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„Ein schnelles Update (natürlich kostenlos als besonderer Service für den geschätzten Kunden) und damit ist das leidige Abgas-Thema aber bitte wirklich beendet.“ So könnte man das Ergebnis des Diesel-Gipfels in Berlin zusammenfassen, bei dem die Firmenchefs der größten Autobauer vertreten waren, nicht jedoch die Regierungschefin selbst. Die Abwesenheit von Frau Merkel mag daran liegen, dass der Abgasskandal keine Wählerstimmen bringt, egal welche Position eingenommen wird. Zudem kennt man sich ohnehin (Die Cheflobbyisten von BMW, Daimler und VW hatten zuvor in führenden Positionen in der Politik für CDU, CSU oder SPD gearbeitet*).
Absprachen zur Diesel-Abgasreinigung
Auslöser für den Dieselgipfel war der vom Spiegel-Magazin aufgedeckte Kartellverdacht in der deutschen Autoindustrie.** Demnach gab es seit den Neunzigerjahren geheime Absprachen zwischen Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler. Dabei wurde auch die Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen thematisiert, mit dem Ziel, eine einheitliche Größe der „AdBlue“-Tanks festzulegen – am freien Wettbewerb war man nicht interessiert. („AdBlue“ ist eine vom deutschen Verband der Automobilindustrie geschützte Bezeichnung für ein Harnstoffgemisch, das bei Dieselmotoren in den Abgasstrom eingespritzt wird, um Stickoxide und Ammoniak zu Wasserdampf und Stickstoff umzuwandeln.) Einerseits wollte man dem Kunden nicht zumuten, bei jedem dritten bis vierten Tankstopp das Harnstoffgemisch selbst auffüllen zu müssen, wodurch der Dieselantrieb vermutlich einiges an Charme verloren hätte. Andererseits sind größere Tanks mit höheren Kosten verbunden und nehmen wichtigem sonstigen Interieur den Platz weg. Somit blieb nur die Option die Einspritzung von „AdBlue“ zu drosseln. Dies führte allerdings zu der folgenden Fragenkette: Wie können mit einer verringerten Einspritzung die vorgegebenen Grenzwerte eingehalten werden? Müssen die Grenzwerte überhaupt jederzeit eingehalten werden? Wäre es nicht eine mögliche Option durch eine spezielle Software die Einspritzung zu steuern, sodass die Grenzwerte nur am Prüfstand eingehalten werden?
Platzen der Harn(-stoff)blase
Damit war der Startschuss für den Einsatz von (Schummel-)Software zur „Optimierung“ der Harnstoffeinspritzung gefallen. Die Blase ist allerdings seit September 2015 mit dem Bekennerschreiben von Volkswagen geplatzt. Der Einsatz dieser Software stellt nicht nur einen Gesetzesverstoß dar, es wurde durch den verstärkten Ausstoß von giftigen Stickoxiden auch wissentlich die Luft verschmutzt und damit die Gesundheit vieler Menschen aufs Spiel gesetzt.*** Als Vorreiter und Marktführer trägt die deutsche Automobilindustrie eine besondere Verantwortung. Doch statt freiem Wettbewerb um die Entwicklung des saubersten und effizientesten Autos, hat es den Anschein, dass im Hinterzimmer (unter Duldung der Politik) genau dieser versucht wurde zu unterbinden. Das kostenlose Update der eingesetzten Software verbessert womöglich die Effizienz der Einspritzung, ohne zusätzliche technische Maßnahmen oder einer Erhöhung des „AdBlue“-Nachfüllintervalls ist es allerdings äußerst fraglich, ob diese Lösung ausreichen wird.****
Auswirkung auf das investierbare Nachhaltigkeits-Universum
Sicher ist jedenfalls, dass unser Update der investierbaren Unternehmen nicht ohne Folgen bleibt. Aufgrund der Dieselabgasaffäre waren die vom Kartellverdacht betroffenen Unternehmen Volkswagen, Audi und Porsche für die nachhaltige ERSTE RESPONSIBLE Fondsfamilie ohnehin nicht investierbar (ebenso wie der Zulieferer Robert Bosch GmbH).
Die nun bekannt gewordenen Absprachen, die als Ausgangspunkt des Dieselskandals gesehen werden, in Verbindung mit offensichtlich fehlendem politischen Lösungswillen sowie einer laschen Aufsicht seitens des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA)***** führen zu einem Update bei BMW und Daimler. Diesel Titel sind ab sofort und bis auf weiteres ebenfalls aus dem investierbaren Nachhaltigkeits-Universum ausgeschlossen.
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Quellen:
* http://www.politico.eu/article/das-auto-kartell-more-questions-than-answers/
*** 57 Prozent (%) der städtischen verkehrsnahen Luftmessstationen registrierten im Jahr 2015 Überschreitungen der Jahresgrenzwerte. (http://www.umweltbundesamt.de/daten/luftbelastung/stickstoffdioxid-belastung#textpart-2)
***** WirtschaftsWoche, 04/08/2017, Ausgabe 32: „Die Verwalter der Lüge“, S. 26 ff