Die Verschuldung und das Haushaltsdefizit der USA rücken erneut in den Fokus, wobei die Bedingungen für eine Einigung maßgeblich vom Anleihemarkt bestimmt werden. Moody’s hat als letzte der drei großen Ratingagenturen das Rating für US-Staatsanleihen von der begehrten Höchstnote AAA auf Aa1 herabgestuft. Eine kürzlich durchgeführte Auktion von 20-jährigen Staatsanleihen endete aufgrund der schwachen Nachfrage mit einer Rendite von 5,08%.
Gleichzeitig verhandeln die Republikaner mit der Regierung über den Haushaltsentwurf, der offiziell „The One Big Beautiful Bill Act“ heißt und darauf abzielt, die in Trumps erster Amtszeit eingeführten Steuersenkungen („Tax Cuts and Jobs Act“) dauerhaft zu verankern. Diese Steuersenkungen sind aufgrund ihres gesetzlichen Auslaufens in diesem Jahr nicht in den Prognosen des Congressional Budget Office enthalten. Eine Verlängerung würde das Defizit in den nächsten zehn Jahren um 4 Billionen Dollar erhöhen.
Der Prozess der Haushaltsübereinstimmung findet jedes Jahr statt, aber dieses Mal ist das Ergebnis „business as usual“ - ohne wesentliche Änderungen bei den Einnahmen oder Ausgaben und eine Vereinbarung zur Erhöhung der Schuldenobergrenze - keine Option. Der Anleihemarkt beobachtet die Lage mit Besorgnis.
Die aktuelle jährliche Haushaltsprognose beläuft sich auf etwa 5 Billionen US- Dollar an Steuereinnahmen. Die Ausgaben werden voraussichtlich 5,7 Billionen US-Dollar betragen, sodass ein Kreditbedarf von rund 700 Milliarden US-Dollar verbleibt. Darüber hinaus sind zusätzliche 900 Milliarden US-Dollar erforderlich, um die Zinsen für die bestehenden Schulden zu bedienen. Von den 5,7 Billionen US-Dollar sind rund 4 Billionen US-Dollar obligatorische Ausgaben (gesetzlich vorgeschrieben für Gesundheit, Sozialversicherung und Sozialprogramme) und 1,7 Billionen US-Dollar sind diskretionäre Ausgaben (die Hälfte davon entfällt auf Verteidigung).
Die Schuldenlast steigt, ebenso wie die Zinssätze. Der Refinanzierungsbedarf der Regierung für das kommende Jahr beläuft sich auf etwas über 9 Billionen US- Dollar, wobei der zusätzliche Kreditbedarf bei etwa 2 Billionen US-Dollar liegt. Die Verlängerung des „Tax Cuts and Jobs Act“ unter Vermeidung dessen, was die Republikaner als die größte Steuererhöhung in der Geschichte bezeichnen, wird in den nächsten zehn Jahren schätzungsweise 4 Billionen US-Dollar über den Prognosen liegen. Es ist noch nicht ersichtlich, wie die Regierung Einnahmen und Ausgaben ausgleichen will.
Bisher haben die Republikaner einer Erhöhung des Freibetrags für die Absetzbarkeit lokaler Steuern (von 10.000 auf 40.000 US-Dollar) bei der Berechnung der Bundessteuern zugestimmt, was die Einnahmesituation weiter verschlechtern würde. Die Konservativen streben eine Kürzung der Medicaid- Ausgaben an, die 710 Milliarden Dollar der obligatorischen Ausgaben für die einkommensschwächsten Bürger ausmachen; ein äußerst politisch brisantes Thema. Trump hat im Hinblick auf die bevorstehenden Zwischenwahlen in einer vertraulichen Sitzung der republikanischen Fraktion deutlich gemacht: „Lasst bloß die Finger von Medicaid“. Medicare, das andere große Gesundheitsprogramm für alle Bürger ab 65 Jahren mit Pflichtausgaben in Höhe von 950 Milliarden US-Dollar, steht hingegen nicht zur Debatte.
All dies war bereits vor den Wahlen im letzten Jahr erkennbar. Der Anstieg der Verschuldung vor der COVID-Pandemie und der darauf folgende Inflations- und Zinsschock haben die fiskalischen und politischen Kalkulationen grundlegend verändert. Es kann nicht mehr so weitergehen wie bisher. Die jährliche Anhebung der Schuldenobergrenze ohne Ausgabendisziplin ist nicht mehr tragbar; der Anleihemarkt schränkt nun jede Bewegung der Regierung ein. Das Fiasko um die Zölle auf China wurde nicht aufgrund von Protesten der Wirtschaft oder wegen des starken Einbruchs der Aktienmärkte abgewendet, sondern weil die Renditen 10-jähriger Anleihen auf 4,5% zu steigen begannen. Mittlerweile liegen sie bei 4,58%.
Der schwächere Dollar und die höheren Anleiherenditen offenbaren nun die zugrunde liegende Schwäche der politischen Position der USA, wobei der Anleihemarkt aller Voraussicht nach die entscheidende Rolle spielen wird. Es erscheint nun sehr wahrscheinlich, dass die Haushaltskonsolidierung mit einer wirtschaftlichen Kontraktion einhergehen wird.
Von Edmund Harriss, CIO, Guinness Global Investors
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