Steigende Inflationserwartungen: Fixed-Income Fondsmanager im Interview

John Pattullo und Jenna Bernard, Co-Leiter des Janus Henderson Strategic Fixed Income Fonds, bewerten die Folgen steigender Inflationserwartungen in Industrieländern und äußern sichdazu, ob sich die höhere Inflation etablieren wird. Janus Henderson Investors | 28.06.2018 11:11 Uhr
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Welchen Einfluss haben steigende Inflationserwartungen auf die weltweiten Staatsanleihemärkte? Und was ist mit den Spreads?

 

Jenna Bernard: Seit Jahresanfang sind die Anleiherenditen rund um den Globus aufgrund einer Mischung aus höheren Inflationserwartungen und auch einem gewissen Anstieg der Realrenditen gestiegen. Das überrascht uns nicht wirklich angesichts der weltweiten Konjunkturbelebung, die zwar ermutigend ist, aber auch der Spätphase des Zyklus geschuldet ist. Daher erhöht die US-Notenbank (Fed) die Kurzfristzinsen weiter, was die Kurve am kurzen, aber nicht so sehr am langen Ende steigen lässt.

Parallel dazu haben sich die Spreads zu Unternehmensanleihen insgesamt geweitet. Letztere verengten sie sich zwar wie erwartet rein rechnerisch, als Staatsanleihen im Januar unter Verkaufsdruck gerieten. Im Februar und März weiteten sich die Spreads jedoch wieder. Besonders schwach tendierte dabei das US-Investment-Grade-Segment. Hochzinsanleihen zeigten sich widerstandsfähiger dank ihrer höheren Zinskupons und kürzeren Duration. Deshalb ist ihre Zinssensitivität geringer und verbuchten sie eine bessere Performance. Generell haben sich die Spreads parallel zu den steigenden Staatsanleiherenditen geweitet, was recht ungewöhnlich ist.

Steht in den Industrieländern in Sachen Inflation ein Paradigmenwechsel bevor?

John Pattullo: Das Thema Inflationsanstieg betrifft vor allem die USA. Die Inflationsdaten der letzten Monate entsprachen in den meisten Ländern wie z. B. in Großbritannien, Europa und Australien entweder den Erwartungen oder lagen leicht darunter. Von dem spätzyklischen Inflationsnarrativ in den USA sind sie weit entfernt. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass selbst in den USA die Kerninflation über weite Strecken des nun schon fast zehn Jahre dauernden Konjunkturzyklus hinter dem Inflationsziel der Fed zurückblieb. Daher sollten wir die Geschehnisse richtig einordnen: ein bisschen spätzyklischer Preisauftrieb (unter den Erwartungen) in den USA? – Ja. Ein größerer Paradigmenwechsel? – Nein, den sehen wir derzeit nicht. Nach unserer Einschätzung neigen viele dazu, die aktuellen spätzyklischen Entwicklungen in den USA zu stark zu extrapolieren.

In den nächsten Monaten wird sich der Preisauftrieb unseres Erachtens ein wenig beschleunigen, insbesondere die Gesamtinflation infolge steigender Ölpreise. Gleiches dürfte für die Kerninflation gelten, die sich aber bereits im Herbst nach Erreichen ihres Höhepunkts mit den nachlassenden Basiseffekten und den vielleicht wieder sinkenden Ölpreisen erneut abschwächen könnte. Wir erwarten jedoch keinen merklichen Anstieg der Kerninflation. Nach unserer beider Einschätzung verwechseln die Märkte die Art der Inflation, mit der sie es zu tun haben, mit einem strukturellen Ausbruch aus dem bisherigen Regime. Dennoch müssen wir die im Auge behalten, denen die Gesamtinflation Sorgen bereitet, welche aus unserer Sicht aber schon bald ihren Höchststand erreicht. Für uns als Anleihemanager ist das eine aufregende Zeit.

Wo finden Sie jetzt, wo die Zentralbanken vieler Industrieländer ihre Leitzinsen wieder erhöhen, die besten Anlagechancen?

Jenna Bernard: Seit Januar beobachten wir, wie sich der globale Konvergenzhandel, mit dem Anleger darauf setzten, dass andere Zentralbanken dem Vorbild der Fed folgen und ihre Zinsen erhöhen würden, nach und nach auflöst. Die australische Zentralbank hat sehr deutlich gemacht, dass sie derzeit nicht auf den steigenden Zinspfad umschwenkt. Die Bank von England musste von ihrem im November begonnenen Straffungszyklus wieder Abstand nehmen, und die Bank von Kanada zeigte sich jüngst wieder etwas zurückhaltender. In den letzten Monaten ist die Weltwirtschaft nicht mehr ganz so synchron gewachsen, und die Situation hat sich im Vergleich zum Ende letzten Jahres merklich verändert.

Was die Anlagechancen angeht, erwarben wir im Februar nach dem Ausverkauf im Januar Staatsanleihen aus Australien, Kanada, Schweden und Deutschland und erhöhten so die Duration. Die Duration steuern wir taktisch und bleiben flexibel, weil wir uns in der Spätphase des Zyklus befinden. In vielen Volkswirtschaften erreichen die Renditen aus unserer Sicht derzeit ihren Zenit, aber dieser Prozess kann recht unstet verlaufen. Die größte Chance in diesem Jahr sehen wir in einer deutlichen Verlängerung der Duration, auch in den USA. Aber den richtigen Zeitpunkt dafür haben wir noch nicht erreicht und müssen uns noch etwas gedulden. Gegenwärtig setzen wir also auf eine stärkere Divergenz, d. h. unterschiedliche Volkswirtschaften befinden sich in unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus.

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