e-fundresearch.com: Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Entwicklungen in diesem Jahr?
John Bennett: Dass sich die bekannten Probleme nicht in Luft aufgelöst haben. Nach wie vor leiden die Industrieländer unter der hohen Verschuldung der öffentlichen Hand, weshalb die Zinsen wohl auf ihrem ultraniedrigen Niveau verharren werden, um die Zinslast zu mindern. Parallel dazu sind die Verantwortlichen in den Zentralbanken offenbar entschlossen, schon bei kleinsten Erschütterungen an den Märkten gegenzusteuern und die Party am Laufen zu halten.
e-fundresearch.com: Sind Sie heute optimistischer oder pessimistischer als am Jahresende 2014 und warum?
John Bennett: Ich bin pessimistischer. Europa scheint zwar verglichen mit den USA und den Schwellenländern weiteres Wertpotenzial zu beinhalten. Nach unserem Dafürhalten haben die Unternehmensgewinne jedoch ihren Zenit überschritten. Für 2016 rechnen wir daher mit mehr Gewinnwarnungen.
Wegen des rückläufigen Wachstums in den Schwellenländern werden nun zunehmend Produkte wie Rohstoffe, Bauteile und Fertigerzeugnisse aus China und anderen asiatischen Ländern zu Schleuderpreisen auf den europäischen Markt geworfen. Das wird die Preissetzungsmacht vieler produzierender Unternehmen unterminieren und die Weichen für einen mehrjährigen Bärenmarkt im Investitionsgütersektor stellen. Letztlich verkleinert sich damit auch das Chancenuniversum für Anleger.
e-fundresearch.com: Was sind aus Ihrer Sicht die prägenden Themen für Ihre Anlageklasse und wie werden Sie dem in Ihren Portfolios Rechnung tragen?
John Bennett: Wir befinden uns in der Endphase des laufenden Konjunkturzyklus, in der es kaum noch Schnäppchen gibt. Als aktiver Fondsmanager ist es zwar ein Klischee zu sagen, wir haben es mit einem Markt für Stockpicker zu tun. Wir sind jedoch überzeugt, dass Aktienanleger in Europa genauer denn je hinschauen müssen, was sie kaufen. Wer einfach den Index kauft, etwa über einen börsengehandelten Fonds (ETF) oder auf andere Art und Weise, dürfte enttäuscht werden, denn letztlich wird der Markt überbewertete Wachstumsaktien früher oder später abstrafen.
Dennoch sehen wir die eine oder andere Nische mit attraktiven Chancen, allen voran bei binnenwirtschaftlich orientierten europäischen Aktien. Wir suchen nach Unternehmen aus Branchen, die gut aufgestellt sind, um von positiven Veränderungen zu profitieren. Auch nach mehr als fünf Jahren bleibt „Pharma“ unser bevorzugtes Thema. Im Oktober mussten Pharmaunternehmen zwar Federn lassen. Schuld waren zunehmende Sorgen, die Preissetzungsmacht der Branche könnte unter dem Wahlkampfgetöse in den USA Schaden nehmen. Aus unserer Sicht ändert die aktuelle „Debatte“ aber nichts an den künftigen Cashflows unserer wichtigsten Pharmabestände. Dennoch bereiten wir uns auf ein turbulentes Jahr vor. Wir sind weiterhin überzeugt, dass die Pharmakonzerne für wirklich innovative Medikamente für bislang ungelöste Gesundheitsprobleme auch künftig die Preise bestimmen können. Wir halten daher an unserer starken Übergewichtung in der Branche fest.