Portfoliokonstruktion: Auf soliden Grundlagen aufbauen

Kiran Nandra, Head of Equities bei Jupiter Asset Management, befragt vier Investmentmanager von Jupiter zu ihren Ansätzen für die Portfoliokonstruktion. Jupiter Asset Management | 05.06.2024 12:10 Uhr
Kiran Nandra, Head of Equities bei Jupiter Asset Management, befragt vier Investmentmanager von Jupiter zu ihren Ansätzen für die Portfoliokonstruktion / © e-fundresearch.com / Jupiter Asset Management
Kiran Nandra, Head of Equities bei Jupiter Asset Management, befragt vier Investmentmanager von Jupiter zu ihren Ansätzen für die Portfoliokonstruktion / © e-fundresearch.com / Jupiter Asset Management

Kiran Nandra: Zu Unternehmens- und Marktanalysen gibt es eine umfangreiche Literatur – über die Portfoliokonstruktion ist dagegen weit weniger geschrieben worden. Die Aktienselektion ist nur ein Aspekt eines robusten und effektiven Investmentprozesses. Ein guter Investmentmanager wirft nicht einfach einen Haufen Aktien in einen Korb. Ganz im Gegenteil: In einem gut konzipierten Portfolio muss jede Aktie richtig gewichtet werden, sodass die Ausgestaltung des Portfolios der Anlagephilosophie des Managers entspricht. Die richtige Portfoliokonstruktion kann einen entscheidenden Beitrag zur risikobereinigten Rendite leisten.

Britische Wachstumsaktien

Kiran Nandra: Chris, wie gehst du beim Aufbau eines Portfolios britischer Wachstumsaktien vor?

Chris Smith: Die Optimierung der Positionsgrößen ist ein wesentlicher Treiber der Out- und Underperformance. Sie kann eine versteckte Alphaquelle sein, mit der sich fundamentale Anleger intensiver befassen sollten. Wir sind der Meinung, dass es für die Generierung langfristiger Überrenditen am besten ist, den Index weitgehend zu ignorieren. Das erfordert einen gewissen Mut, da es auch Wertschwankungen durchzustehen gilt. Um langfristig besser als die Benchmark zu sein, muss man aber auch etwas anders machen als die Benchmark. Am britischen Markt ist das besonders wichtig, weil dieser eine hohe Konzentration von Mega-Caps aufweist: alte, zyklische Unternehmen, die einen großen Einfluss auf die relative Out- oder Underperformance eines Portfolios haben, je nachdem, ob man sie hält oder nicht.

„Die Optimierung der Positionsgrößen kann eine versteckte Alphaquelle sein.“ -Chris Smith

Kiran Nandra: Du verwaltest ein konzentriertes Portfolio.

Chris Smith: Wir managen ein konzentriertes Portfolio von lediglich 30 bis 35 Aktien. Viele andere Fonds in unserer Peergroup halten rund 50 Titel. Die Untersuchungen, die wir gelesen haben, legen nahe, dass man nur 20 bis 30 Aktien benötigt, um eine optimale Diversifizierung zu erreichen. Ein konzentriertes Portfolio ermöglicht es uns auch, tiefergehende Fundamentalanalysen der einzelnen Unternehmen durchzuführen.

Wir legen den Fokus eher auf absolute als auf relative Risikokennzahlen. Uns geht es darum, die richtige Risikobalance innerhalb des Fonds zu erreichen, zum Beispiel in Bezug auf die Ertragsqualität, die Bilanzstärke und die Bewertung der verschiedenen Wertpapiere. Bei der Zusammenstellung unseres Portfolios schenken wir rückwärtsgerichteten relativen Kennzahlen wie Active Share, Beta-Volatilität und Value at Risk (VaR) wenig Beachtung.

