In den letzten zwei Jahrzehnten waren Anleihen und Aktien negativ korreliert: Wenn die Aktienkurse stiegen, sanken die Anleihenkurse und umgekehrt. In Zeiten erhöhter Marktunsicherheit konnten Anleger mit einer traditionellen 60/40-Struktur daher die Wertschwankungen und das Risiko ihres Portfolios reduzieren. Bei einer Korrektur der Aktienmärkte zum Beispiel diente die gegenläufige Wertentwicklung des Anleihenportfolios als natürlicher Absicherungsmechanismus.
In letzter Zeit hat diese Kombination jedoch nicht mehr funktioniert, da die Aktien- und Anleihenmärkte gleichzeitig stark nachgegeben haben. Aktuell gibt es keine Hinweise auf eine baldige Entspannung der Marktlage. Dies hat die Befürchtung genährt, dass die positive Korrelation zwischen Aktien und Anleihen, wie sie zuletzt in den 1970er und frühen 1980er Jahren zu beobachten war, wieder aufleben könnte.
Nicht korrelierende Strategien gefragt
In der Folge erkennen inzwischen viele Anleger, dass ihnen mit einem moderneren Ansatz besser gedient ist als mit einem traditionellen 60/40-Portfolio. Ein Konzept, das sich immer mehr durchsetzt, ist das einer Diversifikation über unkorrelierte Strategien anstelle verschiedener Anlageklassen. Das zeigt sich zum Beispiel im wachsenden Interesse an Anleihenstrategien mit Absolute-Return-Ansatz (Absolute Return Bond- bzw. ARB-Strategien).
Absolute-Return-Fonds verfolgen in der Regel das Ziel, in jeder Marktlage eine positive Rendite zu erzielen. Sie haben keine Benchmark und sollten daher an den Fähigkeiten des Managers – also an ihrer risikobereinigten Rendite bzw. der Rendite im Verhältnis zum dafür eingegangenen Risiko – gemessen werden.
Das Ziel von Absolute-Return-Anleihenfonds besteht darin, ein Portfolio zusammenzustellen, das in Bezug auf die Duration und Zinskurve sowie das Kredit-, Länder- und Währungsengagement angemessene Merkmale aufweist. Der Fonds sollte ein vollständiges Derivate-Overlay nutzen, um auch in einem von steigenden Anleihenrenditen geprägten Umfeld möglichst positive Anlageerträge zu generieren. Der Prozess sollte auf diversifizierte Renditen aus dem gesamten Fixed-Income- und Währungsuniversum abzielen und nicht nur auf einen bestimmten Marktbereich setzen. Absolute-Return-Anleihenfonds sind unterschiedlich liquide und volatil. Makrothemen haben häufig über einen längeren Zeitraum Bestand. Der Anlagehorizont dieser Strategien ist jedoch tendenziell kürzer, da sie im Zuge des sich verändernden makroökonomischen Umfelds kontinuierlich neu ausgerichtet werden, um ihr Ziel einer positiven Rendite in jedem Marktumfeld zu erreichen.
In den vergangenen Jahren mussten viele ARB-Strategien Abflüsse hinnehmen, da sie nicht die versprochenen unkorrelierten Renditen liefern konnten. Angesichts der sinkenden Zinsen flossen die meisten Anlagegelder in Long-Only-Strategien. Dieser Trend wurde durch die extrem expansive Zentralbankpolitik im Nachgang der globalen Finanzkrise noch verstärkt. Dadurch kam es zu einer höheren Makrovolatilität und einem Umfeld, in dem es für ARB-Investoren schwieriger war, diversifizierte Renditen zu generieren.
Steigender Zuspruch für Absolute-Return-Anleihenfonds
In jüngster Zeit hat das Interesse an ARB-Anlagen zugenommen, da das Marktumfeld für 60/40-Strategien sehr schwierig war und Anleger anderswo nach Diversifikationsmöglichkeiten Ausschau gehalten haben. Mit dem konjunkturellen Aufschwung haben Inflationsängste zu erneuten Sorgen in Bezug auf den Ausblick für die Anleihenmärkte geführt. Die extremen geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken haben auch Chancen eröffnet. So bieten die verschiedenen Volkswirtschaften durch ihr unterschiedliches Entwicklungstempo diversifizierte Renditen, von denen ARB-Manager profitieren können, was für traditionelle Anleihenfonds dagegen nur schwer möglich ist. Absolute-Return-Strategien rücken ganz klar stärker in den Fokus der Investoren.
Vor dem Hintergrund früherer Erfahrungen prüfen die Anleger die Fonds jedoch genauer, um sicherzustellen, dass diese Strategien wirklich ein diversifiziertes Engagement in traditionellen Festzinsanlagen bieten.
Traditionellere 60/40-Portfolios werden sich wahrscheinlich schwer tun, positive Renditen zu generieren, wenn sich die Weltwirtschaft weiter von der Pandemie erholt, die Geldpolitik gestrafft wird und die Inflation weiter steigt. Vor diesem Hintergrund sind wir davon überzeugt, dass Absolute-Return-Anleihenfonds Teil einer dauerhaften Allokation in gut diversifizierte Multi-Asset-Portfolios sein sollten, da sie unkorrelierte Renditen generieren und somit das Gesamtrisikoprofil von Portfolios verbessern können.
Huw Davies, Investment Manager, Fixed Income - Absolute Return, Jupiter Asset Management