Wertentwicklung und Investitionstätigkeit im 4. Quartal 2017
Aktien aus Schwellenländern verbuchten im Quartal Kursgewinne gemessen in Pfund Sterling. Zu den Spitzenreitern gehörten die Märkte in Südafrika und Indien, während ihre Pendants in Mexiko, Pakistan und den Vereinigten Arabischen Emiraten die Schlusslichter bildeten.
Die Bedeutung gleicher Interessen
Anfang Dezember brach das Team zu seiner Reise nach China auf, die es von Peking über Hangzhou und Shenzhen bis nach Hongkong führte. Station machten wir bei Unternehmen, in die die Strategie bereits investiert bzw. die wir für werthaltig genug halten, um sie eines Tages ins Portfolio zu nehmen. Überrascht hat uns, wie ausgereift viele Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen inzwischen sind. Das passt unseres Erachtens nicht zu den hohen Aktienbewertungen, die anhaltend rasantes Wachstum nahelegen.
Seit Langem halten wir es für überaus wichtig, dass unsere Interessen als Minderheitsaktionäre mit denen der Eigentümer der Firmen, in die wir investieren, übereinstimmen.
Chinas Wirtschaft zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sich staatliche Kontrolle nicht nur in Form von Politik, Gesetzen und Förderanreizen manifestiert, sondern auch durch die direkte Einflussnahme auf Unternehmen. Und selbst wenn der Staat ein Unternehmen nicht direkt kontrolliert, kann die Regierung es jederzeit nach ihrer Pfeife tanzen lassen. Das führt zur paradoxen Situation, dass große Unternehmen mit hohen Cash-Reserven anders als in anderen Ländern nicht weniger, sondern mehr Risiken ausgesetzt sind.
Was aber nicht heißen soll, dass unsere Interessen und die des chinesischen Staates nie zusammenpassen. Pekings gut in Szene gesetztes Bemühen, nach dem Melamin-Skandal 2008 die Schwachstellen in der Milchlieferkette auszumerzen, hat der staatlichen China Mengniu Dairy die Türen zu einer erfolgreichen Partnerschaft mit den multinationalen Konzernen Danone und Arla geöffnet.
Auf unserer Tour im Dezember besuchten wir auch zwei von der China Resources (CR) Gruppe kontrollierte Firmen. CR wurde 1938 in Hongkong gegründet, um Kapital und Ausrüstung für die Volksbefreiungsarmee zu beschaffen. Mit den Jahren mauserte sie sich zu einer Handelsgesellschaft im Auftrag der Volksrepublik. Und seit der zunehmenden Öffnung des Landes erstreckt sich ihr Kaufmannsgeist nun auf staatliche Unternehmen in allen Wirtschaftszweigen von alkoholischen Getränken bis Zement.
Wir trafen uns mit Vertretern von CR Phoenix, einem Krankenhausbetreiber, und CR Pharma, das Arzneimittel entwickelt und vertreibt. Die durch die Alterung der Bevölkerung verursachten Kosten stellen das Land vor große Probleme. CR wurde daher beauftragt, Lösungen zur Kostensenkung und für mehr Transparenz im Gesundheitswesen zu entwickeln. Die Arbeit hat gerade erst begonnen, denn noch sind die meisten Krankenhäuser im Besitz des Staates, sodass CR Phoenix nach Schätzungen gerade einmal auf 0,2 Prozent Marktanteil kommt. CR Pharma ist eines von drei Unternehmen, die den Arzneimittelvertrieb im Reich der Mitte bündeln. Zusammen beläuft sich ihr Marktanteil nach Unternehmensschätzungen auf etwa 33 Prozent verglichen mit über 90 Prozent in den USA. Die spannende Frage für uns als Anleger lautet aber, welche Rendite die Regierung CR für das Erbringen dieser Dienstleistungen zugesteht.
Portfolioaktivitäten
Bei Femsa, dem mexikanischen Einzelhandels- und Getränkekonzern, bauten wir eine neue Position auf. Von einer auf Mexiko konzentrierten Brauerei und einem Abfüller von Coca-Cola hat sich Femsa in den letzten zehn Jahren zu einem Konzern mit der Supermarktkette OXXO als wichtigstem Standbein entwickelt. OXXO ist eine der am besten geführten und wachstumsstärksten Einzelhandelsketten in den Schwellenländern. Das Gesamtgeschäft leidet jedoch unter Ertragsdruck bei Coca-Cola Femsa, dem wiederum diverse jüngere Akquisitionen im Abfüllbereich zu schaffen machen, die restrukturiert werden müssen. Damit ist die Aktie für wirklich langfristig orientierte Anleger auf attraktive Bewertungsniveaus gefallen. Wir gehen davon aus, dass die Rendite im Abfüllgeschäft wieder steigen und das Einzelhandelsgeschäft weiterhin robust wachsen wird.