Anstelle der Gleichgewichtung setzen wir auf eine aktive Gewichtung unserer Portfoliokomponenten. Diese Vorgehensweise beim Aufbau von Positionen passt zu unserem Investmentprozess, vielleicht sogar zu der Region, in der wir investieren. Das heißt aber nicht, dass sie für jeden richtig wäre. Wenn unser Fonds ein globaler Aktienfonds mit einem viel breiteren Anlageuniversum wäre, würden wir unsere Aktien vielleicht gleichgewichten.

Für die Bestimmung der Positionsgrößen haben wir eine einfache Checkliste mit qualitativen und quantitativen Kriterien erstellt. Wir achten sehr genau auf das absolute Risiko. Wir wollen, dass die zehn bis 15 Top-Positionen in unserem Portfolio qualitativ hochwertige Unternehmen mit langlebigen Geschäftsmodellen sind, die nach geografischen Endmärkten und Währungen diversifiziert sind. Bei diesen Titeln ist die Spanne der möglichen Ergebnisse nicht so groß. Das hilft uns, das Risiko dauerhafter Kapitalverluste zu minimieren.

Die zweite Gruppe von Titeln in unserem Portfolio ist von etwas geringerer Qualität und weist geringere Positionsgrößen auf. Bei diesen Aktien ist das Spektrum an möglichen Ergebnissen breiter. Wir bezeichnen diese Titel als zyklische oder opportunistische Wachstumswerte. Sie sind risikoreicher, bieten aber auch mehr Chancen. Wir sind uns bewusst, dass wir bei diesen Titeln eher Fehler machen können, und steuern das Risiko daher durch kleinere Positionsgrößen.

Kiran Nandra: Wie hoch ist der Anteil der Top-10-Positionen?

Chris Smith: 45 Prozent.

Kiran Nandra: Sind die weniger hochwertigen Positionen der zweiten Gruppe gleichgewichtet?

Chris Smith: Nein, die Gewichtung erfolgt auf der Grundlage unseres Überzeugungsgrads, sodass die besten Ideen am höchsten gewichtet sind. Die meisten Positionen am unteren Ende sind mit 1,5 Prozent bis 2 Prozent gewichtet, unterscheiden sich also nicht so stark voneinander.

Wir verbringen viel Zeit mit der Analyse der einzelnen Wertpapiere. Uns ist wichtig, dass jeder Titel einen aktiven Performancebeitrag leistet. Wir gehen nicht einfach mit 50 Basispunkten rein. 1,5 Prozent ist unsere Mindestpositionsgröße. Die größte Position ist auf 7 Prozent begrenzt. Selbst wenn man das qualitativ hochwertigste Unternehmen der Welt mit der günstigsten Bewertung in seinem Portfolio hat, kann es zu Fehleinschätzungen und unvorhergesehenen Ereignissen kommen. Die Begrenzung der größten Position auf 7 Prozent lässt immer noch Spielraum für einen bedeutenden Performancebeitrag. Bei einer Maximalgewichtung von 10 Prozent wären wir nervös in Bezug auf die Auswirkungen unvorhergesehener Ereignisse und dauerhafte Kapitalverluste.

Beim Portfolioaufbau verfolgen wir zwar einen Bottom-up-Prozess, haben aber auch das globale Wirtschaftsumfeld im Blick. Wir wissen, in welchen Szenarien das Portfolio unter- oder überdurchschnittlich abschneiden wird. Durch diversifizierende Investments oder Portfolioabsicherungen versuchen wir, Wertschwankungen zu mindern. Dabei handelt es sich um Titel, die dem Investmentprozess und der Anlagephilosophie des Fonds entsprechen, aber die Diversifikation erhöhen. Beispielsweise können wir das Gewicht der britischen Mid-Cap-Aktien im Fonds erhöhen, wenn wir das Gefühl haben, GBP-Anlagen zu stark unterzugewichten. Wenn wir glauben, nicht genug Markt-Beta im Fonds zu haben oder in einem stark steigenden Markt nicht mithalten zu können, kaufen wir vielleicht einen Vermögensverwalter. Und wenn das Portfolio nicht ausreichend zyklisch ist, können wir das Engagement in Industriewerten erhöhen. Dabei arbeiten wir eng mit dem Risikoteam zusammen. Wir verbringen viel Zeit mit Portfolio-Stresstests, um zu ermitteln, wie groß das Verlustrisiko im Worst-Case-Szenario ist. Auch wenn es notwendig sein kann, eine kurzfristige Underperformance hinzunehmen, um eine langfristige Outperformance zu erzielen, gibt es auch ein unserer Ansicht nach inakzeptables Maß an Underperformance und Kapitalverlusten. Deshalb sorgen wir mit gezielten Einzeltitelengagements für eine bessere Balance.

