Vier KI-Hürden, die traditionellen Unternehmen zugutekommen könnten

Capital Group | 21.10.2024 14:35 Uhr
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Der KI-Hype könnte nachlassen Technologieriesen und Investoren sind begeistert vom Potenzial der Künstlichen Intelligenz (KI), die Rentabilität zu steigern und die Wirtschaft grundlegend zu verändern.

Aber Ressourcenknappheit könnte verhindern, dass sich die KI so stark verbreitet wie erwartet. Seit einigen Monaten fragen sich Investoren allmählich, wie lange es dauern wird, bis sich die Millionen-Investitionen in KI im Gewinnwachstum niederschlagen. Vielleicht gibt es unerwartete Hürden.

„Eine der Merkwürdigkeiten bei der Bereitstellung einer so fortschrittlichen Technologie wie KI ist, dass dies enorme physische Ressourcen erfordert, und man kann sich kaum vorstellen, dass eine so hochmoderne Sache an physische Grenzen gerät“, sagt US-Volkswirt Jared Franz.

Nicht alle Hürden sind so schlagzeilenträchtig wie der Mangel an hochentwickelten Halbleitern von NVIDIA und anderen Chip-Herstellern. Diese vier knappen Ressourcen könnten die Verbreitung von KI bremsen und traditionellen Unternehmen zugutekommen.

1. KI bedingter Kupfer-Run im 21. Jahrhundert

Generative KI wie ChatGPT beruht auf komplexen Sprachmodellen, die sich auf tausenden von Servern in riesigen Datenzentren befinden. Diese Datenzentren benötigen Kühlsysteme, damit die Server effizienter arbeiten und eine Strominfrastruktur, bestehend aus Transformatoren, Generatoren und Stromleitungen. Für die meisten dieser Komponenten wird Kupfer benötigt. Beispielsweise wurde beim Bau eines Microsoft-Datenzentrums in der Nähe von Chicago, das 500 Millionen US-Dollar gekostet hat, 2.177 Tonnen Kupfer verbaut.

Die Struktur eines Datenzentrums: Server, Strom- und Kühlsysteme

„Wenn die Prognosen der Hyperscaler zutreffen, werden für den Bau der für die nächsten acht Jahre geplanten Datenzentren allein in den USA eine Million Tonnen Kupfer benötigt“, so Franz. „Und Datenzentren entstehen nicht nur in den USA sondern weltweit."

Schon jetzt ist der Bedarf an Kupfer für Elektrofahrzeuge, saubere Energie-Technologien und die Modernisierung des US-Stromnetzes so hoch, dass ein zunehmender Nachfrageüberhang entstehen dürfte. Durch den geplanten Bau von KI-Datenzentren dürfte er nach Angaben von JPMorgan 2030 auf über sechs Millionen Tonnen gestiegen sein. „Die Frage ist, ob die Bergbauunternehmen überhaupt schnell genug ausreichend viel Kupfer aus dem Boden holen können, um alle geplanten KI-Zentren zu bauen,“ fragt sich Franz.

Angesichts der zu erwartenden Knappheiten konzentrieren sich Kupferbergbauunternehmen zurzeit darauf, Vorräte hinzuzukaufen und mehr abzubauen. Grupo México, ein Konglomerat, das einige der kostengünstigsten Kupferminen betreibt, hat im Juli dieses Jahres die Arbeiten im Süden Perus wieder aufgenommen, um die Produktion zu steigern. Und der weltweit viertgrößte Kupferproduzent Glencore setzt auf Minen in Argentinien, um seine Produktion in den kommenden Jahren zu verdoppeln.

2. Nachfrage auch nach Atomstrom

Wie jede andere hochentwickelte Technologie benötigt auch KI Strom. Viel Strom. Nach Angaben des Electric Power Research Institute könnten Datenzentren bis zum Jahr 2030 bis zu 9% des gesamten in den USA erzeugten Stroms verbrauchen, mehr als doppelt so viel wie derzeit. „Die Stromnachfrage von Datenzentren und Elektrofahrzeugen dürfte den Verbrauch so stark steigen lassen, wie seit etwa 20 Jahren nicht mehr“, sagt Aktienportfoliomanagerin Cheryl Frank.

