Vergangene Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) den von uns erwarteten 50 Basispunkte Zinsschritt nach oben gemacht. Der Leitzins liegt nun bei 3,5% und es ist durchaus wahrscheinlich – und es entspricht auch unserer Erwartung – dass noch ein weiterer Schritt erfolgt. Wenngleich dieser dann geringer ausfallen dürfte. Die EZB befindet sich in einem schwierigen Spannungsfeld. Das konjunkturelle Umfeld ist stabil, aber die Inflation ist mit aktuell 8,5% weit über dem Zielwert von 2%. Auch innerhalb des Prognosehorizonts bis Ende 2025 wird, gemäß den Erwartungen der Notenbank, das Inflationsziel nicht erreicht. Das deutet auf höhere Zinsen hin. Allerdings haben die Ereignisse rund um die Silicon Valley Bank neuerliche Sorgen betreffend der Finanzmarktstabilität hervorgerufen. Die Erinnerungen an 2008 sind noch nicht verblasst und vielen dürfte auch noch bewusst sein, dass damals noch die Zinsen angehoben wurden, als die Blase schon kurz vor dem Platzen war. Aber wie war das noch mit dem „Im-Nachhinein-ist-man-immer-schlauer…“?
Die Lehre der EZB dürfte jedoch sein, dass man etwas vorsichtiger voranschreitet. Grundsätzlich hat Präsidentin Lagarde schon ihren Willen, die Zinsen weiter anzuheben, ausgedrückt. Allerdings werde man noch sensibler auf Daten achten. Spannend wird auch die Entscheidung der US-Notenbank werden. Auch sie wird, aller Voraussicht nach, den Leitzins weiter anheben. Die Bandbreite dürfte dann bei 4,75-5,0% liegen. Aber Präsident Powell wird sich viele Fragen betreffend des Bankensektors anhören müssen. Vermutlich wird er – ähnlich wie auch Präsidentin Lagarde – die Bereitschaft der Notenbank, Liquidität bereitzustellen, deutlich machen.
Ob das die gegenwärtig recht nervösen Finanzmärkte beruhigt, bleibt abzuwarten. Das Risiko besteht, dass die aktuellen Ereignisse den schwarzen Schwan darstellen, vor dem sich viele gefürchtet haben. Und in diesem Fall wäre das sogar ein Schwan, dem man in ähnlicher Form bereits 2008 begegnet ist. Damals war das kein erfreuliches Treffen und so haben wir uns entschlossen, die Risiken in unseren Portfolios zu reduzieren. Demgemäß sind Aktien aktuell untergewichtet, das Zinsänderungsrisiko (Duration) ist im Euroraum wie auch in den Vereinigten Staaten niedrig. Wir warten somit ab, bis sich der Nebel wieder gelichtet hat.