Kiran Nandra: Woher stammt das meiste Alpha? Von den Top-10-Positionen?

Chris Smith: Es stammt aus den zehn bis 15 größten Positionen. Dagegen haben sich die kleinsten Positionen als wertmindernd erwiesen. Dass unsere Top-Ideen Performancetreiber sind, ist gut, aber die Mindererträge unserer kleinsten Positionen sind frustrierend und wir untersuchen die Gründe dafür. 

Das Gewicht im Blick behalten

Jede Aktie in einem Portfolio hat ein Gewicht, den ihr zugewiesenen Anteil am Portfoliovermögen. Bei einem Portfoliovermögen von insgesamt 1 Mrd. USD beträgt das Gewicht einer Aktie, in die 50 Mio. USD investiert sind, 5%. Das Gewicht aller Aktien in einem Portfolio summiert sich immer auf 100%.

Die einfachste Art, ein Portfolio zu gewichten, ist die Gleichgewichtung. Eine weitere Gewichtungsmethode ist die Gewichtung nach der Marktkapitalisierung, die von einigen bekannten Indizes wie dem S&P 500 und dem FTSE 100 angewandt wird. Eine Variante davon ist die Quadratwurzel der Marktkapitalisierung, die die Allokation in die größten Unternehmen abschwächt (vgl. grüne und blaue Balken unten).

Vier Beispiele für Gewichtungsmethoden 

Quelle: London Stock Exchange, Stand: 19.04.2024

Die Portfoliogewichtung hängt mit der Anzahl der Aktien in einem Portfolio zusammen. Wenn ein Portfolio 30 Aktien ent-hält, können nicht alle davon mit maximal 3% gewichtet sein, da dies in der Summe nur 90% ergäbe. Bei einem Portfolio mit 100 Aktien könnte das Gewicht der einzelnen Aktien auf maximal 1% begrenzt sein.

Die Gewichtung hat maßgeblichen Einfluss auf die Rendite eines Portfolios. Eine Aktie, deren Kurs sich verdoppelt hat, hätte die gleiche finanzielle Rendite generiert wie eine Aktie, die um 50% gestiegen ist, wenn ihr Gewicht im Portfolio halb so hoch gewesen wäre wie das der letztgenannten.

Diversifikation oder „Diworsification“?

Wie der Nobelpreisträger Harry Markowitz 1952 feststellte, kann eine Kombination von Vermögenswerten, deren Korrelation weniger als 1 beträgt, das Risiko eines Portfolios reduzieren1. Diese mathematische Feststellung entspricht der Volksweisheit, dass man „nicht alles auf eine Karte setzen“ sollte.

Wie viele Aktien muss ein Portfolio enthalten, um eine gute Diversifikation zu erreichen? Die Antworten variieren, aber einschlägige Untersuchungen signalisieren, dass 20 bis 30 ein guter Richtwert sind. Natürlich hängt es auch davon ab, um was für Aktien es sich handelt: Mit ausschließlich Ölkonzernen im Portfolio hätte man zum Beispiel keine gute Diversifikation. Das Portfolio muss unterschiedliche Aktien enthalten.

