Der Handelskrieg erschwert den Zentralbanken ihr geldpolitisches Handeln in unterschiedlichem Grad.
Die Fed sieht sich sowohl mit einem Abwärtsrisiko für die Konjunktur als auch mit dem Risiko steigender Inflation konfrontiert. In Anbetracht der bislang soliden Wirtschaft und der bleibenden hohen Unsicherheit eines Stagflationsszenarios hat sie keine Eile, die Zinsen zu senken und hat diese in der vergangenen Woche unverändert belassen. Wir rechnen mit drei Senkungen um jeweils 25 Basispunkte erst im zweiten Halbjahr 2025, sodass der Leitzins über der Obergrenze seines neutralen Zielkorridors von 3,25% bis 3,5% bleibt.
Im Euroraum hingegen dürften die negativen Effekte auf Wachstum und Inflation überwiegen. Wir gehen davon aus, dass die EZB ihren Leitzins auf 1,75% senken wird, die Untergrenze des neutralen Zinskorridors, und sehen die Risiken eher in Richtung noch niedrigerer Zinsen.
Als Konsequenz einer Nullinflation im April, einem starken Schweizer Franken und einer schwächeren Konjunktur sehen wir tatsächlich gute Gründe für eine Senkung des Leitzinses der SNB auf null und sogar das Risiko einer Negativzinspolitik.
Die BoE senkte ihren Leitzins letzte Woche um 25 Basispunkte auf 4,25%. Angesichts des Handelsabkommens mit den USA und der dienstleistungsorientierten Wirtschaft des Vereinigten Königreichs dürften die Auswirkungen ohnehin nur begrenzt sein. Wir rechnen nur mit zwei weiteren Senkungen um jeweils 25 Basispunkte, sodass der Leitzins zum Jahresende wahrscheinlich über dem neutralen Niveau bleiben wird.
CHARTS DER WOCHE
Von Dr. Martin Wolburg, Senior Economist bei Generali Investments