Auf der EZB-Pressekonferenz betonte Präsidentin Lagarde, dass der Inflationsabbau im Euroraum im Gange sei und dass die Inflationserwartungen gut verankert zu sein scheinen, während die Risiken für die Wirtschaftsaussichten eher nach unten gerichtet seien. Sie deutete erneut an, dass die EZB im Sommer damit beginnen könnte, die Geldpolitik zu lockern. Wie die Fed ist sich auch die EZB der Risiken einer zu straffen Politik bewusst. Die raschere Disinflation gibt den Zentralbanken offenbar die Möglichkeit, die Zinsen früher und möglicherweise stärker als ursprünglich befürchtet zu senken. Die Risikomärkte sind zu dem Schluss gekommen, dass die Chancen für eine weiche Landung gestiegen sind, und haben sich seit dem "Fed-Pivot" im Dezember letzten Jahres stark erholt. Eine sanfte Landung ist jedoch keine leichte Aufgabe, da die Wirtschaft von Natur aus komplex ist, die Zentralbanken über stumpfe Instrumente verfügen und keine perfekte Voraussicht haben. Wir bezweifeln, dass die günstigen Bedingungen, die in den USA im vergangenen Jahr das Wachstum angekurbelt und die Inflation gesenkt haben, auch 2024 noch bestehen werden. Folglich ist eine weiche Landung immer noch nicht unser Basisszenario. Eine deutlichere Disinflation, die der Fed eine aggressivere Zinssenkung ermöglicht, könnte die Chancen jedoch durchaus erhöhen.
Reale Renditen und der Dollar sind für den Silberpreis ebenso wie für Gold wichtige Einflussfaktoren, doch verhält sich Silber prozyklischer. Wir gehen von einem weniger günstigen Wirtschaftsszenario aus, als die Märkte derzeit einpreisen, und erwarten, dass Silber schlechter abschneiden wird als Gold, bis sich die globale Makrodynamik verbessert. Aus struktureller Sicht scheint das weiße Metall jedoch gut positioniert zu sein, um von der grünen Transformation und dem Aufstieg der KI zu profitieren. Schließlich hat die US-Gewinnsaison einen soliden Start hingelegt, obwohl die Gewinnspannen auf ein Niveau zurückgefallen sind, das zuletzt im vierten Quartal 2022 verzeichnet wurde. Die Banken haben wahrscheinlich den Höhepunkt der Nettozinserträge in diesem Zyklus erreicht, was eine vorsichtigere Haltung gegenüber diesem Sektor rechtfertigt. Die Margen dürften in den kommenden Quartalen weiter unter Druck geraten, da die Inflationsdynamik ungünstiger geworden ist.
Von Dr. Karsten Junius, Chief Economist, J. Safra Sarasin
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