Eine zu kleine Anzahl von Aktien kann das Portfoliorisiko merklich erhöhen. Eine deutlich größere Zahl kann zu einer zu breiten Diversifikation führen, manchmal auch als „Diworsification“ bezeichnet. Wird die Anzahl der Aktien weit genug erhöht, stimmt die Portfoliozusammensetzung zunehmend mit der des Marktes überein, sodass die Performance nicht mehr stark von der des Referenzindex abweicht.

Die Portfoliotheorie von Markowitz ist mit der Zeit verfeinert worden. Beispielsweise beruht seine Theorie auf der Annahme einer Normalverteilung der Aktienrenditen.

Schwellenländeranleihen

Nick Payne: Bei der Portfoliokonstruktion gehen wir sehr ähnlich vor wie Chris. Unser Portfolio besteht aus 30 bis 40 Aktien, meistens eher 30 als 40. 40 ist unsere harte Obergrenze. Ein wichtiges Konzept ist das Auswahlparadox. Gibt man Menschen zu viele Wahlmöglichkeiten, treffen sie schlechte Entscheidungen. Das Schwellenländeruniversum ist sehr groß. Unsere Top 10 Aktien machen in der Regel rund 50 Prozent des Portfolios aus. Das ist mehr als bei Chris.

„Wenn man Menschen zu viele Wahlmöglichkeiten gibt, treffen sie schlechte Entscheidungen.” - Nick Payne

Wir haben eine sehr ähnliche Anlagephilosophie wie Chris, insofern als wir auf Unternehmen abzielen, die sich durch eine hohe, durch Wettbewerbsvorteile abgesicherte Eigenkapitalrendite sowie eine attraktive Reinvestitionsrate auszeichnen. Dadurch fallen ganze Branchen für uns weg. Wir sagen unseren Anlegern ganz offen, dass ein Anstieg des Ölpreises von 50 US-Dollar auf 150 US-Dollar für uns schmerzhaft wäre. Wir hoffen, dies durch eine gute Performance in anderen Teilen des Portfolios oder durch andere erfolgreiche, nicht korrelierte Wetten kompensieren zu können. Wir versuchen deshalb nicht krampfhaft, „den hochwertigsten Ölkonzern“ zu kaufen, den wir finden können. Wir sind nicht im Energiesektor investiert und auch nicht in der Tabak-, Versorgungs- und Immobilienindustrie.

James Murray: Und du kannst dir auch keine Situation vorstellen, in der das doch einmal der Fall sein könnte?

Nick Payne: Was den Nachhaltigkeitsaspekt betrifft, so können wir ein Ölunternehmen nicht wirklich auf der Grundlage einer langfristigen Discounted-Cashflow-Analyse (DCF-Analyse) bewerten. Wir wissen genau, was wir wollen, und in der Regel begrenzt das unser Engagement auf bestimmte Sektoren: Basiskonsumgüter, zyklische Konsumgüter, Industrie und Finanzdienstleistungen. Wir sind der Meinung, dass einige ausgewählte Finanztitel in den Schwellenmärkten Qualitätsunternehmen mit Wachstumspotenzial sind. Wir teilen Chris‘ Meinung, dass man mit einer relativ kleinen Anzahl von Aktien – vielleicht 20 – viel Risiko wegdiversifizieren kann, wenn diese Aktien wirklich unkorreliert sind. Aber unkorrelierte Aktien zu finden ist schwierig. Die Herausforderung beim Management eines konzentrierten Portfolios besteht darin sicherzustellen, dass es nicht zu eng wird. Konzentration ist nicht gleichbedeutend mit eng. Wir verbringen viel Zeit mit Überlegungen über die richtige Zusammenstellung aus der Top-down- und Branchenperspektive, um sicherzustellen, dass wir ein relativ gut diversifiziertes Portfolio haben. Wir sorgen für eine angemessene Diversifikation unter den Ländern, in die wir investieren. In Korea, dem zweit- oder drittgrößten Land in der Benchmark, sind wir gar nicht investiert. In China sind wir aufgrund unserer Makroeinschätzung derzeit rund 11 Prozentpunkte untergewichtet. Wie Chris machen wir uns viele Gedanken über das Risiko absoluter Wertverluste. Ein gutes Beispiel dafür gab es im Emerging-Market-Universum im Jahr 2022 mit Russland, wo wir nicht investiert waren. Heute erscheint China zunehmend prekär. In der Türkei ist der politische Mix abschreckend. Wir sind Dollar-Investoren. Wenn ich jedes Jahr 20 Prozent durch die türkische Lira verliere, ist das eine hohe Hürde, die ich nehmen muss, um eine respektable Rendite zu erzielen. Wir haben kein Problem damit, nein zu einer bestimmten Branche zu sagen, und wenn diese haussiert, ist das für uns auch okay, weil wir nicht überall zur gleichen Zeit sein können. Es ist ein Trugschluss zu glauben, man könne alles abdecken.

