Woran krankt der US-Biotech-Sektor?

Seit mehreren Wochen herrscht Unruhe im US-Biotech-Sektor. Was steckt hinter dieser Volatilität? Evan McCulloch, CFA, Director of Equity Research und Portfolio Manager, Franklin Equity Group, steht im Branchen-Update Interview Rede und Antwort. Franklin Templeton | 06.11.2015 12:13 Uhr
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Evan McCulloch, CFA
Evan McCulloch, CFA

Seit mehreren Wochen herrscht Unruhe im US-Biotech-Sektor. Was steckt hinter dieser Volatilität?

McCulloch: "Eine gewisse Volatilität gab es auf dem gesamten Aktienmarkt. Das hat die Anleger allgemein nervös gemacht – und übersensibel für potenzielle fundamentale Bedenken. Im US-Biotechnologiesektor fielen jedoch insbesondere erneut schärfere Blicke auf die Medikamentenpreise in den USA. Begonnen hat das alles mit einem Artikel in The New York Times vom 20. September über ein kleines, nicht börsennotiertes Unternehmen, das den Preis für ein eingekauftes Mittel gegen Toxoplasmose um 5.000% anhob. Für ein älteres Medikament ist das äußerst ungewöhnlich. Deshalb sprangen die Medien so darauf an. Auf den Artikel folgte eine Twitter-Nachricht der demokratischen Präsidentschaftsanwärterin Hillary Clinton. Darin kritisierte sie Preistreiberei bei manchen Medikamenten und sprach von einem Plan zur Senkung der Kosten für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Der Plan, den Clinton im Anschluss vorstellte, sah vor, dass die staatliche US-Krankenversicherung Medicare ihre Marktmacht in direkten Verhandlungen mit den Pharmafirmen in die Waagschale werfen solle. Weitere Politiker sprangen auf diesen Zug auf und wetterten gegen hohe Arzneimittelpreise. Der Aufsichts- und Reformausschuss des US-Repräsentantenhauses strebte eine Verfügung zur Vorlage von Dokumenten an, die Preiserhöhungen für Mittel gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch ein größeres Pharmaunternehmen in den Vormonaten betrafen. Dann lud er das besagte kleine Unternehmen im Zusammenhang mit dem erhöhten Preis für sein Medikament zur Behandlung von Parasiteninfektionen vor.

Interessant ist daran, dass die Preispolitik schon länger im Kreuzfeuer steht. Seit Juli erschien eine Reihe von Presseartikeln zum Thema. Präsident Obama äußert sich immer wieder zu hohen Medikamentenpreisen, und Senator Bernie Sanders, der ebenfalls als demokratischer Kandidat ins Rennen um die Präsidentschaft gehen möchte, gab einen Plan zur Preisgestaltung bekannt, der neuerliche Aufmerksamkeit erregte. Das Thema bleibt daher akut. Ich sehe die Ursache für die jüngsten Kurskapriolen allerdings in einem Konglomerat aus geballten sektorspezifischen Sorgen um Medikamentenpreise und verschiedenen breiteren Marktproblemen."

Wo könnte das alles hinführen? Halten Sie eine Senkung der Medikamentenpreise für möglich?

McCulloch: "Meine Antwort ist nein – wie man es auch betrachtet. Clinton hat lediglich einen Plan formuliert. Das ist kein Gesetz. Die Preise verschreibungspflichtiger Medikamente sind ein beliebtes Thema, weil die meisten US-Amerikaner sie für hoch halten. Damit ist bei Wählern Stimmung zu machen. Noch einmal: Es gibt kein Gesetz, und wenn es eines gäbe, würde es von einem republikanisch dominierten Kongress vermutlich abgeschmettert. Da die Republikaner im Repräsentantenhaus 2016 wohl auch nach der Wahl weiter die Mehrheit stellen werden, gehe ich davon aus, dass ein solches Gesetz keinesfalls vor 2018 verabschiedet werden könnte.

Sollte Clintons Plan, soweit wir ihn derzeit beurteilen können, letztlich angenommen werden, wäre das für den Sektor meines Erachtens problemlos zu verkraften. Vor allem würde eine Senkung der Medikamentenpreise im Medicare-Programm nach unserer Einschätzung weit niedriger ausfallen als die Korrektur, die der jüngste Kursrutsch von Aktien aus dem Sektor nahelegen könnte.

