1. Banken könnten profitieren, auch wenn höhere Zinsen den Ausblick belasten
„Banken dürften unter einer Trump-Regierung erfolgreich sein, weil vermutlich die Kapitalanforderungen gesenkt werden“, sagt Braun. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Behörden bei Fusionen künftig nicht mehr so streng auf mögliche Monopolbildungen achten, sodass Zusammenschlüsse schneller abgeschlossen werden könnten. Mehr Fusionen könnten für die Bankenbranche von Vorteil sein, da viele von ihnen Beratungsleistungen böten und Übernahmen finanzieren würden.
Einem kürzlich erschienenen Gewinnbericht zufolge seien große US-Banken in einer guten Verfassung. So seien beispielsweise die Kredit- und Debitkarten-Ausgaben bei JPMorgan, der größten Bank der USA, um 6 Prozent gestiegen. „Der Konsum bleibt hoch, und das wird sich vermutlich erst dann ändern, wenn der Arbeitsmarkt schwächer wird“, erklärt Braun.
Aufgrund der Bedenken wegen höherer Staatsausgaben und der möglichen Folgen für die Inflation seien die Renditen länger laufender US-Treasuries in den letzten Monaten gestiegen. „Es ist aber noch zu früh, um abzuschätzen, wie inflationstreibend die neue Politik tatsächlich sein wird“ sagt Braun. „Aus meiner Sicht hat die inflationssenkende Wirkung der deutlichen Straffung der Geldpolitik seit Anfang 2022 noch nicht vollständig auf die Realwirtschaft durchgeschlagen. Entsprechend dürfte es noch eine Weile dauern, bis sich eine inflationstreibende Politik bemerkbar macht.“ Im Laufe des nächsten Jahres dürften die Zinsen jedenfalls weiter sinken, weil die Federal Reserve eine Normalisierung anstrebe, so die Einschätzung Brauns.
2. In der geschwächten Automobilindustrie bilden sich Marktführer heraus
Die Aktien von US-Automobilherstellern seien nach dem Sieg Donald Trumps stark gestiegen, weil Investoren weniger strenge Umweltvorschriften und eine lockerere Geldpolitik erwarten würden. Aber angesichts ihrer internationalen Lieferketten könne die Branche auch das Ziel höherer Zölle werden, und ein Handelskrieg mit Europa oder China werde vermutlich zu Marktverzerrungen führen.
Schon vor den Wahlen habe die Autobranche kämpfen müssen, da die Nachfrage sich abgekühlt habe. „Die Verbraucherstimmung ist maßgeblich für den Automobilabsatz. Auf Grundlage der von uns beobachteten Daten liegt sie noch immer 25 Prozent unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie“, sagt Braun. Verantwortlich für die geringe Konsumlust im Automobilbereich seien vor allem die hohen Zinsen und die Teuerung.
Die letzten Quartalsberichte der drei großen US-Autohersteller – Ford, General Motors and Stellantis (früher Chrysler) – sprächen für sehr unterschiedliche Aussichten. General Motors habe die schwache Nachfrage besser verkraftet, weil das Unternehmen seine Prozesse gestrafft habe. Braun kommentiert: „GM hat auf eine disziplinierte Kostenkontrolle gesetzt, in wichtigen Segmenten (wie große Pickups) weniger Rabatte eingeräumt als seine Mitbewerber und klug investiert.“ In seinem Bericht über das 3. Quartal 2024 habe GM seine Prognose für den Jahresgewinn angehoben und gehe jetzt davon aus, die gestiegene Rentabilität im kommenden Jahr halten zu können.
