Ein starker Anstieg der Volatilität nach eher schwachen Arbeitsmarktdaten in den USA und einer Zinserhöhung in Japan verdeckte die alles in allem solide Entwicklung der Unternehmensgewinne im 2. Quartal.
„Ich investiere langfristig, aber die langfristigen Ergebnisse sind immer die Summe aller kurzfristigen. Deshalb ist jeder Quartals-Gewinnbericht wichtig“, sagt Aktienportfoliomanager Mark Casey. „Ich suche nach Informationen dazu, ob meine langfristige Investmentthese meine Erwartungen weiter erfüllt, übererfüllt oder nicht mehr erfüllt.“
Vor diesem Hintergrund stelle ich heute drei Investmentideen vor, die sich nach den jüngsten Unternehmensgewinnberichten ergeben haben.
1. KI ist immer noch interessant, aber die Ausgaben sind problematisch
Die Geschäftsführungen großer Technologieunternehmen haben in ihren Telefonkonferenzen betont, dass Investitionen in künstliche Intelligenz schon jetzt zum Unternehmenswachstum beitragen. Möglicherweise wollten sie damit Investoren beruhigen, die sich wegen der gestiegenen KI-Investitionen sorgen.
„Jedes Unternehmen, für das die KI wichtig ist, scheint eine glaubwürdige Geschichte erzählen zu können, dass die KI schon jetzt ihre Umsätze steigert. Das ist einer Gründe dafür, dass ihre Aktien so nahe an ihren Allzeithochs notieren“, so Casey.
Mark Zuckerberg, CEO von Meta, verwies darauf, dass „Fortschritte der KI die Qualität der Empfehlungen und die Kundenbindung verbessert.“ Eines der langfristigen Ziele von Meta ist, Marketingfachleute in die Lage zu versetzen, die Prozesse zur Erstellung und Prüfung von Werbeinhalten zu automatisieren.
Dennoch sind die Investoren wegen der steigenden Ausgaben beunruhigt. „In manchen Fällen sind diese Ausgaben so hoch, dass man sich kaum vorstellen kann, dass irgend ein Investmentertrag möglich ist“, sagt Casey.
Wenn es zu einer Rezession kommt, könnten sinkende Privatausgaben die Gewinne belasten, aber die langfristigen Auswirkungen auf die Aktienkurse sind schwerer zu prognostizieren.
„Mein vereinfachter Investmentansatz besteht darin, auf die nächsten vier bis acht Jahren zu achten und davon auszugehen, dass es irgendwann in dieser Zeit zu einer Rezession kommt. Dann versuche ich herauszufinden, welche Unternehmen in vier bis acht Jahren größer und rentabler sein dürften als ihre Aktienkurse heute in Aussicht stellen“, so Casey. Dies helfe ihm beim Umgang mit kurzfristiger Volatilität und dabei, übereilte Entscheidungen zu vermeiden.
2 Unternehmen, die Medikamente zur Gewichtsabnahme anbieten, bauen ihre Führung aus
Das Duopol von Eli Lilly und Novo Nordisk für Medikamente zur Gewichtsabnahme und gegen Diabetes dürfte Bestand haben, sagt Aktienanalyst Christopher Lee, der sich mit Pharmazie- und Biotechnologieunternehmen aus den USA befasst.
Eli Lilly, das Mounjaro und Zepbound vertreibt, hat sehr viel in seine Produktionskapazitäten investiert, weil die beiden Medikamente aufgrund der hohen Nachfrage auf der Liste der knappen Arzneimittel der Food and Drug Administration gesetzt wurden. Seit Anfang August sind sie in der staatlichen Datenbank aber wieder als „verfügbar“ gekennzeichnet.
„Allmählich kommen Wettbewerber auf die Idee, dass sie ein Produkt brauchen, das sich von den zurzeit erhältlichen Adipositas-Medikamenten unterscheidet oder sie ergänzt“, sagt Lee. Beispielsweise arbeiten einige Unternehmen an Arzneimitteln, die dafür sorgen, dass Menschen, die Gewicht verlieren, ihre Muskelmasse behalten.
