Ist Asien weiterhin wettbewerbsfähig?

Die aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens werden zu Recht die Werkbank der Welt genannt. Aber wird Asien angesichts steigender Währungen und Löhne immer mehr Marktanteile an andere aufstrebende Regionen abgeben müssen? Und werden wir mit zunehmender Wettbewerbsfähigkeit der Industrieländer vielleicht sogar eine Umkehrung des Outsourcing-Trends erleben? Janus Henderson Investors | 06.05.2013 04:34 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Auf den Standort kommt es an

Seit 2005, als China auf das System der gleitenden Wechselkursanpassung umstellte, hat der chinesische Yuan um über 25% gegenüber dem US-Dollar aufgewertet, während die Löhne im Verarbeitenden Gewerbe um 165% nach oben geschnellt sind. Im selben Zeitraum betrug der Lohnzuwachs im Fertigungssektor in den USA gerade einmal 19%. Auf den ersten Blick könnte man aus diesen Zahlen schließen, dass die Geschäftskosten in China gestiegen sind und aus dem kleinen Rinnsal der Unternehmen, die in den USA und Europa statt in Asien Produktionsstätten eröffnen wollen, schon bald ein reißender Strom wird.

Aber je nach Standort schwanken die Arbeitskosten in China erheblich. So verdient ein Arbeiter im zentralchinesischen Chongqing im Schnitt pro Monat 25% weniger als sein Kollege in der südchinesischen Provinz Guangdong, in der tausende von Fabriken für den Export produzieren. Noch niedriger sind die Löhne in anderen Provinzen wie Gansu, Guizhou und Jiangxi. Und da China immer noch kräftig in die Infrastruktur investiert, dürfte es den an keinen Standort gebundenen Herstellern dank der Massen an billigen Arbeitskräften vom Land ein Leichtes sein, den andernorts steigenden Anteil der Lohnkosten zu umgehen. 

Löhne sind aber nur ein Teil der Gleichung

Amerika ist es in den letzten acht Jahren auf beeindruckende Weise gelungen, seine Produktivität zu steigern, die mit einem Plus von 21% seit 2005 sogar stärker gewachsen ist als die Löhne im Verarbeitenden Sektor. Das legt den Schluss nahe, dass die Lohnstückkosten im genannten Zeitraum den Rückwärtsgang eingelegt haben. Aber auch China war in Sachen Produktivitätssteigerung nicht untätig: Dort hat sich die Leistung pro Arbeitnehmer von rund 13% des US-Vergleichswerts auf 17% verbessert, was produktivitätsbereinigt rund 40% des Lohnanstiegs ausmacht.

Zudem sind die Löhne nur ein Teil der Personalausgaben. Auf Zusatzleistungen wie Rentenbeiträge, Gesundheitsfürsorge und Urlaubsansprüche entfallen in Amerika etwa 35% der gesamten Personalkosten im Verarbeitenden Sektor. Wichtiger hierbei ist jedoch, dass die Personalzusatzkosten seit 2002 mit einem Anstieg um 51% schneller wachsen als die Löhne, die in der gleichen Zeit um 29% geklettert sind. Auch in China dürften die Kosten für Mitarbeiterleistungen gestiegen sein. Aber insgesamt liegen sie in den aufstrebenden Volkswirtschaften in der Regel doch um einiges unter den Vergleichskosten im Westen. 

Wie sieht es in den anderen asiatischen Ländern aus?

Von höheren Produktionskosten in China müssten andere Länder in Asien eigentlich profitieren. Denn international aufgestellte Unternehmen können ihre Produktionsstätten problemlos dorthin verlagern, wo die Arbeit am billigsten ist. Nutznießer dieses Trends sind Indonesien und die Philippinen, wo die Lohnstückkosten nur etwa ein Drittel des chinesischen Niveaus betragen. Aber berücksichtigt man Produktivität, Infrastrukturengpässe und die Währungsaufwertung, lohnt sich eine Verlagerung letztlich nur für die arbeitsintensivsten Industriezweige.

Steil ansteigende Kosten sind schließlich kein rein chinesisches Phänomen. So sind die Fertigungslöhne 2012 im Durchschnitt in Thailand um rund 13%, in Indonesien um 16%, in Myanmar um 18% und in Vietnam um 21% nach oben geklettert. Zudem wurden in Thailand, Malaysia und Vietnam erstmals Mindestlöhne gesetzlich festgeschrieben. Unterdessen nimmt in den meisten asiatischen Ländern der Druck auf die Politik zu, den tiefen Graben zwischen Arm und Reich zumindest etwas zu schließen. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Löhne weiter anziehen werden, wenn auch nicht ganz so schnell wie in den letzten Jahren, denn ein Großteil der überfälligen Anpassungen ist bereits erfolgt. 

Zugang zu den lokalen Märkten

Die Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit Asiens wird sicher noch eine Weile die Gemüter erhitzen. Fakt ist jedoch, dass der Zugang zu den lokalen Märkten ein ebenso wichtiges Motiv für die Investitionen ausländischer Firmen in Asien ist wie das Ausnutzen niedrigerer Produktionskosten. Noch 2006 wurden 58% der Exportgüter Chinas von ausländischen Unternehmen hergestellt. 2012 ist dieser Anteil auf unter 50% gesunken. Da Chinas Exportleistung im gleichen Zeitraum aber im Durchschnitt um etwa 15% pro Jahr gewachsen ist, führen einige Beobachter den geringeren Exportanteil ausländischer Firmen auf höhere Kosten und die nachlassende Wettbewerbsfähigkeit Chinas zurück. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass China mit seinen im Vergleich zum Westen deutlich höheren Wachstumsraten immer mehr der von ausländischen Firmen produzierten Waren selbst konsumiert, statt sie zu exportieren.

Und darin liegt seit jeher der Reiz für in Schwellenländern investierende Firmen aus dem Ausland. Denn aus einer Investition mit dem ursprünglichen Ziel, von niedrigeren Produktionskosten zu profitieren, entwickelt sich mit den Jahren eine Produktionsbasis, von der ausgehend die Nachfrage der Verbraucher in den prosperierenden Schwellenländern befriedigt werden kann. So paradox es klingen mag, aber ausgerechnet die anziehenden Lohnkosten, die naturgemäß die Produktionskosten nach oben treiben, lassen letztlich auch das verfügbare Einkommen steigen. Und das wiederum facht die Nachfrage im Inland an. 

Kein Ende der Auslandsinvestitionen in Asien in Sicht

Steigende Löhne und Währungen werden zwar dazu führen, dass Asien etwas an Wettbewerbsfähigkeit einbüßt. Aber sicher nicht in einem Maße, dass die Region für Investitionen ausländischer Fertigungsunternehmen gänzlich an Reiz verliert. Auch wenn sich das Augenmerk in den asiatischen Schwellenländern in den kommenden Jahren zunehmend auf den Binnenkonsum richten wird, müssen international agierende Unternehmen dort auch künftig investieren, um sich den Zugang zum gewaltigen Konsumpotential Asiens zu erschließen. 

Mike Kerley, Manager des Henderson Horizon Asian Dividend Income Fund.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.