Wir rechnen jedoch mit mehr marktorientierten Reformen. Von der Politik derart an den Pranger gestellt, dürften die Unternehmen die Preise künftig vorsichtiger erhöhen. Ebenso ist zu vermuten, dass Versicherungsgesellschaften auf höhere Rabatte und auch vermehrt auf billigere Ersatzmittel drängen könnten. Wir rechnen daher letztlich mit einer gewissen Abschwächung des Wachstums, die jedoch auf Sektorebene kaum wahrnehmbar sein dürfte. Wir konzentrieren uns auf die Anlage in Unternehmen mit Medikamenten, die hohen klinischen Nutzen bieten und begrenzte Konkurrenz haben. Dadurch sollen die Auswirkungen mancher dieser Initiativen abgefedert werden."

Machen Sie sich zum Thema Patentschutz Gedanken um Exklusivitätsbestimmungen der transpazifischen Partnerschaft (TPP), des geplanten Handelsabkommens von 12 Pazifik-Anrainerstaaten?

McCulloch: "Nein, da habe ich keine Sorge. Das TPP sieht vor, dass die Rechte an von den USA verkauften Medikamenten acht Jahre lang geschützt werden. Patentschutz für US-Medikamente besteht im Ausland derzeit nicht. Zugegeben, die acht Jahre sind weniger als die derzeit in den USA geltenden zwölf Jahre. Sie sind jedoch dem derzeit praktisch nicht vorhandenen Schutz gegenüberzustellen, da viele der Unterzeichnerländer Rechte an geistigem Eigentum nicht anerkennen. Die Bestimmung schützt Pharmaunternehmen acht Jahre lang, was wir für den Sektor im Grunde als Vorteil werten."

Welche für Anleger Ihrer Ansicht nach interessanten Informationen über den Biotech-Sektor fehlen in den Medien ganz oder werden falsch dargestellt?

McCulloch: "Die Medien fokussieren auf die Steigerung der Bruttopreise von Medikamenten. Die tatsächlichen Preiserhöhungen auf Nettobasis sehen aber ganz anders aus. Meist relativieren sich die Preissteigerungen durch Rabatte für die Zahler. Doch da das Verhandlungspreise sind, sind die de facto von Versicherungen gezahlten Preise für Anleger oder Medien nicht transparent. Uns ist bei den meisten Preiserhöhungen klar, dass nur ein bis zwei Drittel des Mehrpreises wirklich gezahlt werden. Die Steigerung fällt daher deutlich geringer aus, als die Presse derzeit berichtet."

Was ist Ihr aktueller Ausblick für den Biotechnologie-Sektor?

McCulloch: "Fundamental ist der Biotechnologie-Sektor meines Erachtens unvermindert stark. Unserer Ansicht nach ist die Sektor-Pipeline an neuen Produkten gut gefüllt, und bei wesentlichen neuen Therapien gegen Krebs, Alzheimer und eine ganze Reihe seltener, genetisch bedingter Erkrankungen werden Fortschritte erzielt. In der Krebsbehandlung besteht enormes Interesse am Einsatz von Medikamenten, die das Immunsystem zur Bekämpfung von Tumoren nutzen.

Mehrere neue Technologien zur Wirkstoffsuche wie Gentherapie, RNAi (RNA-Interferenz) und Antisense ermöglichen es Unternehmen, seltene genetisch bedingte Erkrankungen ins Visier zu nehmen, die zuvor mit traditionelleren medikamentösen Ansätzen nicht zu therapieren waren. Haben Medikamente die klinische Prüfung erfolgreich durchlaufen, arbeitet die US Food and Drug Administration mit dem Sektor zusammen, um den Patienten neue Medikamente zugänglich zu machen, und erteilt meist Zulassungen für Medikamente, die Patienten beträchtlichen Nutzen bieten.

Bis vor Kurzem waren es generell nur die Aktienbewertungen, die den Anlegern Sorgen bereiteten, nicht die Fundamentaldaten. Nun kommen zwar Sorgen um die Preismacht bei Medikamenten auf, doch ich erwarte keine größeren Veränderungen. Bei attraktiveren Bewertungen nach dieser jüngsten Korrektur erachte ich den Ausblick für den Sektor als ausgesprochen positiv."

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