Kiran Nandra: James, wie sieht es mit der Portfoliokonstruktion im Systematic Equites Team aus?

Systematische Long-Only-Aktienstrategien

James Murray: Wir machen fast überall das Gegenteil von dem, was Chris und Nick gesagt haben! Wir schauen durchaus auf die relative Position. Wir haben ein sehr ausgewogenes Branchen- und Länderengagement im Vergleich zur Benchmark. Wir haben einen Tracking Error von 3 bis 4 Prozent, sind aber bei der Portfoliozusammenstellung sehr viel strukturierter und benchmarkbewusster. Allerdings ist Nordamerika ein Beispiel für einen Markt, in dem sieben Aktien einen Großteil der Benchmark ausmachen, die eine enorme Konzentration in Tech-Titeln aufweist. Ein nordamerikanischer Long-Only-Investor ohne ein Engagement in Technologiewerten wäre wahrscheinlich nicht mehr im Geschäft! In den USA ansässige Value Manager sind derzeit nicht so leicht zu finden!

Ein weiterer Unterschied betrifft unsere Branchenprognosen. Die Signale, die wir auf Branchenebene verwenden, unterscheiden sich von denen für die Einzeltitelauswahl. Nick, wie entscheidest du, wann der richtige Zeitpunkt ist, um Gewinne mitzunehmen oder Verluste zu realisieren? Ist es eine Entscheidung, die bei der Portfoliokonstruktion getroffen wird, wenn eine Position zu groß geworden ist?

 „Jetzt lasse ich die Rosen in Ruhe und entferne das Unkraut aus dem Portfolio.“ - Nick Payne

Rebalancing

Nick Payne: Kann ich ruhig schlafen? Mache ich mir langsam Sorgen, dass diese Position zu groß ist? Wenn mich etwas rund um die Uhr beschäftigt, ist das kein gutes Zeichen. In der Vergangenheit habe ich gleichgewichtete Portfolios gemanagt, bei denen eine Position reduziert wurde, wenn sie sich um 50 Prozent besser entwickelt hatte als das Portfolio, und neu gewichtet wurde, wenn sie unterdurchschnittlich abschnitt. Heute denke ich anders. Jetzt lasse ich die Rosen in Ruhe und entferne das Unkraut aus dem Portfolio, anstatt Verliereraktien aufzustocken und Gewinneraktien zu beschneiden. Die Anlagephilosophie, die wir verfolgen, besteht darin, Unternehmen zu finden, die nachhaltiges Wertzuwachspotenzial bieten, und diese Positionen wollen wir nicht immer wieder zurückstutzen. Solche Unternehmen werden von Jahr zu Jahr wertvoller – auch wenn das nicht bedeutet, dass sich ihr Aktienkurs entsprechend geradlinig nach oben bewegt. Das Gewicht solcher Aktien wird mit der Zeit größer werden. Das Schlimmste, was man machen kann, ist, Positionen immer weiter zu beschneiden, weil sie zu teuer geworden sind oder weil ein Kursziel erreicht ist. Das Erreichen eines Kursziels ist eine gute Gelegenheit, eine Position zu überprüfen – mechanistische Verkäufe sollte man aber vermeiden.

