Strukturelle Veränderungen könnten den Preisdruck erhöhen
Die zugrunde liegende Inflation bewegt sich in vielen Industrieländern in diesem Jahr weiter auf erhöhten Niveaus, und wesentliche strukturelle Veränderungen sprechen dafür, dass die Teuerung über lange Zeit oberhalb der aktuellen Zielwerte der Zentralbanken verharren könnte. Zu den Faktoren, die eine anhaltend höhere Inflation bedingen können, zählen insbesondere der demografische Wandel, die Deglobalisierung und die grüne Wende. Wie die Pandemie gezeigt hat, können plötzliche Angebotsschocks zu sprunghaften Preisanstiegen in bestimmten Sektoren führen, die dann wiederum auf den Rest der Wirtschaft übergreifen. Eine flexible Gesellschaft, die gut für die bevorstehenden großen Herausforderungen gewappnet ist, wäre somit die beste Voraussetzung, der Inflation entgegenzuwirken. Sollte dies nicht erreichbar sein, könnte eine etwas höhere Teuerung dazu beitragen, die Belastungen die dieser Wandel mit sich bringt, etwas zu mindern.
Inflation und Staatsverschuldung
Höhere Inflationsraten werden immer wieder als ein Mittel genannt, mit Hilfe dessen sich das Problem einer überbordenden Staatsverschuldung lösen lasse. Manche halten sie sogar für das einzige Mittel und daher für unausweichlich. Wir zeigen, wie stark höhere Inflationsraten tatsächlich zur Entschuldung der Staaten beitragen können, auf welche Variablen es dabei ankommt und welche Nebeneffekte dabei auftreten. Klar wird - ein Allheilmittel sind höhere Inflationsraten nicht.
Ein Währungsansatz zur Bewertung von Gold
Gold wartet seit Anfang dieses Jahres mit einer herausragenden Performance auf. Auf den ersten Blick mag dies in der hohen Inflation, den Wachstumssorgen und der erhöhten geopolitischen Unsicherheit begründet liegen. Wir stellen nachfolgend ein Rahmenwerk vor, das eine eingehendere Analyse der Goldpreisentwicklung ermöglicht. Indem wir Gold wie eine Währung behandeln, können wir die Preisdynamik des Edelmetalls als eine Funktion der Inflation, der realen Renditen, des US-Dollars und verschiedener Indikatoren für die Risikoaversion modellieren. Unser Modell beruht auf empirischen Schätzungen und verdeutlicht, dass sich die Preisschwankungen bei Gold zwar weitgehend durch die realen US-Renditen, zu einem nicht unwesentlichen Teil aber auch durch die Entwicklung des US-Dollars und die Nachfrage nach sicheren Häfen erklären lassen. Unsere Ergebnisse behalten auch dann ihre Gültigkeit, wenn der Goldpreis in Euro oder Pfund Sterling ausgedrückt wird. Deutlich schwächer ist die Erklärungsbeziehung hingegen bei einer Bepreisung in Währungen, die selbst bereits als sichere Häfen gelten.
Inflationsperspektiven aus verschiedenen Kontinenten
Der Wiederanstieg der Inflation in den vergangenen beiden Jahren vollzog sich auf globaler Basis. Grund waren pandemiebedingte Lieferkettenstörungen, wobei die aufgestaute Nachfrage im Dienstleistungssektor erschwerend hinzukam. Die Invasion und partielle Besatzung der Ukraine durch Russland hat den Preisdruck durch sprunghaft ansteigende Lebensmittel- und Energiepreise noch verstärkt. Die fiskal und geldpolitischen Entscheidungsträger der verschiedenen Länder reagierten unterschiedlich stark auf die höhere Teuerung. Die Inflation wieder auf die jeweiligen Zielwerte zu drücken, hat sich jedoch unabhängig vom verfolgten Ansatz, der sich je nach Land und Region stark unterschiedlich gestaltete, als schwierig erwiesen. Global View traf sich in der Schweiz mit Kolleginnen und Kollegen von J. Safra Sarasin aus aller Welt, um diese Belange im Rahmen einer Diskussionsrunde näher zu beleuchten. Rina Bijur (CEO, London), Varun Bukshi (CEO, Dubai), Hon Hoong Chong (Head Financial Strategies Advisory, Asien) und Karsten Junius (Chief Economist) wurden gebeten, ihre Einschätzung der Lage aus lokaler Sicht darzulegen.