Die Börsen der Schwellenländer haben eine schwache Performance gezeigt. Hintergrund ist die sich weltweit ausbreitende Nervosität angesichts der Verfassung der chinesischen Wirtschaft. Vor kurzem hat Peking den Yuan abgewertet, um die Konjunktur zu stützen. Beobachter sehen darin eine deutliche Abkehr von der bisherigen Haltung der chinesischen Regierung. Negative Auswirkungen waren nicht nur in rohstoffexportierenden Entwicklungsländern zu spüren, sondern auch in den Industriestaaten, wo viele Unternehmen auf einen gesunden chinesischen Absatzmarkt angewiesen sind.
Nachdem die Anlageinvestitionen in China jahrelang sehr hoch waren, herrscht nun Unsicherheit darüber, wie das Land diese Ausgaben finanziert hat und ob dem chinesischen Finanzsektor möglicherweise ein großes Aufräumen bevorsteht. Unklar ist auch, in welchem Ausmaß sich China Geld im Ausland geliehen haben könnte, was Befürchtungen weckt, aus der gegenwärtigen Situation könnte eine regionale oder sogar globale Finanzkrise erwachsen.
Decken sich die Interessen?
Da wir uns als „Bottom-Up“-Anleger vornehmlich an den Fundamentaldaten orientieren, sind chinesische Aktien in unserer Schwellenländer-Strategie relativ schwach vertreten. Grund dafür ist weniger eine makroökonomische Einschätzung als die aus unserer Sicht mangelnde Interessengleichheit zwischen ausländischen Minderheitsaktionären und dem chinesischen Staat. Selbst wenn wir ein solides, akzeptabel bewertetes staatliches Unternehmen entdecken, müssen wir befürchten, dass es dazu angehalten werden könnte, „dem Land einen Gefallen“ zu tun, etwa durch Rettung anderer, weniger solider Staatsbetriebe.
Bei unserem Investmentprozess geht es deshalb um die Suche nach Unternehmen mit langfristigen Eigentümern, deren Geld in den gleichen Aktien steckt, in die Dritte ebenfalls investieren können. So können wir darauf vertrauen, dass sich die Interessen decken (sprich auch unsere Interessen berücksichtigt werden). Häufig handelt es sich in den Schwellen- und Entwicklungsländern bei Mehrheitsaktionären dieses Typs um Familienunternehmen. Ist das der Fall, können wir die ethischen Werte einer solchen Familie untersuchen, was bei Staatsbetrieben beziehungsweise eigentümerlosen Unternehmen problematischer ist.
Fragen, die wir stellen, sind beispielsweise:
Wie ist die betreffende Familie in der Vergangenheit mit ihren Minderheitsaktionären umgegangen?
Welche Firmen besitzt sie neben dem börsennotierten Unternehmen noch und bestehen Interessenkonflikte?
Gibt es in der Firmenleitung kompetente unabhängige Personen, die eine Aufsichtsfunktion haben?
Macht die Familie Geschäfte mit dem Staat und, wenn ja, wie gelangt sie an Aufträge beziehungsweise Lizenzen?
Welchen Ruf hat die Familie bei Akteuren wie örtlichen Gemeinden und regierungsunabhängigen Umweltorganisationen?
Die Beantwortung von Fragen dieser Art hilft uns, ein Urteil über die Qualität eines Unternehmens zu gewinnen, welches über die Betrachtung der Renditen der Vergangenheit hinausgeht. Wir bevorzugen Erträge, die in einem risikobewussten Rahmen erzielt werden, da dies unserem Absolute-Return-Ansatz in risikoreicheren Märkten mit oft mangelnder Rechtsstaatlichkeit entspricht (im Unterschied zu einem Ansatz, in dem es um die relative Performance geht).
Von Ungewissheit profitieren
Ein weiterer Vorteil langfristiger Eigentümer, wie es beispielsweise Familien sind, besteht darin, dass sie weitsichtige, manchmal dem Marktkonsens zuwiderlaufende Entscheidungen treffen können. Ein professionelles, stärker auf kurzfristige Ergebnisse und den Druck der Börsen fokussiertes Management ist dazu oft nicht in der Lage.
So verkündete der in Familienhand befindliche chilenische Bergbaukonzern Antofagasta kürzlich den Kauf einer erstklassigen Kupfermine, deren Besitzer in finanziellen Nöten steckte. Anders als viele seiner Konkurrenten stand Antofagasta im gesamten zurückliegenden Jahrzehnt finanziell auf soliden Beinen. Ein solches antizyklisches Vorgehen entspricht genau unserer Vorstellung davon, wie sich ein Bergbauunternehmen verhalten sollte. Allerdings wird dafür eine Führungsmannschaft gebraucht, die dem kurzfristigen Druck des Markts zu widerstehen vermag. In diesem Fall war eine Familie der richtige Akteur.
Chancen im Konsumsektor selektiv nutzen
Obwohl unsere Strategie nur begrenzte direkte Positionen in China vorsieht, halten wir einige taiwanesische Aktien, insbesondere von Unternehmen des Konsumsektors mit starkem Engagement in China. Dabei handelt es sich nicht um Staats-, sondern um Privatunternehmen, die in der Vergangenheit zum einen ihre Finanzziele fast immer erreicht und zum anderen die Interessen von Minderheitsaktionären angemessen berücksichtigt haben.
Der Familienkonzern Uni-President Enterprise, unsere größte Position in Taiwan, baut gerade auf dem chinesischen Festland eine Absatzorganisation für Lebensmittel, Getränke und Einzelhandelsprodukte auf.
Außerhalb Chinas und Taiwans erscheinen uns qualitativ gute Konsumwerte in Asien zurzeit meist überbewertet. Die relativ starke Gewichtung des Konsumsektors in unserer Strategie beruht insofern vor allem auf Investments in weniger gefragten afrikanischen und lateinamerikanischen Märkten. Zu nennen sind etwa der Lebensmittelhersteller Grupo Herdez in Mexiko und der Getränkekonzern CCU in Chile. Hinzu kommen einige multinationale Unternehmen, die an den Börsen von Industriestaaten notiert sind, aber über 50% ihres Geschäfts in Schwellenländern abwickeln.
"Risikobewusste Renditen“
Unserer Ansicht nach erfordern Anlagen in den Schwellenländern, wo die Risiken naturgemäß höher sind, einen besonders risikobewussten Ansatz. In Anbetracht der oft mangelnden Rechtsstaatlichkeit in vielen dieser Staaten ist es von essenzieller Bedeutung, an der Seite von Mehrheitsaktionären und Firmenleitungen zu investieren, die einen Ruf für Integrität und eine faire Behandlung ihrer Minderheitsaktionäre haben. Wichtig ist auch, dass solche Unternehmen bei Investitionen in der Regel langfristig denken (wie wir) und dadurch Chancen nutzen können, die sich durch kurzfristige Unsicherheiten am Markt (wie wir sie in letzter Zeit gesehen haben) ergeben. Familienunternehmen mit guter Reputation bieten unseres Erachtens eine geeignete Möglichkeit, um Interessengleichheit zu gewährleisten und für unsere Anleger „risikobewusste Renditen“ zu erzielen.
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Alle Performance-Angaben beinhalten Erträge und Kapitalgewinne bzw. -verluste, aber keine wiederkehrenden Gebühren oder sonstigen Ausgaben des Fond.
Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.