Die Wettbewerbsvorteile von Eli Lilly und Novo Nordisk, dem Hersteller von Ozempic und Wegovy, nehmen zu, weil die beiden Unternehmen in den letzten 20 Jahren Milliarden von US-Dollar in ihre Vertriebssysteme investiert haben. „Bis ein Wettbewerber ein geeignetes Produkt an den Markt bringt, werden Eli Lilly und Novo Nordisk durch die Zusammenarbeit mit betrieblichen Versicherungen eine hohe Hürde aufgebaut haben. Diese Strategie wird häufig „rebate wall“ (Rabattmauer) genannt, weil sie es Wettbewerbern schwer macht, den Vertrieb ihrer Arzneimittel in Schwung zu bringen“, sagt Lee.
„Zugleich könnten Investoren, die eine nachlassende Konjunktur befürchten, ihre Positionen im Gesundheitssektor grundsätzlich überdenken“, fügt er hinzu. Der Sektor hat sich in der Regel in Abschwüngen besser gehalten als der S&P 500 insgesamt, weil Verbraucher üblicherweise nicht an lebenswichtigen Medikamenten sparen.
3 Die USA lebt noch immer von Fastfood
„Nachdem McDonald's und andere Fastfood-Ketten ihre Preise im Zuge der Pandemie kräftig angehoben hatten, bieten sie jetzt wieder günstigere Produkte an, um Kunden zurückzugewinnen“, sagt Investmentanalystin Betsy Lind.
„McDonald's hat sich in Zeiten, in denen die Verbraucher sparen, bislang immer gut entwickelt, aber in den letzten Jahren hat das Unternehmen seine Preise so stark erhöht, dass sie viele Kunden mit niedrigeren Einkommen verloren haben“, erläutert sie.
„Jetzt führen Fastfood-Anbieter Menüs zu Sonderpreisen ein und konkurrieren aktiv um Kunden. Weil sie ihre Preise nicht anheben können, müssen sie mehr Umsatz machen.“
Unterdessen wachsen Unternehmen wie DoorDash, die Essen und Nahrungsmittel nach Hause liefern, weiter, auch weil sie ihr Angebot auf Lebensmittellieferungen ausgeweitet haben. „Bei Nahrungsmitteln, die man in Geschäften kauft, ist die Inflation schneller zurückgegangen als beim Essen im Restaurant“, erläutert Lind und fügt hinzu, dass sich der Abstand aber verkleinern dürfte.
Nach Einschätzung von Betsy Lind könnte McDonald's Kunden zurückgewinnen, weil der Service des Unternehmens nach wie vor schnell und die Speisekarte einfach strukturiert ist. In den USA sind die flächenbereinigten Umsätze von McDonald's im 2. Quartal um 0,7% zum Vorjahr gesunken. Die Aktie des Unternehmens hat dieses Jahr um etwa 7,5% nachgegeben (Stand 15. August).
Im Gegensatz dazu sind Firmen wie Sweetgreen, Chipotle und Cava Group, deren Zielgruppe gesundheitsbewusste Menschen mit höheren Einkommen sind, weiter stark gewachsen. „Menschen entscheiden sich schon länger für diese gesünderen Optionen, aber sie sind nicht der Grund für die Schwäche der Fastfoodketten.
Wie man einen Abschwung übersteht
Die zuletzt volatilen Märkte haben gezeigt, wie impulsiv Investoren sein können, wenn sie eine Rezession befürchten. Und genauso schnell hatten sich die Aktienmärkte wieder erholt. Alles in allem waren die Quartalsgewinne recht gut. Es gab aber erste Anzeichen, dass Verbraucher mit niedrigeren Einkommen ihre Ausgaben weiter senken.
Kurzfristig wird es immer wieder einmal volatile Marktphasen geben, weil die Anlegerstimmung schwankt, und die Investoren emotionale Entscheidungen treffen. „Langfristig spiegelt der Aktienkurs eines Unternehmens aber in der Regel genau seinen wirtschaftliche Wert wider“, sagt Casey abschließend.
Von Mark L. Casey, Aktienportfoliomanager, Christopher Lee, Aktienanalyst und Betsy Lind, Aktienanalystin bei der Capital Group