Darüber hinaus nahmen wir den südafrikanischen Hotelbetreiber City Lodge ins Portfolio, der sich auf Geschäftsreisen spezialisiert hat. Das Unternehmen unterhält mehr als 50 Hotels, von denen sich sieben in anderen Ländern befinden. Bei unserer letzten Reise nach Südafrika trafen wir uns auch mit Vertretern von City Lodge und waren beeindruckt von dessen Qualität, der geringen Kostenstruktur des Geschäftsmodells und dem überaus erfahrenen Managementteam. Die operative Performance und die Aktienbewertung sind eher schwach und haben daher unseres Erachtens auf lange Sicht noch reichlich Luft nach oben.
Die Position beim weltweit tätigen indischen Pharmaunternehmen Dr Reddy’s Laboratories verkauften wir, um mit den Erlösen überzeugendere Anlagechancen zu finanzieren. Die Unfähigkeit des Managements, die Produktionsstandards der US Food & Drug Agency (FDA) zu erfüllen, hat uns enttäuscht, und in der aktuellen Bewertung scheinen Rentabilitätsverbesserungen bereits eingepreist, was wir für unangebracht halten.
Anlagestrategie
Im Quartalsverlauf blieben unser Ausblick und auch unsere Anlagestrategie weitgehend unverändert. Wir verfolgen einen Anlageansatz mit langem Horizont, was sich in der geringen Umschlagshäufigkeit von 12 Prozent pro Jahr widerspiegelt. Sie liegt damit leicht unter der Umschlagshäufigkeit, die man bei einer solchen Strategie erwarten würde, und spricht für unsere akribische Titelauswahl zur Anlage neuen Kapitals in einer Zeit mit positiver Anlegerstimmung gegenüber weiten Teilen des Schwellenländeruniversums. In den letzten 24 Monaten hat die Anlageklasse hohe absolute Gewinne verbucht. Parallel dazu ist die Risikotoleranz der Marktteilnehmer gestiegen. Unsere Vorsicht wächst jedoch, sodass wir die Cash-Position 2017 aufgestockt haben.
Auf Länderebene beobachten wir die Entwicklungen in Südafrika und Brasilien sehr genau und auch die potenziell positiven Veränderungen, die sich auf die in diesen Ländern tätigen Unternehmen auswirken könnten. 2016 forderten die Wähler der aufstrebenden Mittelschicht Südafrikas den regierenden ANC unmissverständlich dazu auf, stärker gegen Korruption in den eigenen Reihen vorzugehen und mehr für bessere Lebensbedingungen zu tun. Die vor Kurzem erfolgte Wahl von Cyril Ramaphosa zum Vorsitzenden des ANC zeigt, dass die Mehrheit der ANC-Delegierten die mit den zahlreichen Korruptionsskandalen verbundenen Gefahren erkannt hat. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Wirtschaftslage und die Investitionsbereitschaft tatsächlich verbessern. Aber die Wahl des neuen Vorsitzenden war ein Schritt in die richtige Richtung. In Brasilien scheinen anhaltende politische Skandale die Umsetzung marktfreundlicher Reformen zu verzögern. Ein Lichtblick ist jedoch, dass korrupte Politiker inzwischen zur Verantwortung gezogen werden, was sich positiv auf die Glaubwürdigkeit der politischen Institutionen im Land auswirkt, an der es in vielen Teilen der Welt mangelt.
Aussichten
Auch auf die Gefahr hin, uns zu wiederholen, aber in den letzten zwölf Monaten ist die Begeisterung für Risikoanlagen kontinuierlich gestiegen. Gleiches gilt für die Nachfrage nach Vermögenswerten aus Schwellenländern. In den Kursen etlicher eher zyklischer Aktien minderer Qualität sind offenbar neben einer anhaltend starken Wirtschaft auch günstige geldpolitische Rahmenbedingungen für längere Zeit eingepreist. Wir sehen jedoch die Gefahr eines übertriebenen Optimismus und einer gewissen Selbstgefälligkeit an den Finanzmärkten. Deshalb glauben wir, dass wir auch künftig keine Kompromisse bei der Qualität machen, eine langfristige Perspektive einnehmen und an unserer strikten Bewertungsdisziplin festhalten sollten.
Als langfristig orientierte Anleger schätzen wir die Aussichten für Aktienanleger in den Schwellenländern dennoch positiv ein. Nicht zuletzt wegen der Möglichkeit, über Aktienanlagen von strukturellen Trends wie dem steigenden Lebensstandard in Teilen der Entwicklungsländer zu profitieren.
Glen Finegan, Leitung Bereich Schwellenländeraktien, Janus Henderson