Die Gesamtinflation der Eurozone lag im November bei 2,4% im Jahresvergleich und ist damit von ihrem Höchststand von 10,6% im Oktober 2022 drastisch gesunken. Der Rückgang gegenüber dem Vormonat entwickelte sich mit -0,6% sogar noch schneller als erwartet. Möglicherweise am wichtigsten für die politischen Entscheidungsträger ist, dass die Kerninflationsrate ebenfalls steil fiel, auf 3,6% im Jahresvergleich. Diese Zahl liegt unter der Prognose der Europäischen Zentralbank von 4,1% für das vierte Quartal, die erst im September veröffentlicht wurde. Die rollierende annualisierte Kerninflation der letzten sechs Monate ist nun in die untere Hälfte des 2%-Bereichs gesunken und stellt somit einen weiteren sehr aussagekräftigen Indikator zur Widerlegung des hartnäckigen Narrativs dar, dass Inflation und hohe (bzw. höhere) Zinsen über längere Zeit zusammenhängen. Es ist zwar verständlich, dass sich die Zentralbanker ein wenig gegen die Meinung der Finanzmärkte über die für 2024 erwarteten umfangreichen Zinssenkungen wehren, aber fest steht, dass wir nun zu einem klassischeren Gleichgewicht zwischen Inflationsbekämpfung und den Rezessionsrisiken einer übermäßigen Straffung zurückgekehrt sind. Dieser „Wendepunkt“ in den geldpolitischen Aussichten ist, gemessen an historischen Beispielen, bereits eine gute Nachricht für den Aktienmarkt. Ein früher Wendepunkt im makroökonomischen Zyklus nach oben ist meist der Zeitpunkt, an dem das Risiko-Rendite-Verhältnis und die Trefferquote für Aktienmarktgewinne als solche und für zyklische gegenüber defensiven Titeln am besten sind.
Von Robert Schramm-Fuchs, Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors