Ruhig bleiben – und klug weitermachen
Vermögenswerte haben nach dem Beginn der Pandemie eine erstaunliche Erholung hingelegt. Ihre Wertentwicklung wurde durch eine außerordentlich lockere Geld- und Fiskalpolitik noch beflügelt. Kursanstiege sind typisch für die Anfangsphasen einer Konjunkturerholung. Doch wenn die pandemiebedingten Konjunkturmaßnahmen nachlassen und das Wachstumsmomentum seinen Höhepunkt erreicht, könnten der Anstieg der Anleihebewertungen und der Spielraum für eine Spreadeinengung nachlassen (siehe Grafik im PDF). In der nächsten Phase werden Erträge – sprich: Carry – eine wichtige Triebfeder der Renditen gemessen an Veräußerungsgewinnen sein. Wie die aggressive Marktreaktion auf die Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) jüngst jedoch zeigte: Eine Drosselung der lockeren Geldpolitik – oder auch nur die Diskussion darüber – wird Marktvolatilität auslösen.
Beginn eines neuen Zyklus – mit geld- und fiskalpolitischer Konfiguration
Ob eine volatilere Normalisierungsphase der Geld- und Fiskalpolitik als in den vergangenen Zyklen ausgelöst wird, hängt von zwei Unsicherheiten ab:
• Erstens gibt es keinen Fahrplan für eine Volkswirtschaft nach einer Pandemie. Die Digitalisierung der Wirtschaft hat einen enormen Schub bekommen. Doch die Fortschritte der letzten Jahre bei der Erwerbsbeteiligung – vor allem bei Frauen – wurden zunichtegemacht.
• Zweitens sind Anleger mit einer neuen geld- und fiskalpolitischen Konfiguration konfrontiert. Denn: Große gemeinsame und soziale Ziele wie die Klimawende und integratives Wachstum scheinen zunehmend in den Fokus politischer Entscheidungsträger zu rücken. Welche Folgen diese Ziele für die Wirtschaft, neutrale Leitzinsen und letztendlich die Finanzmärkte haben werden, bleibt ungewiss.
Als aktive Anleger können wir frei entscheiden, wie wir beim Investieren darauf reagieren, dass die pandemiebedingte geld- und fiskalpolitische Unterstützung zurückgefahren wird – und dass sich neuer Raum auftut, in dem die durch die Zentralbankmaßnahmen unterdrückte Marktvolatilität vielleicht wieder auflebt.
Taktisch gilt unser Hauptaugenmerk Anlagemöglichkeiten, die durch starke Bewertungsschwankungen bei Vermögenswerten angesichts der erhöhten Volatilität der makroökonomischen Daten und der Unsicherheit über die Reaktionsfunktion der Zentralbanken entstehen. Aus strategischer Sicht versuchen wir, Carry- und Roll-down-Gelegenheiten durch die Portfolioaufteilung über die Rentenmärkte zu optimieren, um ausgewogene und widerstandsfähige Portfolios für unsere Kunden aufzubauen.
Uns ist bewusst, dass die niedrigen Kreditspreads den Puffer für potenzielle negative Wachstumsschocks oder steigende Renditen verringern. Aus diesem Grund kombinieren wir Spread-Sektoren wie Unternehmensanleihen und Schwellenländeranleihen mit Zins- und Währungsabsicherungen.
Im Fokus: „Das Neue soll besser sein als das Alte“-Mentalität
Auch über die Pandemie hinaus legen wir großen Wert darauf, unsere Investmentplattform zu verbessern. Die Welt um uns herum wird immer digitaler. Auch wir konzipieren unsere Investmentprozesse so, dass sie datengesteuert sind. Der Vorteil: Dadurch können wir intelligentere Anlageentscheidungen schneller und kosteneffizienter treffen.
Gleichzeitig gilt unser Fokus auch weiterhin nachhaltigen Investmentlösungen. Wir betrachten Nachhaltigkeit aus einer breiten Perspektive, die auf zwei ganzheitlichen Säulen basiert: Klimawende und integrativem Wachstum. An diesen Säulen richten wir unseren Dialog mit Anleiheemittenten über die Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) und unsere Zusammenarbeit mit Kunden bei der Entwicklung nachhaltiger Investmentlösungen aus.
Gurpreet Gill, Macro Strategist, Global Fixed Income, Goldman Sachs Asset Management