Nach dem historisch schlechten Jahr 2022 stellen sich alle die Frage: Wie wird es 2023 weitergehen? Zumeist folgt auf ein schlechtes Jahr an den Märkten ein gutes. Das muss aber nicht so sein. Entscheidend wird auch 2023 die Inflationsentwicklung sein – und da gibt es positive Aussichten. Für die Konjunktur in Europa und in den USA sieht es aber düster aus. Die gute Nachricht: Vieles davon dürfte an den Märkten schon eingepreist sein.
Der Hauptgrund für die fallenden Aktien- und Anleihenkurse im vergangenen Jahr waren die hohen Inflationsraten, die die Zentralbanken weltweit dazu veranlassten, die Zinssätze drastisch anzuheben. Hohe Energiekosten und Teuerungsraten dürften 2023 das Wachstum weiter deutlich bremsen. Dieses Wachstum wird nächstes Jahr von den Emerging Markets wie Indien (+6,9 %) oder China (+4,8 %) getragen werden. Die Eurozone wie auch die USA können hierzu nichts beitragen, da auf beiden Seiten des Atlantiks kein Wachstum prognostiziert wird. Sieht man sich die Erwartungen genauer an, so wird mit zwei negativen Quartalen Anfang des Jahres für die Eurozone und zwei negativen Quartalen für die USA gerechnet, was jeweils einer Rezession entspricht. Soweit die Prognosen sowie die Erwartungshaltung an den Märkten. Sollte es so kommen, dann haben die Aktienmärkte dieses Szenario bereits vorweggenommen und die Kurse nach unten angepasst. Die schwache Konjunktur sollte auch die Nachfrage dämpfen und so die Inflationszahlen deutlich senken. Damit wären die Aufgabe der Zentralbanken erfüllt und diese könnten im Idealfall Ende 2023 oder Anfang 2024 die Zinsen sogar senken, um der schwachen Konjunktur wieder Auftrieb zu geben. Dieser Ausblick entspricht dem Basisszenario der meisten Ökonomen und wird auch "Soft Landing" genannt.
Wie wir uns positionieren
Anleihen haben das Potenzial, wieder reale Renditen zu liefern. Die meisten Ökonomen erwarten für Ende 2023 eine Inflation von rund 3,5 % in der Eurozone und in den USA. Für den Anleihenmarkt stellt sich die Frage, welchen Realzins Anleger für deutsche 10-jährige Anleihen akzeptieren werden. Seit der Einführung des Euro haben sie durchschnittlich 0,6 % über der Inflation erhalten, aber seit der Finanzkrise geben sie sich mit -0,6 % zufrieden. Dies würde bei 3,5 % Preissteigerung zwischen 2,8 % und 4,1 % Rendite für 10-jährige deutscher Anleihen ergeben. Zu Jahresende lagen wir hier bei 2,5 %. Daher könnten die Renditen in der Eurozone 2023 noch weiter steigen.
Das Kathrein-Anleihenportfolio ist gut positioniert, um von diesem Umfeld zu profitieren, da ein großer Teil in variabel verzinste Euro-Anleihen investiert ist, die bei Zinserhöhungen der EZB profitieren. Die Euro-Anleihen mit längerer Laufzeit werden bei uns auch weiterhin abgesichert. Ein erhebliches Engagement in Lokalwährungsanleihen der Schwellenländer mit einer Rendite von rund 7,5% bildet eine interessante Ergänzung des Rentenportfolios. Die Gesamtrendite des Portfolios bei Kathrein lag zum Jahreswechsel bei 4,5 % und damit deutlich über der erwarteten Inflationsrate von 3,5 %.
Die Aktien könnten einerseits durch ein Ende der Zinserhöhungen der Zentralbanken sowie niedrigere Leitzinsen bis Ende 2023 gestützt werden, andererseits, falls eine Rezession in den USA auch in der zweiten Jahreshälfte 2023 andauern sollte, unter Druck geraten. Ausgehend von unserer optimistischen Erwartung, dass die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte wieder in Schwung kommt, könnte 2023 ein sehr gutes Jahr für Aktien werden. Unsere durchschnittliche Ertragserwartung für Aktien mit einem Anlagehorizont von 10 Jahren hat sich auf 8 % p.a. verbessert.
Harald Besser, Leiter Portfolio Management bei der Kathrein Privatbank