Nur 30% der Einwohner mit Zugang zu Elektrizität
Laut Pro-Kopf-Daten verbraucht ein US-Bürger im Durchschnitt 12.461 Kilowattstunden Elektrizität pro Jahr, ein Einwohner Äthiopiens verbraucht 52. Durchschnittlich haben nur 30% der Einwohner Afrikas südlich der Sahara Zugang zu elektrischem Strom. Selbst dort, wo Strom zur Verfügung steht, erfolgt die Bereitstellung nur sporadisch mit regelmäßigen Stromausfällen und Spannungsabfällen. Höhepunkt einer meiner Reisen nach Nigeria war ein Stromausfall, durch den wir unerwarteter Weise im Aufzug eines der angesehensten Hotels in Lagos stecken blieben. Für Fabriken und Krankenhäuser können solche Unterbrechungen aber weit mehr als nur eine Unbequemlichkeit sein.Zahlreiche chinesische Firmen bei Staudammprojekten aktiv
Wie dem auch sei - die Herausforderung, die das Stromdefizit in Afrika darstellt, mag monumental sein, so sind aber auch die Maßnahmen, die derzeit ergriffen werden, um auf sie einzugehen. Viele der aufwendigsten Projekte beziehen sich auf die Bändigung des Potenzials der großen afrikanischen Flüsse. Chinesische Firmen nutzen dabei die Kenntnisse, die während des Staudammbauprogramms in China gewonnen wurden. Viele dieser Projekte umfassen auch Erweiterungen zur Stromerzeugung. Die äthiopische Regierung war in dieser Beziehung besonders aktiv. Sie hat Großprojekte für die meistenFlüsse des Landes angestoßen, insbesondere Pläne für einen Staudamm am Blauen Nil, der potenziell 6 Gigawatt Strom erzeugen könnte. Uganda, Mozambique und Ghana sindebenfalls unter den Ländern, in denen hydroelektrische Großprojekte gebaut oder geplant werden. Das größte davon ist das Inga Falls Number Three Projekt am Fluss Kongo in der Demokratischen Republik Kongo - ursprünglich für eine Leistung von 4,8 Gigawatt geplant, aber mit einer letztendlichen, potenziellen Erzeugungskapazität von mehr als 40 Gigawatt.
Verteilung des Stroms als weitere Herausforderung
Das von China unterstützte Staudammprojekt, das durch andere Großprojekte, darunter geplante Kernkraftwerke in Südafrika und ein großes Kohlekraftwerk in Simbabwe, ergänzt wird, könnte potenziell einen riesigen Unterschied bei den Stromerzeugungskapazitäten in Afrika machen. Angesichts der enormen Größe Afrikas, der zerstreuten Bevölkerung und den niedrigen Pro-Kopf-Einkommen, die zu Stromdiebstahl und sogar den Diebstahl von wertvollen Kupferstromkabeln veranlassen, wird jedoch die Verteilung des Stroms, der von diesen Megaprojekten produziert wird, eine weitere Herausforderung darstellen. In einigen Fällen ist auch die politische Instabilität eine Herausforderung. Diese Riesenprojekte wirken sich daher möglicherweise vor allem als sog. „Captive Generating Plants“ aus, die ausschließlich gebaut werden, um große Minen- oder Industrieprojekte oder wohlhabende urbane Regionen, wo Sicherheit und die Fähigkeit für Strom zu bezahlen gegeben sind, zu versorgen und nicht die Bevölkerung als Ganzes. Dann ist da auch das Problem erheblicher Umweltkosten, obwohl es unserer Meinung nach gegen den Nutzen, der erzielt wird, abgewogen werden muss.
"Power Africa": Förderung innovativer Stromerzeugungsprojekte
Eine von den USA geförderte Initiative, Power Africa, ist bestrebt, Finanzmittel und Erfahrung zur Förderung von Investitionsverbindungen zwischen Unternehmen und afrikanischen Regierungen zur Entwicklung kleinerer, technologisch innovativer Stromerzeugungsprojekte bereitzustellen. Diese Projekte tendieren zu Lösungen im Bereich erneuerbare Energien, die Afrikas Fülle an Ressourcen zur Stromerzeugung aus Sonnenenergie, Wind und Geothermik nutzen, dabei aber das zunehmende Potenzial von Erdgas nicht vernachlässigen, denn die Zahl der Entdeckungen von Kohlewasserstoffen in Afrika steigt ständig. Die Power Africa Initiative läuft seit etwas länger als einem Jahr. Im Rahmen des US-Afrika Leaders Gipfel im August wurden weitere Mittel angekündigt. Dadurch steigt der potenzielle Etat für Direktfinanzierungen und Anlagegarantien auf 26 Mrd. US-Dollar. Der Jahresbericht der Initiative für 2014, der vor dem Leaders Gipfel erstellt wurde, führt in Entwicklung befindliche Projekte mit einer Stromerzeugungskapazität von 2,8 Gigawatt auf. Gleichzeitig laufen Verhandlungen über Kapazitätssteigerungen um weitere 5 von insgesamt 10 Gigawatt bis 2020. Wichtige Initiativen umfassen Windparks in Kenia und Tansania, ein Solarprojket in Tansania und ein großes geothermisches Vorhaben in Äthiopien.
