Fragen & Antworten zu BRIC-Ländern und afrikanischen Volkswirtschaften

In den BRIC-Ländern verlangsamte sich das Wachstum 2012 und Anfang 2013. Inzwischen stehen sie vor größeren Problemen. Wie bewerten Sie die gesamtwirtschaftliche Lage in den einzelnen Ländern? Was sind die größten Risiken? Mark Mobius, Templeton Emerging Markets Group, mit den Antworten. Franklin Templeton | 16.05.2013 06:03 Uhr
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Dass die BRIC-Länder vor „größeren Problemen stehen“, ist leicht übertrieben. Ihre BIP-Wachstumsraten haben nachgelassen, doch abgesehen von Brasilien wächst die Wirtschaft in den drei anderen Ländern noch immer sehr viel schneller als in den meisten Industriestaaten. Die Investoren sind besorgt, weil Chinas Wachstumsrate auf 7,7% gesunken ist. Wann haben denn die USA, Japan, Deutschland oder Großbritannien zuletzt ein solches BIP-Wachstum verzeichnet? Zu berücksichtigen ist auch, dass sich im Zuge des raschen Wachstums in diesen Ländern der Ausgangswert erhöht und die zuvor verzeichneten zweistelligen Wachstumsraten entsprechend schwieriger aufrechtzuerhalten sind. Chinas Wirtschaft hat mittlerweile ein Volumen von 6 Bio. US-Dollar und liegt damit hinter den USA an zweiter Stelle. Dass eine Volkswirtschaft dieser Größe um fast 8% wachsen kann, ist an sich schon eine beachtliche Leistung.

Nach Ländern:

Brasilien

Brasilien weist weiterhin enormes Potenzial auf. Es verfügt über viele junge Konsumenten und ist reich an Bodenschätzen und landwirtschaftlichen Ressourcen. Mit steigendem Einkommensniveau dürfte sich Brasilien zu einem bedeutenden Markt für Konsumgüter entwickeln. Regierung der Präsidentin Rousseff engagiert sich gezielt für die Bekämpfung der Armut und die Vergrößerung der Mittelschicht. Manche Veränderungen bereiten bestimmten Unternehmen kurzfristig Probleme, doch diese dürften unseres Erachtens die nötigen Anpassungen vornehmen und am Ende erfolgreich sein. Inflation und geringes Wachstum könnten auf kurze Sicht Anlass zur Sorge geben. Außerdem gilt es Bürokratie abzubauen und die Wirtschaft zu liberalisieren. Wie wir es sehen, muss das komplexe Steuerrecht auf jeden Fall reformiert werden. Eine wesentliche Voraussetzung für stärkeres Wachstum im Land ist auch die schnellere Bewilligung von Konzessionen durch die Regierung zur Verbesserung der Infrastruktur. Die Qualität der Bildungsinvestitionen ist ein weiterer verbesserungsbedürftiger Bereich.

Russland

Die russische Wirtschaft steht und fällt mit dem Ölpreis. Bleibt er hoch, dürfte sie auch künftig brummen. Wie China ist das Land mit dem Problem einer alternden Bevölkerung konfrontiert. Die Mittelschicht sollte aber weiter anwachsen, da der Wohlstand durch die Rohstoffexporte in der Wirtschaft ankommt. Unternehmen, die diesen florierenden Markt mit Konsumgütern und Dienstleistungen versorgen, sollten daraus Kapital schlagen können. Russlands Finanzstrukturen sind unterentwickelt und das Verschuldungsniveau der Verbraucher ist allgemein niedrig. Im Hinblick auf steigenden Inflationsdruck beließ die Zentralbank ihren Leitzins in diesem Jahr bislang unverändert bei 8,25%. Russland leidet unter mangelndem Anlegervertrauen, wie der hartnäckige Abfluss von Kapital aus diesem Markt belegt. Sollte es der Regierung gelingen, in Großkonzernen wie Gazprom und Rosneft Good-Governance-Prinzipien durchzusetzen, könnte sich die Lage unseres Erachtens rasch ändern.

