Gesundheitssektor nach der US-Wahl: Neue Herausforderungen unter Trump

DJE Kapital AG | 20.02.2025 09:05 Uhr
Sebastian Hofbeck, Analyst und Portfoliomanager bei DJE Kapital AG / © e-fundresearch.com / DJE Kapital AG
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Nach einem für ein US-Wahljahr bemerkenswert starken ersten Halbjahr 2024 verlor der Gesundheitssektor ab Ende August deutlich an Wert (-15% bis Jahresende). Auch nach dem Wahlsieg von Donald Trump setzte sich der negative Trend fort. Einer der Gründe: die Nominierung von Robert Francis Kennedy Junior (RFK Junior) als Gesundheitsminister.

RFK Junior ist ein bekennender Impfgegner und Vorsitzender der Organisation „Children's Health Defense“. Er kritisierte wiederholt die Sicherheit des Zulassungsprozesses von Impfstoffen und äußerte während der Corona-Pandemie kontroverse Ansichten, darunter die Behauptung, der Impfstoff sei einer der gefährlichsten, die jemals hergestellt worden seien. Er stellte auch die Bedrohung durch das Virus in Frage. Im Dezember 2024 sprachen sich 77 Nobelpreisträger in einer beispiellosen Warnung gegen seine Ernennung aus und betonten, dass seine Position „die Gesundheit der Bevölkerung“ gefährden könnte.

Kurswechsel in der US-Gesundheitspolitik?

Seine politische Agenda als nächster Gesundheitsminister bleibt in vielen Punkten weiterhin unklar. Ein zentraler Punkt scheint jedoch der Kampf gegen Fettleibigkeit zu sein. Da er in seiner Funktion auch für Ernährung zuständig ist, plant er schärfere Regulierungen gegen stark industriell verarbeitete Lebensmittel wie Tiefkühlgerichte und Frühstückscerealien. Diese werden mit einem erhöhten Risiko für Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes in Verbindung gebracht. Außerdem will er gegen bestimmte Lebensmittelzusätze und Farbstoffe vorgehen, die in anderen Ländern bereits verboten sind.

Seine größten Reformvorhaben dürften jedoch Impfstoffe, die Finanzierung der US-Arzneimittelbehörde FDA und die Arzneimittelpreise betreffen.

Drohende Kürzungen bei Gesundheitsbehörden

RFK Junior gilt als Kritiker der FDA und hat sich wiederholt kritisch zu deren Struktur und Finanzierung geäußert. Die Behörde, die für die Zulassung und Überwachung von Medikamenten, Impfstoffen, Medizinprodukten und Lebensmitteln zuständig ist, erhält ihr Budget sowohl aus staatlichen Mitteln als auch aus Beiträgen von Unternehmen der Gesundheitsindustrie.

RFK Junior steht insbesondere dem Zulassungssystem kritisch gegenüber. Sollte es zu einer Reform kommen und die FDA dadurch einen erheblichen Teil ihrer Finanzierung verlieren, könnten sich die Zulassungsprozesse verlängern. Dies hätte negative Auswirkungen auf Pharmaunternehmen und Patienten, die auf neue Medikamente warten. Zudem könnte eine Neuorganisation die Kommunikation zwischen FDA und Industrie erschweren – Donald Trump hat der FDA beispielsweise bereits die öffentliche Kommunikation untersagt.

Arzneimittelpreise in den USA im Fokus

Ein weiteres zentrales Ziel der neuen Regierung ist die Senkung der Kosten für das Gesundheitssystem. Die USA haben im internationalen Vergleich die mit Abstand höchsten Arzneimittelpreise - laut RAND Corporation lagen sie 2021 um 344 Prozent über dem Durchschnitt anderer OECD-Länder.

