Zentrale Erkenntnisse
- Zunehmend wird deutlich, dass die Volkswirtschaften einen erheblichen Rückschlag erleiden, während ein Land nach dem anderen auf die Ausbreitung des Virus reagiert.
- Im Vergleich zur globalen Finanzkrise von 2008 haben sich die Märkte Mitte März in einem Tempo abwärtsbewegt wie noch nie zuvor.
- Da die weitere Entwicklung in nächster Zeit kaum absehbar ist, dürften die starken Kursschwankungen an den Märkten anhalten, während die Anleger zu quantifizieren versuchen, ob die Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus und der wirtschaftlichen Auswirkungen erfolgreich sein werden.
- Globale Staatsanleihen entwickeln sich in untypischer Weise parallel zu riskanten Assets. Long-Positionen in Duration haben daher nicht zwangsläufig die negativen Effekte der Ausweitung der Credit-Spreads ausgeglichen. Zur Absicherung gegen eine weitere Abwärtsbewegung bei Credits haben wir die Position in Derivaten auf Credit-Indizes aufgestockt.
Hintergrund
Nachdem die Sorgen um das Coronavirus mehrere Wochen lang verworfen wurden, fährt ein Land nach dem anderen seine Wirtschaft herunter, um der Bedrohung der Bevölkerung durch das Virus entgegenzuwirken. Die Märkte haben im März darauf heftig reagiert. So kam es bei Aktien zu einem Kursrutsch und die Rendite als „sicherer Hafen“ geltender 10-jähriger US-Staatsanleihen fiel auf Rekordtiefs. Die Regierungen und Notenbanken sehen sich gezwungen, extreme Maßnahmen zu ergreifen, um die Folgen eines möglicherweise starken Einbruchs der Weltwirtschaft auszugleichen. Wir gehen davon aus, dass die Regierungen und Notenbanken zu gegebener Zeit noch mehr zur Stützung des Systems tun werden.
Angesichts dieser außergewöhnlichen Umständen werden die verstärkten Kursschwankungen an den Finanzmärkten voraussichtlich anhalten und die Risikobereitschaft wird gering bleiben. Dafür sprechen sowohl die Gefahren für die Gesundheit der breiten Bevölkerung als auch die wirtschaftliche Unsicherheit. Die einzigen gesamtwirtschaftlichen Daten, die den Zeitraum seit dem Aufkommen der Sorgen um das Coronavirus ausreichend abdecken, waren hauptsächlich die Gewinnrevisionen der Unternehmen, die zeitweilige Schließung von Geschäften und Unternehmen in Asien sowie die Folgeeffekte der Unterbrechung der Lieferketten. Die Daten aus China, die die Abriegelung um den chinesischen Neujahrstag herum berücksichtigen, stellen sich unerfreulich dar: So erreichte der Rückgang der Industrieproduktion mit 13,5 % einen Rekordwert und die Einzelhandelsumsätze fielen in den ersten beiden Monaten des Jahres um mehr als 20 %. Verschärfend hinzu kam der Einbruch des Ölpreises auf rund 30 US-Dollar pro Barrel, nachdem Russland und die OPEC sich nicht über Produktionskürzungen einigen konnten und Saudi-Arabien anschließend die Erhöhung seiner Ölförderung und die Senkung der Preise ankündigte.
Den Marktteilnehmern ist bewusst, dass das Herunterfahren weiter Teile der Wirtschaft in mehreren Ländern zu einem schwerwiegenden Einbruch der BIP-Daten führen wird – nicht nur in den einzelnen Ländern selbst sondern auf globaler Ebene. Binnen weniger Tage wurde die Diskussion darüber, ob es zu einer Rezession kommt, von der Frage abgelöst, wie stark diese ausfallen wird.
Positionierung
- Wir behalten eine defensive Ausrichtung bei. Diese beinhaltet Positionen in Wertpapieren mit höheren Ratings, eine Anhebung der Liquiditätsquote, wo das möglich ist, und eine Konzentration des Engagements in Unternehmensanleihen auf kurze Laufzeiten, was in nächster Zeit eine stabilere Entwicklung ermöglichen sollte. So erfolgt bei kurzfristigen Wertpapieren nun eine raschere Anpassung an eine mögliche weitere Ausweitung der Credit-Spreads. Zudem sollten die Kursschwankungen im Kurzläuferbereich geringer ausfallen, da sich die Zinsen in der Nähe des Nullpunkts befinden.
