Die EZB wird diese Woche ihren Einlagensatz um 25 Basispunkte senken. Dies wird allgemein erwartet und wird weder die Finanzmärkte noch irgendjemanden überraschen, der die Kommunikation der EZB während des Sommers verfolgt hat. Die jüngste Schwäche des Wirtschaftswachstums und die sinkende Inflation sprechen für die Entscheidung, den Zinssatz auf dieser Sitzung um 25 Basispunkte zu senken.
Die große Frage, die sich Anleger und EZB-Beobachter stellen werden, ist, ob die EZB irgendwelche Hinweise auf den künftigen Kurs ihrer Politik geben wird. Gegenwärtig haben die Finanzmärkte ein hohes Maß an geldpolitischer Lockerung eingepreist. Die Märkte gehen davon aus, dass die EZB von einem vierteljährlichen Zinssenkungsrhythmus im Jahr 2024 zu einem sitzungsbezogenen Zinssenkungsrhythmus im Jahr 2025 übergehen wird. Einige Ökonomen befürworten diese Umstellung, aber viele andere glauben an einen vierteljährlichen Zinssenkungsrhythmus. Die Finanzmärkte und die Beobachter der EZB werden daher die Erklärung und die Pressekonferenz sorgfältig auf Hinweise auf das künftige Vorgehen der EZB prüfen.
Die Daten bleiben volatil. Die EZB wird daher unserer Meinung nach darauf hinweisen, dass sie weiterhin datenabhängig ist. Wir glauben, dass Präsidentin Lagarde bekräftigen wird, dass die Politik sowohl daten- als auch prognoseabhängig bleibt. Während einige Umfrageindikatoren darauf hindeuten, dass die Wirtschaft in einigen Sektoren, wie dem verarbeitenden Gewerbe, zu schrumpfen beginnt, bleibt sie dennoch stabil. Gleichzeitig ist die HVPI-Inflation im Dienstleistungssektor seit November nicht mehr unter 4% gesunken. Und die Arbeitsmärkte, der Haupttreiber der Dienstleistungsinflation, bleiben angespannt. Die Tariflöhne in der Eurozone werden im dritten Quartal wahrscheinlich wieder über 4% steigen und bis Mitte 2025 auf diesem Niveau bleiben. Diese volatilen Daten werden dazu führen, dass die EZB auch in Zukunft vorsichtig agieren wird. Ein vierteljährlicher Zinssenkungsrhythmus bleibt das wahrscheinlichste Ergebnis.
Von Tomasz Wieladek, Chief European Economist bei T. Rowe Price