Kleine Projekte mit hohem Nutzen
Auch kleinere Projekte könnten einen unverhältnismäßig hohen Nutzen bringen. Die Stromerzeugung im kleineren Umfang ist bereits ein signifikanter Faktor in Afrika, ansonsten würden einige Statistiken, wie zum Beispiel, dass 82% der Kenianer über ein Mobiltelefon verfügen, aber allem Anschein nach nur 20% der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität hat, nur wenig Sinn machen. Derzeit erfolgt ein großer Teil dieser vom Stromnetz unabhängigen Stromproduktion über Benzin- bzw. Dieselgeneratoren. Die sind teuer, schlecht für die Umwelt und nicht sonderlich effizient. Dies könnte sich ändern, wenn erst rasch fallende Preise für Technologie zur Erzeugung von Solarstrom und Weiterentwicklungen bei der Stromspeicherung und der lokalen Verteilung Potenzial für kleine, unabhängige Stromnetzwerke für elektrisches Licht und das Aufladen von Telefonen schaffen. Ein klassisches Beispiel: Der führende Anbieter mobiler Telephonie in Simbabwe hat ein solarbetriebenes Telefonladegerät sowie eine etwas ausgereiftere, durch Solarstrom aufladbare Lampe, die über einen USB Adapter verfügt und auch als Telefonladegerät verwendet werden kann, auf den Markt gebracht. Einige der Power Africa Projekte sind gezielt auf genau diese Art lokaler Aktivität ausgerichtet.
Privatisierung der Stromerzeuger gefordert
Für uns als Anleger stellen viele dieser Entwicklungen potenziell attraktive Gelegenheiten dar. Die Megaprojekte erfreuen sich vielleicht eines erheblichen staatlichen Engagements, aber für Auftragnehmer und Zulieferer dürfte sich ein hoher transformativer Nutzen aus diesen Programmen ergeben. Den Programmen im Rahmen der Power Africa Initiative stehen tendenziell zwar international tätige US Unternehmen vor, aber es sind häufig auch afrikanische Partner beteiligt. Ein wichtiger Themenbereich des Projekts ist es, afrikanische Regierungen zu ermutigen, die Stromerzeugung zu privatisieren. Nigerias Bestrebungen zur Zerschlagung des ineffizienten staatlichen Elektrizitätsunternehmens ist ein wichtiges Beispiel hierfür. Ein Beispiel für die Art von Innovationen, die von den Reformen angeregt werden, ist die große Menge Erdgas, die auf den nigerianischen Ölfeldern gefördert, derzeit aber einfach verschwenderisch abgefackelt wird. Änderungen in den Stromvorschriften haben jedoch für ein lokales Öl- und Gasunternehmen Anreize geschaffen, eine Gasinfrastruktur zu entwickeln und Verträge mit Stromerzeugern zu schließen. Im Laufe der Zeit werden nicht nur moderne, gasbetriebene Generatoren zuverlässig Strom zu konkurrenzfähigen Preisen liefern, sondern Gas wird auch einen bedeutenden Beitrag zu den Umsätzen des Ölunternehmens leisten; ein Faktor, der in der Vergangenheit vernachlässigt wurde. Selbst die Mikro-Stromprojekte könnten potenziell langfristige Chancen bieten - immerhin muss ja auch das größte Bluechip Unternehmen irgendwo mal seinen Anfang nehmen.
Zuverlässige Stromversorgung ermöglicht Wirtschaftswachstum
Vor allem glauben wir, die Verfügbarkeit einer zuverlässigen Stromversorgung dürfte ein nachhaltiges, dynamisches Wirtschaftswachstum in ganz Afrika unterstützen. Das erhöht den Wohlstand der Bevölkerung und schafft Märkte für neue Unternehmen im Konsumsektor. Nigeria ist ein hervorragendes Beispiel für das Potenzial dieser Entwicklungen. Viele nigerianische Haushalte mit höheren Einkommen geben jeden Monat Hunderte Dollar für benzinbetriebene Generatoren aus – einfach nur um Kühlschränke und Klimaanlagen mit Strom zu versorgen. Hätten diese Haushalte Zugang zu einer zuverlässigen und billigeren Stromversorgung, würde dies immense diskretionäre Mittel freisetzen, die in Ersparnisse, Investitionen oder den Konsum fließen könnten. Das gleiche gilt für kleine und große Unternehmen, die stark von der Verfügbarkeit einer zuverlässigen Stromversorgung abhängig sind, um ihrer alltäglichen Geschäftstätigkeit nachgehen zu können. Das hätte unserer Meinung nach positive Auswirkungen auf Unternehmen im Konsumsektor und für Anbieter von Finanzdienstleistungen.
Dr. Mark Mobius
Executive Chairman
Templeton Emerging Markets Group