Indien

In unseren Augen ist die Bürokratie Indiens größtes Problem. In dem nach Einwohnerzahl zweitgrößten Land der Erde ist die Regierungspolitik, wie die Inder selbst gern scherzhaft sagen, für Wachstum eher Hemmnis als Motor. Zwischen den Ambitionen der gewählten Regierung und dem, was die Bürokraten zu tun bereit sind, um diese Regierung beim Erreichen ihrer Ziele zu unterstützen, liegen wohlgemerkt Welten. Der Ministerpräsident und der Finanzminister des Landes setzen sich aktiv für mehr ausländische Investitionen ein, doch wenn die Investoren ihr Kapital ins Land bringen wollen, sind die bürokratischen Hürden oft zu hoch. In Bezug auf die Corporate Governance hat sich vieles gebessert. Unter anderem wurde ein elektronisches Abstimmungssystem eingeführt, das Minderheitsaktionären mehr Gehör verschaffen könnte. Für ihren Schutz, vor allem vor Geschäften mit nahestehenden Parteien, muss unseres Erachtens aber noch einiges getan werden. Indien verfügt über einen dynamischen Aktienmarkt mit Tausenden börsennotierter Unternehmen und einer starken, von Unternehmergeist und Investition geprägten Kultur.

China

Die chinesischen Aktienmärkte zeigen sich volatil. Auf enthusiastische Phasen folgt oft Angst vor staatlichen Straffungsmaßnahmen. Eine große Herausforderung für die chinesische Regierung ist der Immobilienmarkt. Sie muss auch weiterhin für bezahlbare Preise sorgen, aber gleichzeitig sicherstellen, dass Preiskontrollmechanismen keinen Einbruch der Immobilienpreise auslösen. Die Konjunkturdaten fielen in China generell weiterhin positiv aus. Schon vor über einem Jahr, als es um die Frage ging, ob China eine „weiche oder harte Landung“ erlebt, haben wir die Auffassung vertreten, dass China überhaupt nicht „landet“, sondern mit soliden Raten weiterwächst. Die Exporte zeigen sich nach wie vor robust, während der Binnenkonsum rasch anzieht, weil die Löhne und das verfügbare Einkommen steigen. Mit Devisenreserven von mehr als 3 Bio. US-Dollar ist die chinesische Regierung fraglos in der Lage, die Wirtschaft bei Bedarf anzukurbeln.

Nach überdurchschnittlichen Renditen in der Vergangenheit schneiden die BRIC-Märkte in den letzten Jahren im Vergleich schwächer ab. Aus der Anlagekategorie BRIC fließt Kapital ab. Rechnen Sie mit einer Fortsetzung dieser Trends?

Kein Markt schneidet beständig besser ab als andere. Die Ertragsentwicklung der Vergangenheit zeigt, dass der stärkste Markt eines Jahres selten auch im Folgejahr an der Spitze liegt. Daher ist es so wichtig, richtig zu diversifizieren und auf allen Märkten zu investieren. Es kommt zu Abflüssen aus den BRIC-Märkten, wenn das sogenannte „heiße Geld“ woanders kurzfristige Gewinne wittert, doch das ist gewöhnlich ein gutes Zeichen für erfolgte oder bevorstehende Bodenbildung. Wir können die Aktienmarktentwicklung zwar nicht vorhersagen, aber überzeugt behaupten, (1) dass die Schwellenländer, getragen von den BRIC-Staaten, bislang viel schneller gewachsen sind als Industrieländer wie die USA und dass das noch viele Jahre lang so bleiben dürfte und (2) dass die meisten Investoren heute in Schwellenländeraktien chronisch untergewichtet sind. Auf die Schwellenmärkte entfallen inzwischen rund 35% der globalen Marktkapitalisierung, doch die meisten Anleger sind mit nicht einmal 8% in diesem Segment investiert.