Um diese Kosten zu senken, führte Ex-Präsident Joe Biden im August 2022 den Inflation Reduction Act (IRA) ein. Dieser ermöglicht unter anderem „Preisverhandlungen“ zwischen dem Center for Medicare & Medicaid Services (CMS) und den Pharmaunternehmen. Faktisch bedeutet dies, dass Medicare die Preise für bestimmte Medikamente festlegt und die Pharmaunternehmen zustimmen müssen.

Nachdem im Jahr 2024 die ersten zehn Medikamente in diesen Verhandlungsprozess aufgenommen wurden, veröffentlichte das Center for Medicare & Medicaid Services (CMS) im Januar 2025 eine zweite Liste mit 15 weiteren Medikamenten. Darunter befinden sich unter anderem zwei Medikamente zur Behandlung von Leukämie und Prostatakrebs sowie Präparate zur Behandlung von Diabetes und Fettleibigkeit. Zudem wurden Novo Nordisks Medikamente mit dem Ausgangsstoff Semaglutide auf die Verhandlungsliste gesetzt. Semaglutide ist der Ausgangsstoff für Novo Nordisks Medikamentengruppe, die zur Behandlung von Diabetes und Fettleibigkeit eingesetzt werden. Dementsprechend werden die Preise für die Medikamente Rybelsus, Ozempic und Wegovy nun verhandelt.

Die Liste enthielt keine Überraschungen. Die betroffenen Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Preisnachlässe im Rahmen halten werden. Zudem sind Rabatte im US-System bereits üblich: Laut dem Datenportal IQVIA lagen die tatsächlichen Umsätze der Pharmaunternehmen nach Abzug der Rabatte bei 435 Milliarden Dollar, während die offiziellen Listenpreise bei 917 Milliarden Dollar lagen. Das verdeutlicht, wie stark das US-Gesundheitssystem mit Rabatten lebt.

Trumps Plan: Abschaffung des Zwischenhandels

Ein weiteres Reformvorhaben der Trump-Administration betrifft die Rolle der Pharmacy Benefit Managers (PBMs). Diese Vermittler handeln jedes Jahr Rabatte für Medikamente zwischen Krankenkassen, Apotheken und Pharmaunternehmen aus. Ihr erklärtes Ziel ist es, Kosten zu senken - doch ihre Praktiken stehen seit Jahren in der Kritik.

PBMs entscheiden über die Platzierung von Medikamenten in den Erstattungslisten und haben damit erheblichen Einfluss auf deren Absatz. Zudem profitieren sie von so genannten Spread-Pricing-Modellen, bei denen sie Medikamente günstiger einkaufen und teurer an die Versicherungen weiterverkaufen. Laut einer Analyse von Nephron Research waren im Jahr 2022 rund 24 Prozent der PBM-Gewinne auf diese Mechanismen zurückzuführen.

Donald Trump sieht hier ein erhebliches Einsparpotenzial und will die PBMs aus dem System drängen, um die Einsparungen direkt an die Medikamentenbezieher weiterzugeben. Mit diesem Vorhaben scheiterte er allerdings bereits in seiner ersten Amtszeit. Ob es diesmal gelingt, ist fraglich.

Fazit: Ungeliebt und unterinvestiert

Nach der schwachen Performance im zweiten Halbjahr 2024 bleibt der Gesundheitssektor unter Druck. Laut dem aktuellen Fund Manager Survey der Bank of America sind Investoren im historischen Vergleich im Gesundheitssektor unterinvestiert.

Dennoch konnten vor allem europäische Pharmaunternehmen mit starken Zahlen für 2024 und soliden Aussichten für 2025 überzeugen. Wachstumsstarke Pharmaunternehmen mit klinischen Studienergebnissen in naher Zukunft sollten aus unserer Sicht attraktiv bleiben. Gleichzeitig ist jedoch mit einer höheren Volatilität im Sektor zu rechnen - nicht zuletzt aufgrund der Unsicherheiten durch die neue US-Regierung.

Von Sebastian Hofbeck, Analyst und Portfoliomanager bei DJE Kapital AG

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