Zentrale Erkenntnisse:
- Die Vorgaben zum Abstandhalten und das Vermeiden zu großer Nähe zu den Kollegen lässt vermuten, dass mehr Büroraum pro Arbeitnehmer benötigt werden könnte.
- Die negativen Auswirkungen auf den Bereich Büroimmobilien dürften bei älteren und weniger hochwertigen Gebäuden ausgeprägter sein, die sich weniger gut an sich wandelnde Anforderungen der Mieter anpassen lassen.
Während Sie dies lesen, arbeiten Sie möglicherweise von zuhause. Wie kommen Sie damit zurecht?
Die Antwort fällt wahrscheinlich durchwachsen aus. Auf der einen Seite profitiert man von eingesparter Pendelzeit, möglicherweise weniger Ablenkung durch Mitarbeiter (vielleicht aber mehr durch die Kinder) und in einigen Fällen durch weniger Besprechungen. Auf der anderen Seite verbringen Sie eventuell effektiv mehr Zeit pro Tag mit der Arbeit, sind nicht so produktiv wie zuvor und tauschen sich weniger mit ihren Kollegen aus, was vielleicht für ein erhöhtes Maß an Stress und Ängsten sorgt.
Tatsächlich sind Aspekte des persönlichen Wohlergehens als zentrales Problemfeld für Leute thematisiert worden, die von zuhause arbeiten. In den USA ergab kürzlich eine Umfrage von USA Today und LinkedIn, dass 51 % der Teilnehmer sich beim Arbeiten von zuhause aus einsam fühlen. Dabei gaben 20 % an, sich die ganze oder die meiste Zeit einsam zu fühlen. Die Motivation der Mitarbeiter aufrechtzuerhalten, hat sich als schwierig erwiesen. Dies geben zwei Drittel der Mitarbeiter von Personalabteilungen an, die von der Society for Human Resource Management in den USA befragt wurden.
Wie auch immer Ihre persönliche Erfahrung mit dem Arbeiten von zuhause aus ist, hat sich gezeigt, dass die meisten Büro‑-Mitarbeiter im wesentlichen von zuhause aus arbeiten können.
Wie wirkt es sich auf den Markt für Büroimmobilien aus, wenn mehr von uns von zuhause aus arbeiten?
Inmitten eines weltweiten Wirtschaftsabschwungs dürften die Unternehmen Kostensenkungen anstreben. Dabei sind die Büromieten oft eine naheliegende Zielgröße. Wenn die Mitarbeiter weiterhin so effektiv von zuhause aus arbeiten können wie im Büro, werden einige Unternehmen zweifellos über ihren Bedarf an Büroraum nachdenken. Wir können diese Sicht in gewisser Weise nachvollziehen. Jedoch glauben wir, dass die Auswirkungen auf die Nachfrage nach Büroimmobilien nicht so gravierend sein werden, wie es auf den ersten Blick erscheint. Daher halten wir direkte Vergleiche mit dem unter Druck stehenden Einzelhandelssektor für nicht gerechtfertigt.
Das Arbeiten von zuhause aus ist keine neue Idee. Sicherlich haben bereits vor Ausbruch von COVID-19 Leute effektiv von zuhause ausgearbeitet, deren Tätigkeit dies erlaubt. Demnach muss es Gründe dafür geben, warum einige Leute sich nicht für das Arbeiten von zuhause aus entscheiden, obwohl sie es könnten.
Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen. Untersuchungen des in Stanford ansässigen Ökonomen Nicolas Bloom haben gezeigt, dass die persönliche Zusammenarbeit eine notwendige Voraussetzung für Kreativität und Innovation ist. So entstehen neue Ideen häufig mit größerer Wahrscheinlichkeit bei persönlichen Besprechungen. „[Die aktuelle Situation] wird sich auf die Produktivität der Unternehmen verheerend auswirken”, meint Nicolas Bloom. ¹
Wichtig ist aber nicht nur eine kreative und kooperative Atmosphäre, das physische Umfeld ist ebenfalls von Bedeutung.
Die Wohnungen vieler Menschen sind nicht darauf ausgelegt, zusätzlich als Büroraum zu fungieren. Das Arbeiten vom Schlafzimmer aus, in Fluren und Garagen, mit Staubsaugergeräusch und Kindergeschrei im Hintergrund mag kurzfristig verkraftbar sein. Viele haben sich notgedrungen an die neuen Verhältnisse angepasst. Doch ermöglicht das Arbeiten von zuhause aus den Leuten, ihre Tätigkeit so gut wie zuvor zu erbringen und gleichzeitig zufrieden mit ihrer Arbeit und der Work/Life-Balance zu sein?
Mit welchen Veränderungen das Arbeitsumfelds ist zu rechnen?
In den letzten Jahrzehnten war zu beobachten, dass der Büroraum für den einzelnen Mitarbeiter im Zuge von „Effizienzsteigerungen" immer geringer wurde. Die Vorgaben zum Abstandhalten und das Vermeiden zu großer Nähe zu den Kollegen lässt vermuten, dass mehr Büroraum pro Arbeitnehmer benötigt werden könnte. Zumindest glauben wir, dass der stetige Trend zu immer weniger Büroraum pro Person zum Stillstand gekommen sein dürfte ̶ ein positiver Aspekt für Vermieter von Büroimmobilien.
Ob dies tatsächlich eintritt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls meinen wir, dass die Auswirkungen bei älteren und weniger hochwertigen Bürogebäuden negativer sein werden, die mehr Gruppen aus weniger Mitarbeitern weniger gut im Gebäude verteilen und gleichzeitig ein angenehmes und flexibles Arbeitsumfeld bieten können. Mit einem Mal könnten die Zahl der Aufzüge pro Person und die Qualität der Anlagen zu Beheizung, Belüftung und Klimatisierung ein ebenso wichtiger Aspekt sein wie der Standort. Nicht der „Anfang vom Ende“.
Zwar ist eine Prognose schwierig, dennoch glauben wir insgesamt, dass die Auswirkungen auf den Markt für Büroimmobilien in den kommenden Monaten wahrscheinlich negativ sein werden. Die zentrale Frage ist: wie stark sind die Auswirkungen und wie lange halten sie an? Die Wahl eines optimalen Arbeitsumfelds für die Mitarbeiter ist für die Unternehmen nicht nur im Hinblick auf die Maximierung der Produktivität entscheidend, sondern auch zur Gewinnung und Bindung fähiger Arbeitskräfte durch ein hohes Maß an Zufriedenheit und Engagement der Mitarbeiter. Zwar könnten die derzeitigen Umstände eine kurzfristige Pause im Hinblick auf die fundamentale Situation bei der Vermietung von Büroimmobilien bewirken. Wir glauben aber nicht, dass das Arbeiten vom Sofa und vom Küchentisch aus auf längere Sicht „den Anfang vom Ende“ der Anlageklasse darstellt. Die Technologie hat eine bedeutende Rolle dabei gespielt, Veränderungen möglich zu machen. Die Erfahrung aus der aktuellen Situation hat gezeigt, dass man von zu Hause aus arbeiten kann. Doch wollen Sie das auch auf Dauer tun?
¹ Quelle: Stanford News, Stand: 30. März 2020. Adam Gorlick: The productivity pitfalls of working from home in the age of COVID-19.