Eines der Themen des BRICS-Gipfels war die Infrastruktur in Afrika. Wie stark engagieren sich die BRIC-Länder derzeit in Afrikas Infrastruktur und wie wirkt sich das auf die dortigen Märkte aus?

Die BRIC-Länder haben Mischprogramme für wirtschaftliche Entwicklung und Investitionen aufgelegt, um raschem Wirtschaftswachstum in einer Reihe junger Volkswirtschaften Vorschub zu leisten, allen voran afrikanischen wie Ägypten oder Nigeria, aber auch anderen wie Indonesien, Vietnam und der Türkei. Chancen locken insbesondere, weil die Wachstumsraten der BRIC-Länder viele Grenzmärkte beeinflussen, die als Untergruppe der Schwellenmärkte gelten.

Aufstrebende Volkswirtschaften Afrikas könnten nicht nur zum Ausgleich eines potenziellen Wachstumsdefizits beitragen, das im Zuge des BRIC-Reifeprozesses auftritt, sondern durch die Bereitstellung von Ressourcen und Märkten auch die etablierteren Schwellenländer vor den Auswirkungen stagnierenden Wachstums und nachlassender Nachfrage der Industriestaaten schützen. Jüngere Märkte haben in aller Regel mehr Wachstumsspielraum, und das Interesse an Wachstumspotenzial bei akuter globaler Volatilität hat viele Anleger dazu animiert, ihren Horizont zu erweitern. Afrikas Reichtum an natürlichen Ressourcen ist bekannt. Diese sind großenteils aber kaum erschlossen und umfassen Öl und Gas, verschiedene Metalle und Mineralien sowie riesige landwirtschaftliche Nutzflächen.

Welche Rolle spielt China aktuell in Afrika? Wie haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und Afrika von Handel und Projektvergabe zu Investitionen und Finanzierung hin entwickelt und wie werden sie künftig aussehen?

Unseres Erachtens spielt China eine Rolle in der Entwicklung der afrikanischen Länder. In Ghana lernten wir beispielsweise bei unserem Besuch in der Zentralbank eine äußerst kompetente Gruppe leitender Mitarbeiter kennen, die bestrebt sind, Ghana als Anlageziel zu fördern. Momentan liegt ihr Schwerpunkt auf der Eindämmung der Inflation und der Schaffung eines stabilen Geschäftsumfelds. Kreditmittel waren in den letzten Jahren knapp, doch die chinesische Regierung hat weiterhin Kredite vergeben. Seit 2007 bieten alle Universitäten und Hochschulen in Ghana Chinesischunterricht an. Diese Initiative spiegelt Chinas wachsende Rolle als Supermacht und Ghanas enge Bindung zu dem Land wider. Chinas von Anfang an intensives Engagement in Ghana reicht bis in die 1960er Jahre zurück, als sich Präsident Kwame Nkrumah für die Übertragung des Sitzes in den Vereinten Nationen auf die Volksrepublik China einsetzte.

Ein weiteres Beispiel ist Kenia, das unseres Erachtens als Zentrum für indische und chinesische Investitionen und Beteiligungen in Afrika gut aufgestellt ist. Wir konnten beobachten, wie sich viele Unternehmen in der kenianischen Hauptstadt Nairobi angesiedelt haben. Auch die Vereinten Nationen unterhalten dort eine große Außenstelle für Operationen auf dem gesamten Kontinent.

Vor der Teilnahme am BRICS-Gipfel in Südafrika besuchte der chinesische Präsident Xi Jinping die Vereinigte Republik Tansania und die Republik Kongo. Welche konkreten Impulse für die lokale Wirtschaft könnte der Besuch bringen? Welche Rolle spielt China insbesondere in Südafrika?

