denken, sollte man Anleihen dieser Unternehmen nicht vergessen. Denn Anleihen sind im aktuellen Marktumfeld oft eine Alternative gegenüber Aktien. Anders als bei Aktien ist man als Anleihehalter kein Miteigentümer des Unternehmens, sondern ein Gläubiger. Anleger sollten daher sicherstellen, dass das Unternehmen Zinsen und Rückzahlungen ohne Schwierigkeiten leisten kann. Fondsmanager prüfen z. B. Schuldenstand, Laufzeiten der Anleihen und mögliche Zinsen für neue Kredite beim Auslaufen der alten. Mit Anleihen bietet sich zudem die Möglichkeit, das Risiko von Kursschwankungen zu steuern, indem man kürzere Laufzeiten ins Portfolio nimmt. Für Privatanleger ist der Unternehmensanleihenmarkt allerdings nur schwer zugänglich. Die Mindestanlagesummen für viele Unternehmensanleihen liegen bei €100.000 - ein Betrag, der für die meisten Endanleger ein zu hohes Klumpenrisiko aufweist. Aus rechtlichen Gründen sind viele Unternehmensanleihen zudem nicht über Broker für Privatanleger erhältlich. Publikumsfonds sind daher geeignete Instrumente.
Anleihen auswählen – aber wie?
Anleihen reagieren auf andere Faktoren als Aktien, und Fondsmanager achten daher auch auf andere Kennzahlen und Indikatoren: Ein starkes Umsatzwachstum oder die Aussicht darauf ist bei Anleihen weniger elementar als bei Aktien, bei denen man vor allem im Growth-Segment hofft, hauptsächlich durch Kursgewinne Geld zu verdienen. Wichtiger ist eine disziplinierte Unternehmensführung, sodass genug Geld für die Zinszahlungen und Rückzahlungen der Anleihen verwendet wird. Prinzipiell sind Anleihen eher risikoärmere Finanzinstrumente im Vergleich zu Aktien und sind daher bei etablierten, stabilen Tech-Konzernen oft ein interessantes Instrument.
Auch wenn Innovation in der Technologiebranche weiterhin wichtig bleibt, kann man ambitionierte Investitionen oftmals reduzieren oder pausieren, sollte es die Marktlage erfordern. Schulden zu bedienen hat für Unternehmen in der Regel eine viel höhere Priorität als die Aktienkurse oben zu halten. Unternehmen können also durchaus mit temporär schwächeren Aktienkursen leben – mit einer Pleite aber nicht.
Fazit
Künstliche Intelligenz und damit der Technologiesektor sind in aller Munde – auch bei Anlegerinnen und Anlegern. Aus der Aktienperspektive weisen etablierte Technologiekonzerne nicht selten Eigenschaften aus der Growth- und Value-Kategorie zugleich auf, was sich auf die gewählte Anlagestrategie auswirken kann. Zusätzlich bieten Anleihen eine interessante Alternative zu Aktien für Anlegerinnen und Anleger, die aber bei der Auswahl von Titeln je nach Anlageklasse unterschiedliche Kennzahlen und Aspekte beachten sollten.
Von Aurelia Seidlhofer, Online Redakteurin bei der DJE Kapital AG