Welche Erkenntnisse haben Sie aus 2017 gewonnen?
Charlie Awdry: Eine der wichtigsten Lehren, die wir aus 2017 ziehen können, lautet, niemals die Macht der Dynamik zu unterschätzen. Als Fondsmanager trifft man immer wieder den richtigen Zeitpunkt für den Kauf einer Aktie, der man nach sorgfältigen Analysen ein bestimmtes Kursziel zuweist. Dann erreicht die Aktie dieses Kursziel und man nimmt Gewinne mit, aber der Kurs steigt noch Monate unaufhörlich weiter.
Das verstehe ich unter der Macht der Dynamik. Die Märkte haben die Macht, Aktien, die sie mögen, nach oben zu treiben, und für Anleger ist es sehr schwierig, den richtigen Zeitpunkt für einen Ausstieg zu bestimmen. Deshalb hilft meines Erachtens nur eine strikte Verkaufsdisziplin, bei der die Aktie verkauft wird, wenn sie das Kursziel und die zuvor ermittelte faire Bewertung erreicht hat.
Was sind 2018 die zentralen Themen für Ihre Märkte und wie beeinflussen sie die Positionierung des Portfolios?
Charlie Awdry: Unabhängig davon sehe ich für 2018 einige zentrale Themen in China. An erster Stelle stehen natürlich die Nachwirkungen des Parteikongresses vom Oktober und dass Präsident Xi nun über eine enorme Machtfülle verfügt. Mehr denn je bestimmt er künftig die Agenda für die chinesische Wirtschaft und die Geschicke der Unternehmen im Land.
Für uns heißt das, dass wir uns noch intensiver mit der Politik und den anstehenden Veränderungen im Land beschäftigen müssen. Denn sie könnten sich auf unsere Portfolios auswirken. Das zweite wichtige Thema, das wir für 2018 im Auge behalten sollten, ist die Aufnahme der in Schanghai und Shenzhen gelisteten A-Aktien in die Benchmarks von MSCI.
Künftig werden sie in dessen Welt- und Schwellenländerindizes vertreten sein. Damit verbunden ist aber auch, dass ausländische Anleger diese Märkte genauer ins Visier nehmen werden. Als China-Anleger engagieren wir uns natürlich schon lange im Reich der Mitte und haben einen Teil unserer Portfolios an diesen Märkten und in solche Aktien investiert.
Viele Anleger werden meines Erachtens von der Vielfalt und hohen Qualität chinesischer Unternehmen überrascht sein, denn immer noch halten viele die Märkte für A-Aktien für sehr volatil und unausgereift. Eine Einschätzung, der ich mich im Wesentlichen anschließe. Aber wenn man sich intensiv mit den Unternehmen beschäftigt, ist man doch von der mitunter hohen Qualität überrascht.
Und das letzte spannende Thema für 2018 bleibt die altbekannte Frage, ob man lieber in Growth- oder in Value-Aktien investieren sollte. 2017 war definitiv ein Superjahr für Growth-Anleger. Wachstumswerte haben sich fantastisch entwickelt. Deshalb stehen sie momentan hoch im Kurs, sind begehrt und ziemlich teuer.
Wir haben unser Portfolio im Jahresverlauf jedoch stärker auf Value-Titel bzw. neutraler ausgerichtet. Möglicherweise engagieren wir uns 2018 auch in einigen derzeit wenig beliebten Marktbereichen mit etwas mehr Tendenz zu Substanzwerten, um höhere Renditen zu generieren.
Was sind 2018 die zentralen Risiken und Chancen?
Charlie Awdry: Wenn es um attraktive Chancen am chinesischen Markt geht, dreht sich alles um den steigenden Konsum im Reich der Mitte. Und in diesem Bereich gibt es einige sehr interessante Firmen, die sich zurzeit auf Erholungskurs befinden. Chinesische Sportmarken sind in dieser Hinsicht gerade sehr verlockend.
Und dann wäre da noch ein anderer Nebeneffekt bei den ungeliebten Value-Sektoren: Sie könnten für eine Überraschung sorgen, denn sie werden eher stiefmütterlich behandelt und sind sehr günstig bewertet. Sie sollte man vielleicht genauer unter die Lupe nehmen.