Nachhaltigkeit in der Textilindustrie

Am 24. April jährte sich zum zweiten Mal der Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudekomplex in Bangladesch, bei dem mehr als 1.100 Menschen starben. Unmittelbar nach dem Unglück, das den Gipfel einer Vielzahl ähnlicher Ereignisse in der dortigen Textilindustrie bildete, wurde das Bangladesch-Memorandum verabschiedet. Zu den Unterzeichnern gehörte die Erste Asset Management, als einer der ersten Asset Manager. Im Interview spricht Mag. Alexander Osojnik, Senior ESG Analyst der Erste Asset Management (EAM), über die Entwicklung der globalen Textilindustrie. Erste Asset Management | 27.04.2015 09:26 Uhr
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Herr Osojnik, vor zwei Jahren stürzte der Rana-Plaza-Komplex ein, mehr als 1.100 Menschen starben. Wie haben sich die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche seitdem verändert?

Osojnik: In Folge der Rana-Plaza-Katastrophe haben sich rasch Industrieinitiativen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Bangladesch formiert. Die Mehrzahl der Unternehmen, die damals dort ihren Standort hatten, hat mittlerweile in den Entschädigungsfonds für die Opfer der Katastrophe eingezahlt. Gleichzeitig kann man leider keine ähnliche Geschwindigkeit in den tatsächlichen Anpassungsprozessen feststellen. Natürlich brauchen tiefgreifende Veränderungen Zeit. Doch wäre es zumindest nötig, dass auch Industrie und Politik diese mit Nachdruck anstoßen. Das ist aus unserer Sicht noch nicht ausreichend geschehen. Auch wenn die jüngsten Katastrophenmeldungen aus Bangladesch nicht aus der Textilindustrie, sondern vom Einsturz einer Zementfabrik mit 100 Toten im März 2015 stammen, zeigt das, wie fragil die Arbeitsbedingungen dort nach wie vor sind. 

Wie reagiert die Textilindustrie auf die sich langsam verbessernden die Arbeitsbedingungen in Bangladesch?

Osojnik: Leider sehen wir zeitgleich mit der langsamen Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Bangladesch einen Trend zur Abwanderung in andere Länder. Es entstehen neue Hotspots an noch billigeren Standorten wie in Myanmar. Hier sind seit etwa eineinhalb Jahren größtenteils koreanische und chinesische Akteure dabei, einen neuen Standort für die Billig-Textilherstellung aufzubauen. Auch Kambodscha und Vietnam ‚profitieren‘ von dieser Entwicklung. So hat zum Beispiel Adidas vier seiner sieben Produktionsstandorte geschlossen und nach Vietnam verlagert. Nike hat ebenfalls Teile der Produktion aus Bangladesch nach Vietnam verlegt. Dies ist bedauernswert, denn fast alle Initiativen haben sich in Folge der Rana-Plaza-Katastrophe nur auf Bangladesch beschränkt. 

Entsteht durch den Austausch mit Investoren ein größeres Verantwortungsbewusstsein bei den Textilherstellern?

Osojnik: Es gibt durchaus Anzeichen, dass es Veränderungen im Bewusstsein der großen internationalen Markenkonzerne gab. Gleichzeitig sehen wir aber noch keinen ausreichenden Trickle-Down-Effekt bis hin zu den tatsächlichen Produzenten vor Ort. Natürlich benötigt es Zeit, um die Situation der Näherinnen und Näher nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig werden diese Prozesse von den gleichen wirtschaftlichen Überlegungen überschattet, die ursprünglich zu einer solchen Billigproduktion geführt haben: Es ist günstiger, von einem Zulieferer eine Unterschrift für einen Kodex zu verlangen, als selbst ein tiefergehendes Kontrollsystem aufzubauen und Fabriken zu erneuern. 

Verbesserte Arbeitsbedingungen sind ein Teil von Engagement-Prozessen, wo sehen Sie die nächsten Schritte auf dem Weg zu fairen Produktionsbedingungen?

Osojnik: Man kann nicht mehr Nachhaltigkeit erwarten und gleichzeitig den Kostendruck in der Produktion erhöhen. Nachdem der Anteil der Produktionskosten am finalen Verkaufspreis bereits marginal ist, sollten geringe Mehrkosten für eine faire Produktion wirtschaftlich vertretbar sein. Auch beim Konsumenten muss das Bewusstsein entstehen, dass es kaum möglich ist, Jeans für unter fünf Euro sozialverträglich oder ökologisch nachhaltig zu produzieren – Primark und kik sind Beispiele für diese Preispolitik. Allerdings haben unsere Recherchen auch gezeigt, dass selbst Anbieter von vermeintlicher Luxusbekleidung keineswegs immer höhere soziale und ökologische Standards garantieren. Die schlechten Arbeitsbedingungen finden ihren Ursprung also vermutlich nicht nur in der Forderung nach immer billigeren Waren, sondern auch in der Unternehmenspolitik der Hersteller. Ein Asset Manager hat leider nur begrenzte Möglichkeiten, ein Umdenken beim Käufer von billiger Kleidung herbeizuführen. Als Investor in börsennotierte Unternehmen können wir aber sehr wohl entscheiden, wie wir die Gelder unserer Kunden veranlagen. 

Gibt es auch Engagement-Aktivitäten etwa bei den großen Bekleidungshändlern und -discountern? Diktieren diese nicht durch ihre Marktmacht den Herstellern letztlich die Bedingungen?

Osojnik: Es steht außer Frage, dass eine grundlegende Veränderung der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie in Asien und zukünftig auch in Afrika lediglich mit dem Zutun der großen Bekleidungshändler möglich ist. Es gibt auch entsprechende Bestrebungen, hier eine Veränderung anzustoßen. Wir bündeln unsere Aktivitäten hier mit unserem internationalen Engagement-Partner Global Engagement Services GES, der durch die größeren Fondsvolumen, die er vertritt, den größten Einfluss auf die Unternehmen erzielen kann. GES steht übrigens derzeit mit H&M in Kontakt.

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