e-fundresearch.com: Welche Lehren ziehen Sie aus den Entwicklungen in diesem Jahr?
Glen Finegan: Das zu Ende gehende Jahr hat unsere Überzeugung untermauert, dass man bessere Anlageentscheidungen trifft, wenn man eine gewisse Distanz zur Marktstimmung und dem damit verbundenen Lärm wahrt. Wir verbringen unsere Zeit lieber mit Diskussionen über die verschiedenen Merkmale und Qualitäten eines Unternehmens als damit, nach möglichen Auslösern für einen Kursanstieg zu suchen.
Ein Merkmal, nach dem wir bei Qualitätsunternehmen Ausschau halten, ist Widerstandsfähigkeit in früheren Abschwungphasen. Wir versuchen also, Firmen aufzuspüren, die in der Vergangenheit makroökonomischen Schwankungen die Stirn geboten haben. Unsere Favoriten sind Unternehmen, die ihre Renditen risikobewusst generieren, denn sie passen besser zu unserem eher absoluten als relativen Renditeansatz für Märkte, die gegenwärtig mit höheren Risiken behaftet sind.
e-fundresearch.com: Sind Sie heute optimistischer oder pessimistischer als vor einem Jahr und warum?
Glen Finegan: Nach einer verglichen mit den meisten Industrieländern längeren Phase mit schwacher Performance an den Aktien- und Devisenmärkten sind etliche Qualitätsunternehmen aus den Schwellenländern bei Anlegern heute deutlich weniger gefragt als früher. Als Bottom-up-Stockpicker freuen wir uns über die sich damit bietende Gelegenheit, die weniger angesagten Märkten nach guten, attraktiv bewerteten Unternehmen zu durchforsten.
So resultiert zum Beispiel unser vergleichsweise hohes Engagement im Konsumsektor aus Anlageideen, die wir in den bei vielen Anlegern zurzeit eher unbeliebten afrikanischen und lateinamerikanischen Märkten identifiziert haben. Beispiele sind der mexikanische Lebensmittelhersteller Grupo Herdez und der chilenische Getränkeproduzent CCU.
e-fundresearch.com: Was sind aus Ihrer Sicht die Kernthemen für Ihre Anlageklasse und wie werden Sie Ihre Portfolios darauf vorbereiten?
Glen Finegan: Für Anlagen in den Schwellenländern, wo die Risiken grundsätzlich höher sind, ist nach unserer Überzeugung ein sehr risikobewusster Investmentansatz unverzichtbar. Das gilt auch für das kommende Jahr. Angesichts der oft mangelnden Rechtsstaatlichkeit in vielen dieser Länder ist es entscheidend, in Unternehmen mit Mehrheitsaktionären und Firmenleitungen zu investieren, die sich seit Jahren durch Integrität auszeichnen und Minderheitsaktionäre fair behandeln.
Wir suchen weiterhin nach Unternehmen mit langfristig orientierten Eigentümern, die ihr Vermögen in die gleichen Eigenkapitalinstrumente investieren, die auch anderen Anlegern zugänglich sind. So ist eher gewährleistet, dass wir gemeinsame Interessen verfolgen. In den aufstrebenden Ländern sind solche Mehrheitsaktionäre nicht selten Eigentümerfamilien.
Sie verfolgen häufig langfristige Interessen, die auch mal konträr zu denen der Geschäftsführung sein können, für die mitunter eher kurzfristige und dem Druck der Aktionäre geschuldete Ziele im Vordergrund stehen.
Ein gutes Beispiel ist das familiengeführte chilenische Bergbauunternehmen Antofagasta. Im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern hat es in den letzten zehn Jahren stets auf eine starke Bilanz geachtet und 2015 eine vielversprechende Kupfermine von einem in Schieflage geratenen Verkäufer erworben. Genau dieses antizyklische Verhalten erwarten wir von einem Minenunternehmen. Es erfordert jedoch ein Führungsteam, das kurzfristigem Marktdruck widerstehen kann, so wie die Eigentümerfamilie von Antofagasta.