Wie schätzen Sie die Zentralbanken auf ihrem Pfad zu einer geldpolitischen Normalisierung ein?
Nick Maroutsos: Unserer Einschätzung nach reagieren die meisten Zentralbanken eher auf wirtschaftliche Entwicklungen in ihren jeweiligen Ländern, statt sie vorwegzunehmen. Eine geldpolitische Normalisierung ist für sie kein Selbstzweck. Diese abwartende Haltung ist durchaus angebracht, denn die Weltwirtschaft steht auf wackligeren Füßen, als es auf den ersten Blick erscheint. Verschiedene Indikatoren deuten auf eine Verlangsamung des weltwirtschaftlichen Wachstums hin. Inflationsängste halten wir daher für übertrieben. Außerdem verspricht die US-Notenbank Fed gerne viel, was sie aber letztlich oft nicht hält. Und genau das dürfte auch dieses Mal der Fall sein. Wenn Wachstum oder Inflation sich beschleunigen, können die Zentralbanken immer noch mit mehr Tempo bei den Zinserhöhungen gegensteuern.
Worin könnten die Märkte in ihrer Einschätzung zur wirtschaftlichen Lage von den Notenbanken abweichen?
Nick Maroutsos: In einem Klima des Wachstums geben Anleger in Erwartung von Zinserhöhungen oft Risikoanlagen den Vorzug. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass die Fed ihr Inflationsziel dieses oder nächstes Jahr erreicht. Welche Vorteile die US-Steuerreform mit sich bringen wird, bleibt abzuwarten. Zudem geht vom Teilrückzug aus dem globalen Handelssystem, das den Volkswirtschaften über Jahrzehnte zu ansehnlichem Wachstum verholfen hat, ein nicht zu unterschätzendes Risiko aus. Zu Recht konzentriert sich die Fed zur Bestimmung ihres künftigen Kurses auf die Lage am Arbeitsmarkt und die Inflation. Aber in letzter Zeit halten sich die Währungshüter bei ihren Äußerungen zum steigenden Preisdruck eher zurück. Die Zentralbanken werden unseres Erachtens keine geldpolitische Fehlentscheidung riskieren, indem sie die Zinszügel zu schnell anziehen. Wir erwarten daher, dass sich die Zinsen in den USA innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen werden und darüber hinausgehenden Zinsschritte mit Bedacht erfolgen. Für eine Begrenzung dieser Bandbreite nach oben dürften renditehungrige Anleger außerhalb der USA sorgen, denn US-Treasuries sind verglichen mit anderen Staatsanleihen attraktiv.
Wie können Bond-Anleger in einem Klima mit weniger entgegenkommender Geldpolitik die anvisierten Renditen erzielen?
Nick Maroutsos: Wir halten es für besonders wichtig, geografisch und in Bezug auf die Duration attraktive Chancen unabhängig von Benchmarks zu nutzen. Das derzeitige Anlageumfeld scheint für Absolute-Return-Strategien günstig, da sich verschiedene Länder in unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus befinden. Die Fed wird die Zinsen unseres Erachtens zwar möglicherweise nicht so schnell wie geplant erhöhen, Australiens Notenbank hat jedoch definitiv eine Pause eingelegt und könnte sogar eine Zinssenkung vornehmen. In diesem Kontext ist die Flexibilität, die Duration in Australien zu erhöhen und gleichzeitig einen vorsichtigeren Ansatz in den USA zu verfolgen, eine taktische Möglichkeit, mit der flexible, benchmark-unabhängige Anleger ihr Portfoliorisiko reduzieren können. Empfehlenswert könnte in diesem Umfeld auch ein gewisser Abstand von den globalen Benchmarks sein, indem man das Engagement auf europäische Unternehmensanleihen begrenzt. Unseres Erachtens entschädigen die Renditen in Europa Anleger einfach nicht ausreichend für das politische und wirtschaftliche Risiko, das sie mit einer Anlage auf dem alten Kontinent eingehen. Im Bereich Unternehmensanleihen täuschen Strategien, die am unteren Ende der Kapitalstruktur nach Rendite suchen, defensive Merkmale von festverzinslichen Anlagen nur vor und bieten daher in einem Klima mit Risikoscheu kaum Schutz.