Immer weiter so?
Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, gab in seiner Rede auf dem jährlichen Symposium in Jackson Hole nur wenige neue Details preis. Wie bei einem Musikfestival gab es eine Mischung aus altbekannten Hits (vorübergehende Inflation, die Arbeitslosigkeit ist noch lange nicht gesunken) und einigen neuen Songs (Tapering bis Weihnachten). Letztendlich schien Powell den Fans zu geben, was sie wollten, wenn man die Reaktion der Märkte betrachtet. Die Märkte scheinen sich vorerst auf das „Dovish Taper“ einzulassen.
Powell machte in seinen Kommentaren deutlich, dass die „erheblichen weiteren Fortschritte“, auf die er bei der Inflation gewartet hat, nun erreicht sind, auch wenn es bei der Arbeitslosigkeit noch einiges zu erreichen gilt. Daher scheint er froh zu sein, noch in diesem Jahr mit dem Tapering beginnen zu können – ein Zeitplan, auf den sich auch der Markt angesichts der Anzahl der verbleibenden Fed-Sitzungen im Jahr 2021 eingestellt zu haben scheint. Die Frage, die nicht angesprochen wurde, war, wie schnell die Fed die Anleihekäufe zurückfahren wird.
Angesichts des Zusammenhangs zwischen dem Ende des Quantative Easing und dem Zeitpunkt, zu dem die Zinssätze steigen können, lässt dies immer noch Spielraum für eine eher hawkishe Überraschung am 22. September, sollte im Anschluss an die Fed-Sitzung ein Plan für das Tapering angekündigt werden. Eine rasche Verringerung der Anleihekäufe könnte als Hinweis auf mögliche frühere Zinserhöhungen gesehen werden. Powell war bemüht, diesen Zusammenhang zu entkräften. Dies wird jedoch wahrscheinlich in der kollektiven Psyche der Märkte bleiben.
Die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen gaben nach einer gewissen Volatilität im Vorfeld der Rede etwas nach, da sich das gemäßigte Szenario des Tapering verfestigte. In Anbetracht der wiederholten Äußerungen Powells zur vorübergehenden Inflation und des Fehlens klarer Hinweise auf den Beginn des Tapering war es auch nicht überraschend, dass die Renditen kürzerer Laufzeiten ebenfalls nachgaben. Die wahrgenommene gemäßigte Haltung bedeutete, dass der Renditerückgang durch einen Einbruch der Realwerte bedingt war, der sich auf alle Anlageklassen auswirkte.
Niedrigere Realrenditen waren ein wichtiger Faktor für den Anstieg der Aktienbewertungen, insbesondere bei Wachstumswerten. Der NASDAQ übertraf den breiter gefassten S&P 500 an dem Tag, als die niedrigeren Realrenditen höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse begünstigten. In ähnlicher Weise sind die realen Renditen eine treibende Kraft für Wechselkursschwankungen. Es war daher nicht überraschend, dass der US-Dollar schwächer tendierte, nachdem die Realrenditen der US-Staatsanleihen gesunken waren. Auch Gold legte leicht zu, da es sowohl an die Realrendite von US-Staatsanleihen als auch an den Dollar gekoppelt ist.
Oliver Blackbourn, Multi-Asset Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors