Seit seinem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahr 2001 hat China einen beeindruckenden Aufstieg in der globalen Wirtschaft erlebt. Mit einer beispiellosen Entwicklung sowohl im Volumen als auch in der weltwirtschaftlichen Bedeutung, den abgedeckten Wirtschaftssektoren und der Qualität seiner Produkte hat das Land einen tiefgreifenden Einfluss auf die Weltwirtschaft ausgeübt.
Nach einer Phase der stetigen Globalisierung der Handelsbeziehungen, zeichnete sich in den späten 2010er Jahren, verstärkt durch den Slogan "America first" unter der Präsidentschaft von Donald Trump, eine Wende ab. Diese Tendenz zur De-Globalisierung hat sich besonders seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie weiter verstärkt. Lieferkettenprobleme, die die gesamte Welt spürte, führten zu einem Umdenken vieler Staaten. Die Idee des Onshoring, also die Rückverlagerung von Produktionskapazitäten ins Inland, wurde verstärkt diskutiert, um die Abhängigkeit von China als Hauptlieferant zu reduzieren.
Weiters ist die geopolitische Bühne von zunehmenden Spannungen zwischen China und verschiedenen Regionen der Welt geprägt. Diese Spannungen erstrecken sich vom Taiwan-Konflikt bis hin zu Vorwürfen über Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang. Angesichts der russischen Aggression gegen die Ukraine wird auch über eine mögliche Unterstützung seitens China für Russland spekuliert.
Auf nationaler Ebene kämpft China seit längerer Zeit mit einem aufgeblähtem Immobilienmarkt, auf dem durch Zahlungsprobleme einzelner wichtiger Unternehmen eine Krise lastet. Wirtschaftsindikatoren wie die steigende Jugendarbeitslosigkeit von über 20% oder die nachlassenden Zuwachsraten der Industrieproduktion werfen Fragen auf. Vor allem der mäßige Inlandskonsum hat dazu geführt, dass der erwartete Aufschwung der chinesischen Wirtschaft nach der nahezu vollständigen Beendigung der Covid-Maßnahmen im Frühjahr, die Erwartungen der Analysten enttäuscht hat.
Vermehrte Eingriffe des Staates in die Wirtschaftstätigkeit in den vergangenen Jahren haben dazu geführt, dass wir bei Kathrein die Aktienallokation seit Frühjahr letzten Jahres „ex China“ umsetzen. Ein Blick auf die Performance eines globalen Aktienindex im Vergleich zum Shanghai Composite Index in diesem Zeitraum zeigt, dass diese Entscheidung richtig war.
China, einst als wirtschaftlicher Vorreiter gefeiert, steht nun vor Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie das Land mit diesen Veränderungen umgeht und welche Rolle es in der globalen Wirtschaft einnehmen wird.
Von Thomas Odehnal, Fondsmanager bei Kathrein Capital Management