- Die Portfolioduration lag Mitte März bei rund 1,5 Jahren, d. h. am oberen Ende der Bandbreite unserer Strategie. Dabei konzentrieren sich die Positionen auf den Laufzeitbereich von zwei bis fünf Jahren. Wir hatten damit gerechnet, dass die US-Notenbank (Fed) ihre Geldpolitik lockert und hatten bereits eine längere Duration bevorzugt, bevor die jüngsten Risikoereignisse die Volatilität nach oben trieben. Die Reserve Bank of Australia war die erste Notenbank, die ihre Leitzinsen senkte (und anschließend eine quantitative Lockerung ankündigte), gefolgt von der Fed und der Bank of England, die ebenfalls proaktiv handeln wollten. Zuletzt haben Staatsanleihen eine positive Korrelation mit riskanten Assets aufgewiesen, d. h. die Staatsanleihenrenditen sind gestiegen, während sich die Credit-Spreads ausgeweitet haben. Aus diesem Grund hat sich unsere verlängerte Durationsposition als weniger wirksam zur Absicherung erwiesen.
- Vor dem Ausverkauf bei riskanten Assets wir bereits die Credit Spread-Duration verringert, als sich die Spreads in der Nähe historischer Tiefstände befanden. Wir hatten rund 20 % unseres Credit Spread-Exposures mithilfe von Credit Default Swaps (CDS) abgesichert. Wir hatten allerdings nicht das Ausmaß der Schwäche erwartet, dass im März bei Investment Grade Credits zu verzeichnen war. So stieg der durchschnittliche Spread (optionsadjustiert) des Bloomberg Barclays US Aggregate Corporate Bond-Index im Monatsverlauf um mehr als 200 Basispunkte an (Quelle: Bloomberg, Stand: 19. März 2020). Bis 20. März 2020 hatten wir die Credit Spread-Duration auf rund 1,2 Jahre verringert.
- Unser Exposure gegenüber dem Energiesektor umfasst einwöchige Commercial Paper, die von Pipelinebetreibern emittiert wurden. Wir glauben, dass diese Commercial Paper die Aussicht auf Mehrertrag bieten, ohne mit wesentlich mehr Risiko einherzugehen, da sie kurzfristiger Natur sind.
- Wir streben eine weiterhin erhöhte Liquiditätsquote an und investieren jeden Überschuss vorerst in kurzlaufende Commercial Paper.
Ausblick
Da sich die Leitzinsen bereits nahe der Nulllinie befinden, gehen wir in unserem Basisszenario davon aus, dass die US-Notenbank diesbezüglich kaum noch Handlungsspielraum hat. Deshalb rechnen wir mit einer weiteren quantitativen Lockerung der Geldpolitik sowie zusätzlichen Anreizmaßnahmen seitens der Fiskalpolitik. Die Mitte März angekündigten Maßnahmen der Regierungen, wobei das fiskalpolitische Stützungspaket in Großbritannien 15 % des BIP ausmachte, sind eine erste Antwort auf den Ernst der Lage. Ob dieser Schritte jedoch ausreichen, hängt von der Dauer der Einschränkungen ab, mit den wir derzeit konfrontiert sind.
Auch wenn die Dauer der Coronavirus-Pandemie schwer vorherzusagen ist, erfolgt angesichts niedriger Zinsen, praktisch keiner Inflation und reichlicher Anreizmaßnahmen wahrscheinlich eine Erholung in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten. Da wir uns jedoch in einem außergewöhnlichen Umfeld befinden, lassen sich möglicherweise keine Parallelen zu früheren Aufwärtsbewegungen ziehen. Niemand kann mit Gewissheit sagen, ob die Eindämmung des Virus weltweit Erfolg hat oder wie lange die Volkswirtschaften heruntergefahren bleiben. Die damit einhergehende geringe Absehbarkeit der weiteren Entwicklung wird unseres Erachtens die Kursschwankungen an den Märkten hochhalten. Von daher sollte sich unsere defensive Ausrichtung in gewissem Umfang positiv bemerkbar machen.