Welche zentralen Themen werden die Märkte 2019 vermutlich maßgeblich beeinflussen?
John Bennett: Aus meiner Sicht sehen wir langsam Hinweise auf einen möglichen Führungswechsel an den Märkten. Das müssen aber nicht unbedingt dauerhafte Veränderungen sein. Möglicherweise wird es sich nur um Gewinnmitnahmen in besonders erfolgreichen oder überhitzten Marktsegmenten handeln - nämlich den kleinen und mittelgroßen Wachstumswerten, den sogenannten Small und Mid Caps. Es könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass der lange Bullenmarkt bei Small und Mid Caps im Vergleich zu ihren großen Wettbewerbern vorüber oder zumindest keine Einbahnstraße mehr ist. Disruptoren, Wachstumswerte und Momentum-Aktien (die Nutznießer günstiger Markttrends), haben einen sehr hohen Vertrauensvorschuss erhalten, insbesondere wenn es um technische Disruption geht. Das ist zum Teil gerechtfertigt, aber meiner Meinung nach auch zum Teil unbegründet.
Die Investmentbranche ist bekannt für ihr Schwarz-Weiß-Denken. Aber nach 31 Jahren Branchenerfahrung sehe ich auch immer mehr Grautöne dazwischen. Im Moment erscheinen die Bewertungen in Europa im Vergleich zu den USA attraktiv. Für sich betrachtet bedeutet das jedoch keineswegs, dass europäische Unternehmen per se ein guter Kauf wären. Viele von ihnen sind zu Recht in Ungnade gefallen. Die nächsten Jahren könnten uns meines Erachtens häufig an die Fabel von Hase und Igel erinnern. Ich denke, dass wir in Europa immer noch den einen oder anderen „Igel“ identifizieren können. Das heißt ein paar wirklich gute Unternehmen, die hohe Cashflows generieren und langfristig zu den Gewinnern gehören werden, auch wenn Firmen wie Facebook, Amazon, Netflix, Alphabet oder Tesla heute noch wie Hasen davoneilen.
Wo sehen Sie die größten Anlagechancen und -risiken in Ihrer Anlageklasse?
John Bennett: Ich möchte hier über keine Anlageklasse den Stab brechen, nur weil sie vielleicht etwas mehr Schein als Sein ist. Andererseits möchte ich mich auch nicht zum Fürsprecher für eine Anlageklasse aufschwingen, nur weil ich sie zufällig gerade manage. Aber vor allem in diesem Jahr habe ich beobachtet, dass am europäischen Markt etliche Kinder mit dem Bade ausgeschüttet wurden, sowohl auf Aktien- wie auch auf Allokationsebene. In jedem Sektor gibt es großartige Unternehmen, die zufällig in Europa gegründet wurden oder hier ihren Sitz haben und beim Ausverkauf an den Aktienmärkten zu Unrecht verramscht wurden. Ich werde daher nach und nach ganz allmählich wieder in die Aktien einsteigen, die zu Unrecht aus den Portfolios verbannt wurden. Nach meiner Einschätzung dürften uns Unternehmen, deren Kurse weiter gestiegen sind und die den jüngsten Marktschwankungen die Stirn geboten haben wie z.B. Technologieaktien, noch echte Probleme bereiten.
Wie haben die Erfahrungen in diesem Jahr Ihre Herangehensweise oder Ihren Ausblick für 2019 verändert?
John Bennett: Zu Beginn des Jahres waren wir der Meinung, dass wir zumindest auf eine längst überfällige Abkühlung oder Schwächephase zusteuern würden. Und so ist es auch gekommen. Ich hatte den Eindruck, dass das globale Wachstum im ersten Quartal seinen Zenit erreicht hatte. Im weiteren Verlauf haben wir uns daher auf die Aktien in unseren Portfolios und auf das Stockpicking konzentriert.