Unsere Alphaquelle ist die Suche nach Unternehmen, die nachhaltiges Wertzuwachspotenzial bieten, und nicht die Hypothese der effizienten Märkte mit ihrer Annahme von der Rückkehr zum Mittelwert, wodurch man kaufen soll, was unter diesem Wert liegt, und warten, bis es den Wert wieder erreicht hat, und verkaufen, was darüber liegt. Die Vorstellung, dass Alpha endlich ist, ist falsch. Manche würden vielleicht sagen, dass sich unser Alpha-Lebenszyklus verbessern ließe. Dafür müssten wir aber unseren Portfolioumschlag erhöhen und wieder zum Ratespiel zurückkehren, ob eine Aktie günstiger ist, als der Markt meint, und ob sie aufwerten wird, damit wir es schaffen, einen Gewinn von 20 Prozent zu realisieren und zu verkaufen. Das Problem dabei ist, dass wir dann wieder eine andere Aktie finden müssen, die um 20 Prozent unterbewertet ist. Und das ist nicht unsere Alphaquelle.

James Murray: Auch hier machen wir wieder das genaue Gegenteil! Unsere größten Positionen sind mit 1,5 Prozent gegenüber der Benchmark gewichtet. Die nächste Aktie zu finden, die um 20 Prozent steigen könnte, ist etwas, das wir jeden Tag bei 7.500 Aktien im Universum tun. Weil unser Prozess automatisiert ist, versuchen wir, dafür zu sorgen, dass 60 Prozent unseres Portfolios aus Gewinnern besteht, und akzeptieren, dass 40 Prozent Verlierer sein werden. Wir recyceln unser Portfolio und behalten unser Faktorexposure bei. Das ist es, was wir unter der konsequenten Anwendung unserer Philosophie und unseres Prozesses verstehen. Unser Ansatz, unsere Gewinner zurückzustutzen und das Portfolio zu recyceln, entspricht unserer Philosophie. Dabei ist festzuhalten, dass alle über den gesamten Investmentprozesses hinweg getroffenen Entscheidungen durch die Kernphilosophie bestimmt werden. Was die Portfoliokonstruktion angeht, ist unser Ergebnis ein ganz anderes.

„Alle über den gesamten Investmentprozesses hinweg getroffenen Entscheidungen werden durch die Kernphilosophie bestimmt.” -James Murray

Nick Payne: Dafür, dass ich mich im Laufe meiner Karriere noch stärker konzentriert habe, gibt es einen einfachen Grund: Ich habe vor einigen Jahren erkannt, dass es im Zeitalter des Factor- und Quant-Investings nicht mehr realistisch ist, dass der einzelne Investmentmanager nach Aktien sucht, die billig sind, um sie wieder zu verkaufen, wenn sie teuer sind. Quants und Computer machen das über Nacht, rund um die Uhr, und verarbeiten viel mehr Daten, als Menschen es je könnten. Mir war klar, dass wir damit nicht konkurrieren können und unsere Ansätze entsprechend anpassen müssen. Für einen diskretionären, fundamental orientierten Investmentmanager ist es zu schwierig, einen Portfolioumschlag von 100% zu managen.

James Murray: Unser täglicher Portfolioumschlag beträgt bis zu 2 Prozent. Unser jährlicher Portfolioumschlag ist vielleicht fünf Mal so hoch, d.h. 500 Prozent. Ich bin überrascht, wie wenig du handelst. In Anbetracht der Volatilität der Kurse und der Schnelligkeit, mit der sich Informationen auf die Preise von Vermögenswerten auswirken, stellt sich die Frage, wie intensiv aus der Perspektive der Alphagenerierung und des Recyclings von Positionen gehandelt werden sollte.

