- Harald Holzer, Chief Investment Officer der Kathrein Privatbank, erwartet eine gemäßigte Zollpolitik von US-Präsident Trump
- Zinsen könnten weiter sinken, aber die Inflation wird weiter höher bleiben als von den Notenbanken gewünscht
Im Rahmen des Neujahrsempfangs der Kathrein Privatbank präsentierte Chief Investment Officer Harald Holzer den Marktausblick für 2025. Die zentrale Frage für 2025 wird sein, inwieweit US-Präsident Trump Zölle einführen wird und ob damit der Welthandel (Summe der Exporte und Importe in Prozent des BIP) ernsthaften Schaden nehmen könnte. Das historische Beispiel des Smoot-Howley-Acts in den 1930er-Jahren könnte sich wiederholen. Damals brach der Welthandel von 1929 bis 1934 um 66% ein. Die Wiederholung eines derartigen Szenarios wäre Gift für die globalen Aktienmärkte. „Wir glauben aber nicht, dass es so weit kommt“, führte Holzer aus. „Einerseits würden die FED und andere Notenbanken heute im Falle einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums mit expansiver Geldpolitik gegensteuern und andererseits würde Trump bei sich abschwächendem Wirtschaftswachstum und steigender Arbeitslosigkeit Anpassungen durchführen.“ Wichtig ist auch festzuhalten, dass sich der Welthandel derzeit auf einem absoluten Hoch befindet und trotz „Nearshoring“ und Verlagerungen weg von China blüht.
Aktienmärkte auch 2025 weiter unterstützt, Anleiheninvestoren vor Herausforderungen
Trotz der Zolldrohungen Trumps und geopolitischer Risiken einer einseitigen „America first“-Strategie sehen wir für die Aktienmärkte vorerst zuversichtlich in die Zukunft. Positiv zu vermerken sind die Gewinnerwartungen der Analysten, die 2025 ein Gewinnwachstum der Unternehmen von 10% erwarten1. Trumps Politik der Steuersenkungen und Deregulierung dürfte US-Aktienmärkte stützen. Besonders Branchen wie Öl, Gas, Kohle sowie private Krankenversicherer und Gefängnisbetreiber könnten profitieren. Gleichzeitig belastet die Rücknahme klimapolitischer Maßnahmen Unternehmen im Bereich erneuerbarer Energien. Die steigenden Renditen an den Anleihenmärkten setzten Immo-Aktien unter Druck. An unserer Untergewichtung dieses Sektors sowohl in den USA als auch in Europa halten wir daher weiterhin fest. Insgesamt könnte die Reindustrialisierung der USA und eine robuste Binnenwirtschaft die US-Märkte zunächst stabil halten. Die Märkte gehen auch von weiteren Zinssenkungen aus, die Aktien unterstützen sollten. Ob allerdings die EZB tatsächlich vier Zinssenkungen durchführen wird, erachten wir als fraglich. In den USA rechnet man weiter mit hartnäckiger Inflation und daher werden nur ein bis zwei Zinssenkungen der FED für 2025 eingepreist.
Es wird erwartet, dass die Inflation in der Eurozone per 31.12.2025 auf 2%, und in den USA auf 2.5%, sinkt2. Für Anleiheninvestoren ist diese Gemengelage nicht erfreulich. Deutsche Bundesanleihen bieten mit knapp 0,3% realer Rendite eine zu geringe Prämie gegenüber Geldmarktinstrumenten. US-Dollar-Anleihen bieten in dieser Hinsicht mehr reale Rendite, aber das Währungsrisiko für den Euroinvestor ist natürlich zu berücksichtigen.
Alles in allem bietet Trumps Politik v.a. Chancen für die US-Märkte, inwieweit Europa und die Schwellenländer die Herausforderungen möglicher Handelskonflikte meistern können, bleibt abzuwarten.
1 (NDR, 31. 12. 2024)
2 (NDR, 31. 12. 2024)