Gemeinsame EU-Anleihen: Entscheidender Schritt auf dem Weg zu mehr Integration

Mit der Emission von gemeinsamen Anleihen hat die EU den Rubikon überschritten, sagt Oliver Blackbourn, Multi-Asset-Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors. Janus Henderson Investors | 28.07.2020 14:13 Uhr
© Photo by Guillaume Périgois on Unsplash
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Die Ausgabe von 750 Milliarden Euro gemeinsamer EU-Schulden wird den Druck auf die EZB verringern, indem sie eine politisch weniger belastete Quelle für Staatsanleihen zum Kauf im Rahmen der verschiedenen quantitativen Lockerungsprogramme bietet. Der Ankauf von deutschen Bundesanleihen stellt für die EZB seit jeher eine große Herausforderung dar, da Deutschland zwar der größte Zeichner des so genannten Schlüssels für die Kapitalzeichnung ist, bei der Aufnahme neuer Schulden jedoch relativ konservativ vorgegangen ist. Da sich die EZB selbst Beschränkungen auferlegt hat, wie viel sie von jeder Emission kaufen kann, haben deutsche Bundesanleihen schon immer am ehesten das Limit zuerst erreicht. Jede Abweichung vom Kapitalschlüssel ist eine Quelle von Spannungen mit den „Falken“ im EZB-Rat.

Deutschland repräsentiert 18 Prozent des Kapitalschlüssels und hat über 1,3 Billionen Euro in Bundesanleihen ausstehend. Frankreich und Italien haben jedoch größere ausstehende Schuldenberge und kleinere Beiträge zum Kapitalschlüssel, so dass die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass die Obergrenze pro Emission erreicht wird. In ähnlicher Weise hat Spanien etwa 1 Billion Euro an ausstehenden Staatsanleihen, was in etwa dem Volumen Deutschlands entspricht, aber weniger als die Hälfte des Kaufziels für deutsche Schuldverschreibungen ausmacht. Während alle großen europäischen Nationen mehr Schulden zur Bekämpfung der Pandemie ausgeben, dürfte ein gemeinsamer Schuldtitel, der die politischen Friktionen des Aufkaufs der Schulden einzelner Länder vermeidet, zumindest für eine gewisse Zeit die Kopfschmerzen bei den Diskussionen der EZB beseitigen.

Die Ausgabe gemeinsamer Schulden ist ein Schritt in Richtung einer Steuerunion, den viele weitere steuerlich konservative Länder versucht hatten, zu vermeiden. Trotz der jetzt laut gewordenen Proteste wird es in künftigen EU-Haushalten möglicherweise zu einer stärkeren Inanspruchnahme von Krediten kommen, und man wird sich auf Methoden zur Rückzahlung der Schulden einigen müssen. Die Währungsunion kann in ihrer jetzigen Form – und mit dem häufigen Kitten sich verbreiternder Risse – nur begrenzte Zeit bestehen. Der am wenigsten schmerzhafte Kurs wird kurzfristig immer in Richtung einer stärkeren Integration gehen. Mit der Ausgabe gemeinsamer Schulden überschreitet die EU den Rubikon auf einem längerfristigen Weg zu mehr Integration.

Oliver Blackbourn, Multi-Asset-Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors

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