Hinzu komme der unterschwellige strukturelle Wandel am Automobilmarkt. Die Verbreitung von Elektrofahrzeugen sei zwar in letzter Zeit stagniert und es sei unsicher, ob die künftige US-Regierung die staatlichen Anreize für ihre Anschaffung fortsetzen werde. Dennoch würden die Autohersteller ihr Angebot weiter ausbauen. So plane Tesla für 2025 die Einführung neuer Modelle, und traditionelle Hersteller würden hoffen, die Stückkosten ihrer Stromer in den kommenden Jahren senken zu können. „Grundsätzlich ist die Produktion eines Elektrofahrzeugs weniger kostenintensiv als die eines Verbrenners, weil es etwa 90 Prozent weniger bewegliche Teile hat. Um dies zu nutzen, braucht es aber eine hohe Entwicklungs- und Produktionskompetenz, und viele Hersteller sind noch am Anfang ihrer Lernkurve“, erläutert Braun. Zugleich steige in den USA der Absatz autonomer Robo-Taxis des zu Alphabet gehörenden Unternehmens Waymo weiter. Diese hätten sich in Städten wie San Francisco und Los Angeles bereits durchgesetzt und würden nun auch in anderen Städten wie Austin und Atlanta eingesetzt.
3. Der Verkauf von Luxusgütern könnte weiter nachlassen, bevor er sich wieder erholt
„US-amerikanische Verbraucher könnten jetzt, da die Wahl vorbei ist, wieder eher bereit sind, teure Marken zu kaufen“, sagt Braun. „Zuvor muss aber die Amtsübergabe stattfinden, und wir brauchen mehr Klarheit über die Politik der neuen Regierung. Dennoch glaube ich, dass der Tiefpunkt des Luxusgüterkonsums bereits erreicht ist. Allerdings könnte das Wachstum erheblich langsamer vonstattengehen als während der Corona-Pandemie.“
Auch wenn die Umsätze in den USA wieder steigen würden, dürften sich viele Investoren weiter um das kurzfristige Gewinnpotenzial von Luxusgüterherstellern sorgen, so Braun. Das liege daran, dass chinesische Kunden, auf die in der Regel etwa 33 Prozent des weltweiten Umsatzes entfallen würden, zurzeit weniger Geld ausgäben. Angesichts der Lohnkürzungen, der Reisebeschränkungen und des Einbruchs der Immobilienpreise werde es wahrscheinlich noch eine Weile dauern, bis das für das Konsumverhalten maßgebliche Verbrauchervertrauen in China wieder anziehe.
Ein erneuter Handelskrieg könne höhere Zölle zur Folge haben, und das zu einer Zeit, in der Luxusmarken ihre Preismacht ein Stück weit verloren hätten. In der Vergangenheit hätten die Unternehmen höhere Zölle direkt an ihre Kunden weitergeben können. Aber vor dem Hintergrund der schwächeren Weltkonjunktur sei das schwieriger geworden.
Zudem mangele es an innovativen Trends. Auch dies würde die Umsätze einiger Luxusanbieter sinken lassen. „Nischenmarken wie Miu Miu, das zu Prada gehört, gehen mit ihren Produkten Risiken ein, aber das gilt nicht für die gesamte Branche“, erläutert Braun. Außerdem hätten Marken wie Chanel und Louis Vuitton ihre Exklusivität verloren und seien deshalb für ihre Kunden möglicherweise weniger interessant. „Luxus dürfte ein Comeback feiern“, merkt er an. „Aber ich erwarte eine allmähliche Erholung – keinen plötzlichen Boom.“
Fazit: Trump 2.0 bringt Chancen und Risiken
Aktien und andere Assetklassen seien bereits kräftig gestiegen, weil die Investoren von Washington künftig eine marktfreundliche Politik mit niedrigeren Steuern und höheren Gewinnen für Unternehmen erwarten würden. Aber das sei nicht sicher. „Momentan ist viel in Bewegung und einige Dinge sind einfach noch unklar“, sagt Braun. „Die Trump’sche Wirtschaftspolitik wird sicher Gewinner und Verlierer hervorbringen, aber es gibt auch Chancen, die langfristiger sind als eine Regierungsperiode.“