Chris Smith: Was unsere Handelsaktivitäten angeht, haben wir kein bestimmtes Ziel. Unser historischer Portfolioumschlag liegt bei etwa 15 Prozent bis 20 Prozent. Das bedeutet eine durchschnittliche Haltedauer von etwa fünf Jahren. Ein Portfoliomanager hat vielleicht fünf bis sieben sehr gute Ideen pro Jahr. Für eine gründliche Unternehmensanalyse braucht man realistischerweise ein bis zwei Monate.

Wir passen das Portfolio nicht ohne Grund an. Letztlich versuchen wir, hochwertige Unternehmen zu finden, die zu einem hohen Abschlag auf ihren fairen oder inneren Wert notieren. Und bis der Markt diesen Wert erkennt, verkaufen wir nicht ohne Grund. In der Regel verkaufen wir eine Aktie, wenn sie sehr gut performt hat und wir sie für zu teuer halten. Ein weiterer Verkaufsgrund wäre eine veränderte Anlagethese. Das wäre ein Grund für uns, eine Position zu veräußern oder deutlich zu reduzieren, weil wir einen Fehler gemacht haben. An diesem Punkt haben wir dann aber schon neue, über mehrere Jahre analysierte Ideen für neue Positionen, die die veräußerten Titel ersetzen können.

Anleihen – absolute Rendite

Kiran Nandra: Wir haben jetzt mit drei Aktienmanagern gesprochen. James, unterscheidet sich dein Portfoliokonstruktionsansatz für Absolute Return-Anleihenstrategien sehr stark von dem, was wir bisher gehört haben?

James Novotny: Unser Ausgangspunkt ist das Portfoliorisiko. Wir betrachten makroökonomische Faktoren wie BIP-Wachstum oder Inflation und überlegen dann, wie viel Risiko wir eingehen möchten. Wir sind relativ benchmarkbewusst – und unsere Benchmark ist Cash, daher achten wir sehr genau auf den Tracking Error. Wir streben einen Ex-ante-Tracking Error von 1 Prozent bis 8 Prozent an und im Schnitt sind es 4 Prozent.

Dann machen wir uns Gedanken über die Allokationen in verschiedene Anlageklassen – was mit der Branchenallokation bei Aktienstrategien vergleichbar ist. Wir schauen uns Anleihen, Währungen und Inflation an und gehen dann runter auf die Länderebene. Dies ist ein weitgehend diskretionärer Prozess – wir haben aber auch ein systematisches Element, ein Risikomodell. Unser Risikomanager sieht sich unsere Einschätzungen zu Risiken, Anlageklassen und Ländern an und sagt uns dann, was wir im Fonds haben sollten, also wie der Fonds auf der Grundlage dessen, was wir herausgefunden haben, aussehen sollte. Dann überlegen wir uns, ob wir unsere Allokationen anpassen sollten. Dabei geht es nicht darum, blind dem Modell zu folgen, sondern eher darum, die Positionierung noch einmal zu überdenken.

Angesichts der Volatilität des makroökonomischen Umfelds müssen wir darauf achten, wie hoch unser Risiko ist, wo dieses Risiko eingegangen wird und ob wir angesichts der von uns angestrebten Sharpe Ratio gut diversifiziert sind. Ein Beispiel dafür war das Jahr 2022, als die Anleihenmärkte extrem volatil waren. Eine kurze Duration hätte da vielleicht eine bessere Rendite erbracht, wäre aber wesentlich volatiler gewesen.

James Murray: Wenn du dich bei der Portfoliokonstruktion so sehr auf das Risiko konzentrierst, verpasst du dann die Chancen?

James Novotny: Wenn wir zum Beispiel ans Jahr 2022 zurückdenken, hätten wir sicher gerne kurzlaufende Anleihen im Portfolio gehabt. Hätten wir uns daran gehalten, wären unsere Renditen in dem Jahr höher gewesen – aber auch deutlich volatiler. Wir nutzen unser Risikoniveau, um eine positive Renditesymmetrie zu erreichen. Anstatt ständig ein Risiko von 5 Prozent oder 4 Prozent zu haben, geben wir manchmal zu, dass wir keine klare Überzeugung in Bezug auf den Makroausblick haben.

