Am Mittwoch wurde für Großbritannien die aktuelle Inflationsrate bekanntgegeben. Das Ergebnis: Mit 5,5 Prozent liegt die Inflation so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. Die Nachricht reiht sich ein in die aktuellen Inflationsraten in den USA und der Eurozone: In den USA liegt der zuletzt bekanntgegebene Wert bei 7,5 Prozent und damit auf einem 40-Jahres-Hoch, in der Eurozone bei 5,5 Prozent. In einem solchen Umfeld steigender Preise bieten aktiv gemanagte Aktien und multisektorale Anleihen Anlegern je nach Risiko-Rendite-Profil potenzielle Möglichkeiten.
Anders als von vielen Anlegern 2021 erhofft, ist nicht unbedingt abzusehen, dass die Inflationsrate 2022 schnell sinken wird. Im Gegenteil: Die Preise für einige Güter, darunter auch die Preise fürs Wohnen, könnten noch einige Zeit weiter über ihr Vor-COVID-Niveau klettern. Auch Autos stellen eine ungewisse Größe dar: Die Inflation in diesem Sektor ist hoch und könnte es bleiben, wenn der Chipmangel erst 2023 behoben wird. Solide Lohnwachstums- und Inflationserwartungen werden ebenfalls verhindern, dass das Niedriginflationsumfeld der letzten Jahre schnell zurückkehrt, auch wenn die Auswirkungen je nach Volkswirtschaft unterschiedlich sein werden. Es besteht die Möglichkeit, dass die Inflation höher wird als während des letzten Zyklus, wenngleich sie voraussichtlich nicht so heiß laufen wird wie in den 1970er-Jahren. In diesem unsicheren Umfeld sollten Anleger eine Ausrichtung auf Strategien erwägen, die die Möglichkeit bieten, an steigenden Preisen zu partizipieren.
Aktiv gemanagte Aktien
Aktien bieten Anlegern aus historischer Sicht die beste Chance auf eine Wertentwicklung, die langfristig über der Inflation liegt. Ein aktives Management ist besonders im aktuellen Umfeld allerdings unerlässlich, denn die Inflation wirkt sich auf jedes Unternehmen anders aus. Portfoliomanager, die auf Unternehmen umsteigen können, die vor steigenden Preisen besser geschützt sind oder voraussichtlich sogar davon profitieren wie Energieerzeuger oder Firmen mit niedrigen Arbeitskosten oder robusten Lieferketten, erzielen unter Umständen höhere Renditen als Strategien, die einen Vergleichsindex abbilden. Gerade zyklische Aktien sind eher in Sektoren vertreten, die von Inflation profitieren, wie beispielsweise der Finanz-, der Energie- und der Grundstoffsektor. Darüber hinaus können sich Sachwerte-Aktien (Immobilien, Infrastruktur) als widerstandsfähig erweisen, wenn die Preise anziehen. Grund: Viele Miet- und andere Verträge sind an die Inflation geknüpft, und der Wert der Basiswerte steigt in der Regel, wenn die Kosten für Land, Arbeitskräfte und Material steigen.
Multisektorale Anleihestrategien
Multisektor-Anleihestrategien, die auf variabel verzinsliche Bankkredite und Anleihen von Unternehmen mit robustem Umsatzwachstum und mit Preismacht ausgerichtet werden können, haben die Möglichkeit, sich in einem inflationären Umfeld gut zu entwickeln. Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS) bieten nicht denselben Grad an Diversifikation, können aber vor unerwarteter Inflation schützen und als Beimischung geeignet sein, wenn die Zinsen steigen und das Inflationsumfeld sich ändert.
Fazit: Die Inflation wurde zum größten Teil des letzten Jahres durch vorübergehende Faktoren angeheizt. Vorübergehend bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass die Inflationsrate 2022 schnell sinken wird. Anleger tun daher je nach dem individuellen Risiko-Rendite-Profil gut daran, sich strategisch auf die Möglichkeit anhaltender Inflation einzustellen.
James Ashley, Leiter Marktstrategie EMEA und Asien bei Goldman Sachs Asset Management