Südkorea im Aufschwung: Lektionen aus Japan

T. Rowe Price | 08.08.2024 09:29 Uhr
Ernest Yeung, Portfoliomanager bei T. Rowe Price / © e-fundresearch.com / T. Rowe Price
Ernest Yeung, Portfoliomanager bei T. Rowe Price / © e-fundresearch.com / T. Rowe Price

Im Februar 2024 kündigte die südkoreanische Regierung ein mit Spannung erwartetes "Corporate Value-Up Program" an, mit dem die Bewertungen des heimischen Aktienmarktes gesteigert werden sollen und das nach dem Vorbild ähnlicher Reformen in Japan entstanden ist. Das Programm besteht aus drei Säulen: 

  1. Anreize, wie z. B. Steuervorteile, für börsennotierte Unternehmen zur freiwilligen Steigerung des Unternehmenswertes und zur Verbesserung der Kommunikation ihrer Pläne
  2. Unterstützung der Fähigkeit von Investoren, die Leistung von Unternehmen zu bewerten, einschließlich der Schaffung eines neuen Korea Value-Up Index"
  3. Die Einrichtung eines Unterstützungssystems für die mittel- und langfristige Umsetzung.

Im Mai 2024 legte die Aufsichtsbehörde Leitlinien vor, in denen sie die Unternehmen aufforderte, sich freiwillig langfristige Ziele für die Steigerung des Shareholder Value zu setzen und jährlich über die Fortschritte zu berichten. Ziel des ‑Corporate-ValueUp-Programms ist es, den so genannten Korea-Discount zu verringern, der sich auf die historisch niedrigen Bewertungen koreanischer Aktien im Vergleich zu denen anderer Industrie- und Schwellenländer bezieht. Mit der Vorstellung des Plans hoffen die Regierung und andere zuständige koreanische Behörden, dem Erfolg ähnlicher Bemühungen, die Japan seit 2013 unternommen hat, nachzueifern.

Südkoreanische Aktien werden im Vergleich zu anderen Ländern niedriger bewertet

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Stand: 22. März 2024 (linkes Schaubild), Stand: 31. Dezember 2023 (rechtes Schaubild).


Erwartungen an die Wertsteigerung in Südkorea

Während die ersten Ankündigungen einige Analysten aufgrund des Mangels an konkreten Details enttäuscht haben, sind wir der Meinung, dass zumindest Diskussionen darüber angestoßen wurden, wie ein Wandel in Südkorea aussehen könnte. Wichtig ist, dass offenbar alle wichtigen Interessengruppen die Reformen unterstützen, darunter die Regulierungsbehörden (sowohl die Financial Services Commission als auch die Finanzaufsichtsbehörde), die südkoreanische Börse und der National Pension Service (NPS). Eine Schlüsselfrage ist, ob der NPS eine ähnlich einflussreiche Rolle spielen kann wie der GPIF in Japan, um den Wandel voranzutreiben. In dieser Hinsicht sind Berichte ermutigend, dass der NPS mit der Börse bei der Entwicklung des Value-Up-Index zusammenarbeitet und plant, ihn als Benchmark für die Aktienanlagen externer Manager zu verwenden.

Verbesserte Offenlegung in Japan

Mehr Unternehmen reagieren auf die Aufforderung der TSE, Pläne zur Steigerung des Unternehmenswertes offenzulegen

Quelle: Tokyo Stock Exchange.


Allerdings darf nicht vergessen werden, dass es erhebliche Unterschiede zwischen dem südkoreanischen und dem japanischen Markt gibt.

Südkoreanische Steuersätze

Südkorea hat im Vergleich zu anderen Ländern mit die höchsten Erbschafts- und Dividendensteuersätze.

Vor allem wird der südkoreanische Markt von großen, in Familienbesitz befindlichen Konglomeraten (Chaebol) beherrscht, die seit jeher Kontrollinteressen gegenüber Minderheitsaktionären bevorzugt haben. Die Machtkonzentration innerhalb der familiengeführten Chaebol lässt auch Zweifel aufkommen, ob die freiwillige Benennung und Anprangerung schlechter Leistungsträger, ähnlich wie die Maßnahmen der TSE in Japan, in Korea ebenso wirksam sein wird.

Unseres Erachtens könnte der Versuch, die Interessen der Regierung, der Chaebol und der Investoren in Einklang zu bringen, ein guter erster Schritt sein. Wie der Vorsitzende des Korea Corporate Governance Forum und Reformexperte Namuh Rhee anmerkte, können börsennotierte Unternehmen einige einfache Maßnahmen ergreifen, wie z. B. die Verringerung von Bilanzineffizienzen und die Verbesserung der Aktionärsrenditen, was ihre Bewertungen sofort verbessern dürfte. Er fügte hinzu, dass die Regierung ihren Teil dazu beitragen kann, indem sie die strafenden Erbschaftssteuersätze senkt, die als Haupthindernis für eine investorenfreundlichere Politik des Chaebol-Managements gelten.

In der Zwischenzeit könnte die politische Unsicherheit ein weiterer Stolperstein für eine dauerhafte Reform sein. Der überwältigende Sieg der linksgerichteten oppositionellen Demokratischen Partei bei den jüngsten Parlamentswahlen könnte die Dynamik dämpfen, da das von den Linken dominierte Parlament bei der Gewährung der erwarteten Steueranreize zurückhaltender sein dürfte.

Konzentration auf die Fundamentaldaten bleibt entscheidend

Auch wenn wir den Eindruck haben, dass in Südkorea eine echte Absicht besteht, Unternehmensreformen voranzutreiben, so zeigt doch das Fortbestehen der tief verwurzelten Probleme, dass es ein mehrjähriger Weg sein wird, ähnlich wie in Japan. Dies deutet darauf hin, dass das Value-Up-Programm nicht die Flut sein wird, die alle Boote hebt. Vielmehr wird es ein Rückenwind für ausgewählte Unternehmen sein, die auf ihrem Reformweg schon weiter sind.

Allerdings sehen wir auch einige Chancen. Innerhalb des Finanzsektors sind beispielsweise südkoreanische Banken attraktiv bewertet, da die Aktienkurse aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Qualität der Vermögenswerte seit einiger Zeit konjunkturbedingt gedrückt sind. Allerdings haben mehrere Kreditgeber eine kontinuierliche Erfolgsbilanz bei der Verbesserung der Kapitalrenditen, z. B. durch bessere Ausschüttungsquoten und Aktienrückkäufe, erzielt. Da die meisten Banken immer noch über überschüssiges Kapital verfügen, sind sie angesichts der sich aufhellenden makroökonomischen Aussichten und der nachlassenden Probleme mit der Qualität der Aktiva in der Lage, weitere Aktionärsrenditen zu erzielen.

In der Zwischenzeit haben wir auch einige interessante Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation beobachtet. Die Unternehmen in diesem Segment schienen offen für fortschrittliche Maßnahmen wie Aktienrückkäufe und die Einziehung eigener Aktien im Zuge einer stärkeren Betonung der Aktionärsrendite. Ebenso haben einige südkoreanische Automobilunternehmen in den letzten Jahren bereits mit einer besseren Kapitalallokation begonnen, und ihre reichlichen Barmittel dürften die nötige Feuerkraft für weitere Verbesserungen bieten. Die potenzielle Auflösung der zirkulären Eigentumsstrukturen könnte einen weiteren Impuls geben.

Von Ernest Yeung, Portfoliomanager bei T. Rowe Price

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