Diese Länder könnten neben Ländern wie Nigeria und Kenia von Chinas Investitionen in Afrika profitieren. Die Chinesen haben ihre Investitionen überwiegend auf Infrastruktur in Afrika ausgerichtet, auf den Bau von Straßen, Bahnlinien, Kraftwerken und dergleichen. Solche Investitionen bilden das Rückgrat für Wirtschaftstätigkeit und Wachstum.

Südafrika ist nicht nur die größte Volkswirtschaft Afrikas, sondern unserer Ansicht nach auch das einzige Land des Kontinents, auf das die Bezeichnung „Grenzmarkt“ nicht zutrifft. Mit einem großen, breiten, tiefen und liquiden Aktienmarkt unterscheidet sich Südafrika entscheidend vom restlichen Afrika. Etliche südafrikanische Unternehmen gestatten darüber hinaus ein Marktengagement weiter nördlich, das vor Ort schwierig zu bewerkstelligen wäre. Die Corporate Governance in Südafrika wird vom globalen Anlegerpublikum hoch geschätzt. Das Land hat außerdem bewiesen, dass es sich politisch und wirtschaftlich neu erfinden kann. Unseres Erachtens sind Südafrika und seine Menschen allem Anschein nach in einer guten Ausgangsposition für wachsenden langfristigen Wohlstand.

Könnten Sie uns ein paar Grenzmärkte mit beträchtlichem Wachstumspotenzial nennen, und die Grundlagen dafür?

Einzelne Länder wie Nigeria und Kenia dürften den Prognosen nach schneller wachsen als andere Volkswirtschaften weltweit. Ein Wachstum dieser Größenordnung erzeugt eine expandierende Mittelschicht und eine dynamische Binnenwirtschaft, was Konsumgüteranbietern sowohl Chancen als auch eine gewisse Abschottung von den Problemen der Industrieländer bietet.

Nigeria, das zweitgrößte Land südlich der Sahara, ist reich an natürlichen Ressourcen, wird jedoch derzeit gebremst durch den entscheidenden Mangel an Infrastruktur, insbesondere Elektrizität. Das reformierte Bankensystem des Landes bietet unseres Erachtens attraktive Anlagemöglichkeiten in einer schnell wachsenden Volkswirtschaft. Im Zuge der aufsichtsrechtlichen Reform werden wir auch Investitionen in anderen Bereichen in Betracht ziehen.

Nach den schweren politischen Unruhen von 2007 hat Kenia eine neue Verfassung. Für uns ist das Land interessant wegen seiner beträchtlichen Naturschätze, vor allem in der Landwirtschaft, aber auch als Einfalltor für viele Investitionen im übrigen Afrika. Der gut regulierte Telekom-Markt eröffnet unseres Erachtens Anlagemöglichkeiten im Mobilfunk. Gleichzeitig gibt es auch Investmentchancen im Einzelhandel und Bankwesen.

Ein weiteres Land, in dem wir Chancen wahrnehmen, ist Myanmar. Wir setzen große Hoffnungen darauf, dass Aung San Suu Kyi das Land mit seiner krisengeschüttelten Vergangenheit in eine neue Ära der Demokratie und der persönlichen Freiheit führt. Eine Verbesserung der Beziehungen des Landes zur übrigen Welt konnten wir bereits beobachten. Dafür sprachen der Besuch der US-Außenministerin Hillary Clinton, der Austausch von Botschaftern mit den USA und die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Währungsreform. Um sein Potenzial voll auszuschöpfen, muss Myanmar unserer Ansicht nach die westlichen Länder dazu bringen, ihre Sanktionen zu lockern oder abzuschaffen, ausländische Direktinvestitionen einwerben und seine Infrastruktur entwickeln. Wir halten Investitionen für eine wesentliche Voraussetzung für den Reformprozess. Erfolgreiche Reformen erhöhen generell die Wirtschaftsproduktivität, was wiederum dazu beitragen könnte, dass der Bevölkerung mehr Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stehen.

Dr. Mark Mobius,Executive Chairman, Templeton Emerging Markets Group

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