James Murray: Du hast ein flexibles Volatilitätsziel. Wenn du Bedenken hast, wohin sich der Markt entwickelt, kannst du in Geldmarktanlagen umschichten. Da wir in unserem systematischen Prozess täglich 7.500 Ideen haben, ist das Risiko, nicht am Aufwärtspotenzial einer dieser Ideen zu partizipieren, nicht so groß. Als Aktienanleger können wir aus einer riesigen Anzahl von Wertpapieren auswählen – von einfachen bis hin zu esoterischen Unternehmen – und aus vielen verschiedenen Arten von Erlösströmen. Im Anleihenbereich ist meine naive Sichtweise die, dass, wenn sich die Welt in einem Zinserhöhungszyklus befindet, zumeist eine sehr hohe Korrelation zwischen der Zinsentwicklung in den USA und Europa besteht.

James Novotny: An den Anleihenmärkten Alpha zu finden, kann mitunter schwierig sein. Man kann nicht einfach darauf setzen, dass es sich ausgleicht, wenn man long in japanischen Aktien und short in britischen Aktien ist, weil beide Märkte recht unterschiedlich sind. Wir überlegen uns sehr genau, wie wir unsere Positionen im Fondskontext gewichten. Erhalten wir Alpha oder haben wir nur eine Beta-Wette? Manchmal will man die Beta-Wette. Manchmal möchte man in großem Stil in Anleihen investieren, manchmal aber auch nicht. Die für uns entscheidende Frage ist letztlich immer, wie viel Risiko wir eingehen. 

„Die für uns entscheidende Frage ist letztlich immer, wie viel Risiko wir eingehen.” - James Novotny

Aus Erfahrung lernen

Kiran Nandra: Eine letzte Frage: Gibt es irgendetwas an eurem Prozess, das ihr im Laufe der Zeit geändert habt?

Chris Smith: Früher habe ich die Gewinner viel aggressiver reduziert und die schlecht laufenden Ideen aufgestockt. Das mache ich jetzt nicht mehr, sondern lasse die Gewinner länger laufen. Ich bin heute eher bereit, große Branchenwetten einzugehen. Wenn mir ein Titel nicht gefällt, habe ich überhaupt kein Problem damit, diesen Titel nicht zu halten. Am Anfang meiner Karriere war ich vermutlich benchmarkbewusster. Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass man für seine Kunden am ehesten Mehrerträge erzielt, wenn man mutig ist und eine kurzfristige Underperformance toleriert.

Nick Payne: Das erste für mich ist genau das, was Chris gerade gesagt hat: dass ich mich weniger an der Benchmark orientiere. Zweitens stellen wir uns die Frage, ob wir bei neuen Unternehmen mit einer kleineren Position einsteigen. Sollten wir bei einem Unternehmen, das unseren gesamten Prozess durchlaufen hat, das wir aber noch nicht besonders gut kennen, erst einmal nur mit 1% beginnen? Oder führt das dazu, dass wir unsere Positionen nicht aggressiv genug bemessen? Schließlich ist schwer zu sagen, wann man ein Unternehmen gut genug kennt: nach 360 Tagen? Nach zwei Berichtsquartalen? Wenn man sich für eine Aktie entschieden hat, ist es vielleicht besser, sie direkt in der gewünschten Stückzahl zu kaufen. Nicht schrittweise vorgehen, sondern einfach kaufen und verkaufen. Bei einigen unserer neuesten Titel sind wir direkt mit einer Gewichtung von rund 3% eingestiegen, anstatt uns mühsam dahinzubewegen.

Quellen: 

(1) Markowitz, H. (1952) ‘Portfolio selection’, The Journal of Finance, March 1952, Vol. 7, Nr. 1, S. 77-91.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
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