Datenzentren treiben den Strombedarf in die Höhe

Können die US-Versorgen diesen enormen Bedarf kurzfristig decken? „Vermutlich, aber nicht ohne Probleme“, meint Franz. Erstens sind Angebot und Nachfrage nicht in allen Bundesstaaten gleich. „In einigen Staaten könnte es Schwierigkeiten geben, aber wenn alles so läuft wie bislang, dürfte es genug Strom geben. Wenn sich die Nachfrage aber verdoppelt, wird es sehr schwer werden, die notwendigen Kapazitäten schnell genug aufzubauen.“

Hinzu kommt, dass viele der großen Technologieunternehmen bis 2030 Netto-Null-Emissionen anstreben. „Diese Verpflichtungen und die Stromnachfrage kurzfristig zu erfüllen, ist eine Herausforderung“, fügt Franz hinzu. „Man braucht mehr Wind- und Solaranlagen und mehr Erdgas, und vielleicht muss man die Stilllegung von Kohlekraftwerken verschieben. Vermutlich braucht man alle verfügbaren Energiequellen.“

In manchen Regionen mit einer sehr hohen Nachfrage sind die Anbindungen an das Stromnetz knapp“, sagt Frank. „Unternehmen wird gesagt, dass nicht sofort angeschlossen, sondern auf eine Warteliste gesetzt werden.“ Um seine steigende Stromnachfrage zu decken, hat Microsoft im September eine Vereinbarung mit dem Atomstromanbieter Constellation Energy über die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Three Mile Island in Pennsylvania getroffen.

3. Stark steigende Kapitalanforderungen

Der beträchtliche Bedarf an Investitionsgütern für den Ausbau von Datenzentren und Stromkapazitäten weltweit treibt die Nachfrage bei einer Reihe von Industrieunternehmen in die Höhe und führt in einigen Fällen zu Engpässen. Beispielsweise geht der Energieausrüster GE Vernova davon aus, dass sich sein Auftragsvolumen für den Bau von gasbetriebenen Stromturbinen und anderen elektronischen Geräten (von zurzeit 6,4 Milliarden US-Dollar) bis Ende 2024 verdreifachen wird.

Weil KI-Chips viel Wärme erzeugen, benötigen Datenzentren Flüssigkühlsysteme, um Ausfälle zu vermeiden und den Energieverbrauch zu senken. Die Aktien von Industrieunternehmen wie Modine und Vertif sind dieses Jahr dreistellig gestiegen, weil die Nachfrage nach ihren Produkten explodiert ist.

Der Bedarf an Kühlsystemen hat Industrieaktien gestützt

4. KI erfordert mehr Mitarbeiter

In den Schlagzeilen liest man oft, dass KI Arbeitsplätze vernichten könnte. Aber für die Einführung von KI braucht man mehr Mitarbeiter als zur Verfügung stehen. „Allmählich hören wir von Unternehmen, dass sie nicht genug KI-Ingenieure haben, die Basismodelle entwickeln können. Auch Mitarbeiter, die KI bei den Unternehmen integrieren, würden fehlen“, sagt Franz.

In einer aktuellen Umfrage von Salesforce, nannten 60% der befragten IT-Experten aus dem Privatsektor den Mangel an KI-Spezialisten als ihre größte Herausforderung bei der Integration von KI.

Ohne erfahrene Mitarbeiter, die die Umsetzung anleiten können, wird sich die Technologie langsamer verbreiten und es wird länger dauern, bis ihre möglichen Effizienzgewinne greifen. „Aus meiner Sicht werden Anbieter professioneller Dienstleistungen wie Accenture und Oracle eine wichtige Rolle dabei spielen, Unternehmen bei der Festlegung ihrer KI-Strategien zu unterstützen“, fügt Frank hinzu. „Hier werden viele Leute gebraucht.“

Fazit

Zweifellos kann die KI-Technologie langfristig die Produktivität steigern und die Wirtschaft grundlegend verändern, aber ihr Aufbau und ihre Verbreitung wird Zeit brauchen – wegen der hier beschriebenen Hürden und anderer Faktoren. Technologie-Fortschritte könnten einige dieser Herausforderungen mindern. Möglicherweise benötigen künftige Halbleitergenerationen in Datenzentren weniger Energie, zumindest einmal weniger als heute.

„Ich erwarte zwei KI-Zyklen”, sagt Frank abschließend. „Im ersten stecken wir zurzeit. Hierbei handelt es sich um den von Werbung getriebenen „Verbraucher-KI-Zyklus“. Dem wird ein „Unternehmens-KI-Zyklus folgen. Er wird zwar besser planbar sein, aber sowohl länger dauern als auch langsamer vonstatten gehen. Bei Innovationen ist dies ein ganz normales Muster.“

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