Was erwartet Anleger mit der Zinswende?

Nach ihrem Kampf gegen die schlimmste Inflationswelle seit der Volcker-Ära beginnen die großen Zentralbanken der westlichen Welt endlich, die Zinsen zu senken. Jupiter Asset Management | 16.09.2024 11:29 Uhr
Ariel Bezalel und Harry Richards, Investmentmanager, Jupiter Asset Management / © e-fundresearch.com / Jupiter Asset Management
Ariel Bezalel und Harry Richards, Investmentmanager, Jupiter Asset Management / © e-fundresearch.com / Jupiter Asset Management

In den vergangenen zwei Jahren hatte sich die US-Notenbank (Fed) vor allem darauf konzentriert, den Preisdruck in den Griff zu bekommen, der durch den Nachfrageboom im Nachgang der Corona-Pandemie ausgelöst wurde. Das Wirtschaftswachstum hatte sich als viel robuster erwiesen als erwartet, und verschiedene Datenpunkte sendeten zum Teil widersprüchliche Signale aus. Das erschwerte es den Zentralbanken, Herr der Lage zu werden, und sorgte für Verunsicherung an den Märkten.

Der Anstieg der Kerninflation im ersten Quartal verschreckte die Märkte zusätzlich und führte dazu, dass die Erwartungen an Zinssenkungen in die zweite Jahreshälfte 2024 verschoben wurden. Die ausgeprägte Saisonalität der monatlichen Inflationsdaten und die Unzuverlässigkeit der saisonbereinigten Werte haben die Bewertung der Fortschritte in Richtung des Inflationsziels von 2 Prozent erschwert. Grundlegendere Zahlen verdeutlichen den sich abzeichnenden Trend jedoch.

Im Vergleich zum geschätzten neutralen Zinssatz erscheinen die Realzinsen restriktiv*

Quelle: Bloomberg, NY Fed, Jupiter, Stand 31.07.24. Der reale Zentralbankzinssatz wird durch Abzug der Jahresrate des Kern-VPI (Kern-PCE für die USA) berechnet. * Berechnung des neutralen Zinssatzes auf der Grundlage des Holston-Laubach-Williams-Modells.

Wir glauben, dass sich die Inflation wieder im Abwärtstrend befindet. Die nicht saisonbereinigten Monatsvergleichszahlen für den US-Kerninflationsindex seit Oktober 2022 zeigen, dass die monatliche Inflation in fast allen Monaten mit einigen wenigen Ausnahmen unter dem Vorjahreswert lag. Auch die üblichen Inflationstreiber waren in den letzten zwei Jahren weitgehend abwesend: In den wichtigsten Industrieländern gab es kein Geldmengenwachstum und die Rohstoff- und Lebensmittelpreise fielen moderater aus.

Der Arbeitsmarkt wird schwächer

Das bevorzugte Inflationsmaß der Fed bewegt sich kontinuierlich in Richtung ihres 2-Prozent-Ziels. Wir weisen bereits seit vielen Monaten auf die Schwäche am Arbeitsmarkt hin und die steigende Arbeitslosenrate könnte ein wesentlicher Grund für die weniger restriktive Haltung von Fed-Chef Jerome Powell sein. Angesichts der nachlassenden Inflation scheint sich die Fed auf ihr anderes wichtiges geldpolitisches Mandat zu konzentrieren.

Die Lage am US-Arbeitsmarkt erscheint derzeit weniger angespannt als vor zwei Jahren. Das sollte zu einer weiteren Normalisierung des Lohnwachstums beitragen. Unserer Ansicht nach ist das derzeitige Lohnwachstum bei Produktivitätszuwächsen von 1,5% bis 2% förderlich für das Erreichen des 2-Prozent-Inflationsziels der Fed. Durch die Aussicht auf einen Arbeitskräfteüberschuss am Arbeitsmarkt muss auch nicht mit einer Lohn-Preis-Spirale gerechnet werden.

Konsumabschwächung in Sicht

Die durch die Pandemie verursachten Verwerfungen haben nach der Aufhebung der Covid-Beschränkungen zu einem starken Nachfrageanstieg geführt. Da es während der Pandemie wenig Möglichkeiten gab, Geld auszugeben, häuften die privaten Haushalte hohe Sparüberschüsse an. Das kurbelte die Nachfrage der Verbraucher, die 70% des US-BIP ausmachen, kräftig an.

Im zurückliegenden Jahr hat sich die finanzielle Lage der Verbraucher jedoch beständig verschlechtert. Bei der Präsentation ihrer jüngsten Quartalsergebnisse zeigten sich die großen Einzelhändler deutlich weniger optimistisch als zuvor. Der allmähliche Anstieg der Ausfälle bei Verbraucherkrediten ist ein weiteres Zeichen für Schwäche. Auch die Restaurantausgaben haben sich seit Jahresanfang etwas abgeschwächt.

Die geschätzten Sparüberschüsse, die niedrige Sparquote, ein größeres Volumen an Verbraucherkrediten, die schwächeren Einkommenserwartungen und die stagnierenden Einzelhandelsumsätze sind weitere Hinweise auf eine Verlangsamung.

Fokus auf hochwertige Vermögenswerte

Außerhalb der USA ist die Erholung der Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe bereits ins Stocken geraten. Ein Mix aus höheren Energiepreisen, fehlendem Spielraum für zusätzliche Haushaltsausgaben und einer nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit von Waren gegenüber China macht einen Wachstumsaufschwung unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass die Ergebnisse der Wahlen in Europa die Unsicherheit an der politischen Front noch verstärken. Chinas strukturelle Probleme sind auch noch nicht gelöst.

In Großbritannien hat die Struktur des Hypothekenmarktes eine deutlich schnellere Übertragung der geldpolitischen Impulse auf die Realwirtschaft ermöglicht und die verfügbaren Einkommen und den Konsum gedämpft. Das Beschäftigungswachstum ist in Großbritannien zuletzt ebenfalls deutlich schwächer ausgefallen. Seit Jahresanfang sind die Löhne hier nicht mehr gestiegen.

Seit Powells jüngsten Äußerungen zur Geldpolitik konzentrieren sich die Diskussionen am Markt vor allem auf Tempo und Ausmaß bevorstehender Zinssenkungen. Die Anleger fragen sich immer noch, ob eine „weiche Landung“ mit minimalen negativen Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Gesamtwirtschaft möglich ist oder ob wir auf eine Rezession zusteuern.

Was uns angeht, halten wir die Realzinsen für zu hoch und sehen die Gefahr, dass sich die Zentralbanken zu einer noch schnelleren Lockerung ihrer Geldpolitik gezwungen sehen könnten, als sie die Märkte derzeit eingepreist haben. Dies könnte Anleihen, insbesondere den bonitätsstärkeren Segmenten der Anlageklasse, Auftrieb geben.

Von Ariel Bezalel und Harry Richards, Investmentmanager bei Jupiter Asset Management

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.