Was ist mit den US-Börsen los? Der S&P500 ist fast um 10% von seinem jüngsten Höchststand gefallen. Die Volatilität hat dramatisch zugenommen. Die meisten Marktteilnehmer führen dies auf die Zollpolitik von Präsident Trump und die dadurch verursachte Unsicherheit zurück. Fed-Chef Powell musste ausrücken und spielte die potenzielle Schwäche der US-Wirtschaft herunter. Es könnte jedoch etwas Grundlegenderes sein, das den Aktienmarkt nach unten treibt: Die US-Wirtschaft sollte laut Ökonomen im ersten Quartal um 1,6% wachsen, jetzt besteht die Möglichkeit, dass die US-Wirtschaft stattdessen schrumpft.
Verbraucherdaten enttäuschen
Das US-BIP setzt sich zu etwa 70% aus Konsum zusammen. Die Konsumausgaben sind im Januar unerwartet um 0,2% gesunken, nach einem Plus von 0,8% im Dezember. Dies könnte zwar auf den saisonalen Anpassungsfaktor zurückzuführen sein, der sowohl im Dezember als auch im Januar eine große Rolle spielt, da der Dezember durchschnittlich der stärkste Einzelhandelsmonat und der Januar einer der schwächsten ist. Doch wenn man dazu noch den größten Rückgang seit August 2021 beim Verbrauchervertrauensindex im Februar addiert, scheint sich dieser Trend zu schwachem Konsum fortzusetzen. Es könnte sein, dass der Treiber der US-Wirtschaft an Schwung verliert. Auch andere Indikatoren deuten auf eine Abschwächung hin.
Echtzeit-Indikator wird negativ
Das Atlanta Fed „GDPNow“ ist ein Echtzeit-Wirtschaftsprognosemodell, das eine Schätzung des aktuellen BIP-Wachstums des laufenden Quartals liefert. Es verwendet ein dynamisches Faktormodell, um eingehende Wirtschaftsdaten zu integrieren und seine BIP-Prognose häufig zu aktualisieren. Vereinfacht gesagt fügt das Modell tatsächliche Wirtschaftsdaten hinzu, sobald sie verfügbar sind, und schätzt diejenigen, die noch nicht veröffentlicht wurden. Dieses Modell sagt voraus, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal schrumpfen wird.
Wenn in den nächsten Wochen weitere solche Fundamentalindikatoren mit negativen Werten veröffentlicht werden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Delle beim Wirtschaftswachstum in den entwickelten Volkswirtschaften. Diese Entwicklung muss nicht mit einem Wirtschaftsabschwung enden, aber sie dient als Warnung und erfordert eine höhere Aufmerksamkeit. Es scheint, als ob die Diskussion über die "amerikanischen Ausnahmestellung" (also die Rechtfertigung für die Outperformance der US-Börsen verbunden mit höheren Bewertungen) vorerst beendet ist, Chancen könnten sich hingegen in Europa und dem Rest der Welt ergeben.
Wir sind vorsichtiger in Bezug auf globale Aktien geworden. Die potenzielle Delle beim US-Wirtschaftswachstum und die Neubewertung Europas aufgrund möglicher fiskalpolitischer Impulse könnte zu einer Anpassung unserer Einschätzung führen. Wir beobachten die Situation aufmerksam und werden unsere Asset Allokation entsprechend adaptieren.
Von Harald Holzer, MBA, CFA, Chief Investment Officer, Kathrein Privatbank
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