Das Börsenjahr 2023 ist voller Euphorie zu Ende gegangen. Die meisten wichtigen Börsenindizes, darunter der S&P 500, der Nasdaq, der Stoxx Europe 600 und der japanische TOPIX haben das Jahr mit einem deutlichen Plus beendet. Das hätten die wenigsten Marktteilnehmer zu Beginn des Jahres 2023 erwartet. 2023 war damit ein besseres Börsenjahr als die angekündigte scharfe Bremspolitk der US-Zentralbank am Jahresanfang vermuten hätte lassen.
Abkühlende Wirtschaft
Das positive Momentum könnte auch noch zu Jahresbeginn 2024 anhalten, aber wir sehen den hohen Optimismus der Märkte und den scheinbar unerschütterlichen Glauben an eine “weiche Landung” der Wirtschaft in den USA dennoch kritisch. Wir gehen zwar nicht von einem massiven Einbruch an den Märkten aus, stellen uns aber auf eine Abkühlung der Wirtschaft ein.
Ein Grund hierfür ist, dass die Auswirkungen der hohen Zinsen auf die Wirtschaft noch bevorstehen: Höhere Finanzierungskosten und eine vermutlich schwächere Kundennachfrage könnten die Unternehmensgewinne belasten. Vorsicht ist besonders bei Aktien, die stark am deutschen beziehungsweise europäischen Binnenkonsum hängen, geboten. Auch das Risiko einer Rezession in den USA ist noch nicht ausgestanden. In der Vergangenheit haben die Aktienmärkte in den USA, aber auch weltweit auf Zinsrückgänge nur dann positiv reagiert, wenn es nicht zu einer Rezession kam. Die deutsche Wirtschaft dürfte 2024 unter Druck bleiben; der deutsche Aktienmarkt könnte sich aber auch in Zukunft besser schlagen als die Entwicklung der deutschen Wirtschaft. Aus dem Blickwinkel der Gewinnverzinsung der DAX-Unternehmen relativ zur Rendite der 10-jährigen deutschen Bundesanleihen ist der DAX nicht überbewertet.
In den USA und Europa hat die Inflation ihren Hochpunkt überschritten. Aufgrund der massivsten und schnellsten Zinserhöhungen in der Geschichte haben die Fed und die EZB die Inflation unter Kontrolle bekommen. Die Kernraten bei kurzfristiger Betrachtungsweise in Europa sind nur noch bei zwei Prozent und in den USA bei drei Prozent. Was allerdings noch nicht abgeschlossen ist, ist das Thema rund um die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der Konsumenten (Zweitrundeneffekte durch hohe Lohnforderungen). Diese Effekte werden noch einige Zeit bestehen bleiben.
2024 steht eine Vielzahl von Wahlen, insbesondere die Präsidentschaftswahl in den USA, an und es ist daher auch aus diesem Blickwinkel mit Unsicherheiten an den Märkten zu rechnen. Historisch gesehen tendieren Wahljahre bis Mai seitwärts.
Wir fokussieren uns daher insbesondere auf Unternehmen, deren Geschäftsmodell bei hohen Margen weitgehend konjunkturunabhängig ist und die im Idealfall zusätzlich ein gewisses Kostensenkungspotenzial haben. Auf Sektorenebene ist beispielsweise der (Rück-)Versicherungssektor weiter interessant. Hier hat man eine relativ gute Visibilität hinsichtlich des Gewinnwachstums und diese Unternehmen profitieren vom im Vergleich zu den letzten Jahren erhöhten Zinsniveau. In der Vergangenheit haben ferner in Zinssenkungsphasen Pharma-/Healthcare-Titel, Consumer Staples (nicht zyklischer Basiskonsum) und Versorger mit am besten abgeschnitten.
2023 wurde der Aktienmarkt insgesamt stark positiv vom Trend der “Künstlichen Intelligenz” (KI) beeinflusst und wir sehen auch weiterhin Rückenwind für Unternehmen in diesem Bereich. Top-Technologieunternehmen werden weiter massiv in KI investieren.
Weniger optimistisch sind wir für konjunkturabhängige Sektoren wie zum Beispiel die Automobilindustrie.
Chancen & Risiken in Asien und weiteren Schwellenländerregionen
Der chinesische Aktienmarkt blickt auf ein schwieriges Jahr zurück und es ist auch vorerst keine allzu große wirtschaftliche Belebung zu erwarten. China steht vor einem großen Strukturwandel und fällt damit als Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft aus. Auch die Immobilienpreise bleiben voraussichtlich 2024 unter Druck. In manchen Branchen, beispielsweise Elektromobilität, Halbleiter und Finanzdienstleistungen, gibt es allerdings interessante Unternehmen, so dass es in dieser Region vor allem auf gutes “Stock-Picking” ankommen wird.
Die wirtschaftlichen Aussichten für Japan sind weiterhin gut. Die Unternehmen profitieren vom niedrigem Zinsniveau und vom relativ schwachen Yen. Außerdem werden japanische Unternehmen generell effizienter und transparenter. Auch das sogenannte “Friendshoring” begünstigt Japan als Produktionsstandort. Wenn der Yen in den nächsten Monaten steigen würde, wäre das für einige Unternehmen, insbesondere im Finanzbereich, positiv.
Ein starker Profiteur der Verschiebung der globalen Lieferketten beziehungsweise von US-Friendshoring ist ferner Mexiko. Hier steigen die Investitionen weiter stark an und auch 2024 ist mit einer positiven Entwicklung der mexikanischen Wirtschaft zu rechnen.
2024 könnte ein gutes Jahr für Anleihen werden
Nach mehr als 10 Zinsschritten der wichtigsten Zentralbanken scheint das Zinshoch erreicht und somit könnte 2024 ein interessantes Jahr für Anleihen werden. Viele Marktteilnehmer erwarten bereits im ersten Halbjahr Zinssenkungen, denn die Inflation ist sowohl in Europa als auch in den USA spürbar zurückgegangen. Angesichts einer nach wie vor relativ guten Konjunkturentwicklung in den USA halten wir die Erwartungen von bis zu sechs Zinssenkungsschritten in den USA in 2024 für zu hoch. Kurzfristig könnte das Kurspotenzial am Anleihemarkt etwas ausgereizt sein, mittelfristig bleibt das Chance-Risikoverhältnis für Bonds aber aussichtsreich. Anleihen haben in der Vergangenheit generell von sinkenden Zinsen profitiert und sind derzeit insbesondere anhand des Vergleichs der Gewinnverzinsung des US-Aktienmarkts relativ zur Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen attraktiv bewertet.
Wir bevorzugen hier Investment Grade-Anleihen von Emittenten mit guter Bonität. Auch länger laufende Staatsanleihen stufen wir als attraktiv ein. Im High Yield-Bereich sind wir aufgrund der zu erwartenden Abkühlung der Wirtschaft vorsichtig.
Glänzende Aussichten für Gold?
Auch der Goldpreis bleibt ein spannendes Thema. Anfang Dezember erreichte der Goldpreis ein neues Allzeithoch von deutlich über 2.000 US-Dollar pro Feinunze. Die Erwartung, dass die Leitzinsen im Laufe des nächsten Jahres wieder gesenkt werden, unterstützt den Goldpreis. Historisch gesehen ist der Goldpreis oft nach US-Zinspausen gestiegen. Positiv ist aus markttechnischer Sicht, dass die weltweiten Gold-ETF-Bestände 2023 stärker gefallen sind, was dafür spricht, dass viele Investoren in Gold derzeit nicht überinvestiert sind.
Vom Strategie-Team der DJE Kapital AG